Ausstellung "Lager Föhrenwald" in Geretsried:"Ausgestreckte Hand"

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"Funde aus dem Stadtwald": Diese Ausstellung im Geretsrieder Museum zeigte greifbare Hinterlassenschaften der NS-Geschichte. (Foto: Hartmut Pöstges)

Bei der spektakulären Untersuchung des Kesselbergstollens mit dem Forschungsboot "Jago" werden keine Schäden entdeckt. Gesichtet wird in dem Unterwassertunnel lediglich ein Karabinergewehr

Von Felicitas Amler, Walchensee

Geschichte verbindet. Im Fall der heutigen Städte Wolfratshausen und Geretsried ganz unmittelbar: Die Geschichte des Lagers Föhrenwald betrifft sie beide. Darüber sind sich der Geretsrieder Bürgermeister Michael Müller, seine Kultur-Mitarbeiterin Anita Zwicknagl und die Vorsitzende des Historischen Vereins Wolfratshausen, Sybille Krafft, einig. Daher soll das drei Phasen umfassende Kapitel "Lager Föhrenwald" im Geretsrieder Stadtmuseum vertieft werden. Und die Stadt Geretsried ist Mitglied im Verein Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrenwald geworden.

Der Föhrenwald zwischen Wolfratshausen und Geretsried war in der Nazi-Zeit Standort einer NS-Siedlung für Arbeiter der nahen Rüstungsbetriebe, nach der Befreiung vom Faschismus ein Lager für jüdische Displaced Persons, und er wurde nach dessen Auflösung ein in "Waldram" umbenannter Stadtteil für Heimatvertriebene. Der von Sybille Krafft geleitete Badehaus-Verein möchte all dies in einer Gedenk- und Begegnungsstätte dokumentieren. Standort soll das historische Badehaus am heutigen Waldramer Kolpingplatz sein, in dem sich alle drei Phasen spiegeln lassen.

Nachbarschafttreffen: Bürgermeister Michael Müller und Sybille Krafft, Vorsitzende des Historischen Vereins. (Foto: Stadt Geretsried)

Bei einem Gespräch mit Krafft sagte nun Bürgermeister Müller, ihm sei an einer engen Kooperation gelegen. Das Geretsrieder Stadtmuseum zeigt im Herbst die temporäre Ausstellung "Die Kinder vom Lager Föhrenwald" und nimmt den dazu gehörenden Film der Historikerin und Journalistin Krafft dauerhaft ins Museum auf. Der Bürgermeister hofft auf einen Museumsverbund, sobald das Badehaus als Erinnerungsstätte eingerichtet ist. Müller betonte, Gewalt und Zwangsarbeit fänden überall auf der Welt statt, man müsse sich immer wieder vor Augen führen, welches menschliche Leid daraus entstehe. In Geretsried hätten am Ende aber nicht Terror und Gewalt gesiegt, sondern es sei eine blühende Gemeinde entstanden. Man dürfe über die Geschichte nicht Gras wachsen lassen.

Sybille Krafft zeigte sich erfreut über die "ausgestreckte Hand" und würdigte die Bereitschaft Geretsrieds, sich der Erinnerung zu stellen. Die neue Verbundenheit schlägt sich auch in einer Ankündigung nieder: Müller und Zwicknagl sagten zu, an der Veranstaltung in Erinnerung an die Bücherverbrennung durch die Nazis teilzunehmen. Diese wird seit Jahren von der Geltinger Kulturbühne "Hinterhalt" ausgerichtet; heuer soll sie erstmals in der Loisachhalle Wolfratshausen stattfinden. der Erlös kommt dem Badehaus-Verein zugute.

Das von Zwicknagl konzipierte Geretsrieder Stadtmuseum hat sich seit seiner Eröffnung im Oktober 2013 offenbar gut entwickelt. Im vergangenen Jahr wurden 1364 Besucher gezählt, darunter 176 Jugendliche. Als beliebtesten Besuchstag hat Zwicknagl den Mittwoch registriert. Sonderausstellungen waren im Jahr 2014 den Themen Instrumentenbau, Mikrokristalle und Funde aus dem Stadtwald gewidmet. Heuer wird neben anderen eine Ausstellung gezeigt, welche die Stiftung 20. Juli 1944 und die Gedenkstätte deutscher Widerstand erarbeitet haben: "Was konnten sie tun? Widerstand gegen den Nationalsozialismus" wird am Dienstag, 31. März, eröffnet.

Am Samstag, 28. März, zeigt Sat.1 Bayern in der Reihe "Lebenslinien" die Sendung "Vertriebene in den Jahren 1945 bis 1950 und die Entwicklung bis heute" am Beispiel Geretsried. Neben Bürgermeister Michael Müller kommen Zeitzeugen wie Inge Klier, Vertreter der griechischen Gemeinde und der Eghalanda Gmoi zu Wort. Mehr zum Stadtmuseum unter www.geretsried.de/781/

© SZ vom 27.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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