Dachau:Rätselhafter Tod eines Schwans

Dachau: Das Schwanen-Männchen schwimmt in der Amper neben seiner toten Gefährtin. Der Kadaver des Tiers weist schwere Verletzungen auf.

Das Schwanen-Männchen schwimmt in der Amper neben seiner toten Gefährtin. Der Kadaver des Tiers weist schwere Verletzungen auf.

(Foto: Niels P. Jørgensen)

Ein Anlieger entdeckt in der Amper einen verendeten Vogel, der am Hals und auf dem Rücken klaffende Wunden hat. Möglicherweise ist jemand mit der Axt auf den Schwan losgegangen.

Von Andreas Förster, Dachau

Aus einiger Entfernung sieht es aus, als würde das Schwanen-Weibchen gründeln: Der Kopf steckt tief im Wasser, taucht aber nicht auf. Aus der Nähe wird schnell klar, warum das so ist: Der große weiße Vogel in der Amper ist tot. Übel zugerichtet, mit klaffenden Wunden am schlanken Schwanenhals und auf dem Rücken. Daneben schwimmt der Schwanen-Mann. Äußerlich vollkommen ruhig, bewegt er sich keinen Zentimeter weg von seinem Weibchen.

Gefunden wurde das Tier nahe der Brücke an der Ludwig-Dill-Straße am Mittwochabend von dem Mann, dessen Ufer-Grundstück sich das Schwanenpaar vor Jahren als Revier und Brutplatz ausgesucht hat. Ralf Aschbrenner hat den Tieren immer wieder abgeschnittene Äste und Zweige hingelegt, aus denen sie sich über die Jahre ein ziemlich wetterfestes Nest gemacht haben. "Die Schwäne leben hier mindestens schon acht Jahre, es können aber auch zehn sein", weiß er und zeigt sich sehr erschüttert von dem gewaltsamen Tod des Weibchens. "Wie ist das nur passiert?", fragt er immer wieder.

Die beiden Männer vom Tierschutzverein Dachau, die das verendete Tier am Donnerstag um die Mittagszeit abholen, haben auch keine Antwort darauf. Sie haben eine ausziehbare Stange mit einem Haken dabei. Damit können sie das tote Schwanen-Weibchen, das etwa einen Meter vom Ufer im Wasser treibt, an Land ziehen. Argwöhnisch beäugt vom Männchen, das sich zwar aufplustert, aber nicht angreift. Im Gegensatz zum Abend davor. "Da wollte er mich nicht an sie ranlassen", versichert Tierheim-Pfleger Peter Sausen. "Dann muss er die ganze Nacht neben ihr zugebracht haben. Vielleicht, um Abschied zu nehmen", mutmaßt er.

"Schwäne sind monogam und trauern um ihren Partner", bestätigt Alfred Limbrunner. Der Vogel-Experte, ehemaliger Ortsvorsitzender des Landesbundes für Vogelschutz, wohnt ebenfalls in der Nachbarschaft. Auch er ist fassungslos - und will nicht so recht glauben, dass die Schwänin einem wilden Tier zum Opfer fiel. "Schwäne haben bei uns keine natürlichen Feinde", betont der Autor des Buchs "Enzyklopädie der Brutvögel Europas". Es habe in den vergangenen Jahrzehnten keinen dokumentierten Fall gegeben, wo ein Marder oder ein entlaufener Hund einen Schwan verletzt oder getötet hat. Er vermutet eher, dass es Menschen waren. Auch er kennt das Schwanenpaar seit langer Zeit. Es habe sich diesen Teil der Amper, unweit des Familienbads, vor rund zehn Jahren als Revier ausgesucht. "Zunächst waren sie zu nah an der Straße, so dass andauernd Fußgänger kamen und die Vögel beim Brüten störten", erinnert er sich. Dann kam es zu einem Zwischenfall mit dem Schwanen-Männchen, der auf die Straße lief und in den spiegelnden Autofensters einen vermeintlichen Rivalen zu erkennen glaubte. Weil er die Autos sogar angriff, musste die Polizei eingreifen.

Mittlerweile hat Tierheim-Mitarbeiter Peter Sausen den leblosen Körper des Weibchens in einem Müllsack verstaut und fährt ihn zum Tierheim. Im Labor soll untersucht werden, was den Tod des Tieres verursacht hat. Ob tatsächlich ein Hund oder ein Wildtier die Höcker-Schwänin gerissen hat, oder ob es eher ein mit einer Axt oder einem schweren Gegenstand bewaffneter Mensch war. "Ein natürlicher Tod war es jedenfalls nicht", sagt Alfred Limbrunner. Aber er ist zuversichtlich, dass das Männchen wieder eine neue Partnerin finden wird.

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