Zuwanderung:Das Boot ist leer

Die Rente ist sicher - wenn genügend Arbeitskräfte aus dem Ausland kommen. Bis 2050 müssten es jedes Jahr mehrere Hunderttausend sein, sagt eine Bertelsmann-Studie. Sonst droht Deutschland die Krise.

Von Laura Hertreiter, Berlin

Deutschland wird künftig stärker auf Arbeitskräfte aus dem Ausland angewiesen sein. Die Zahl der Menschen im erwerbsfähigen Alter werde wegen des demografischen Wandels bis 2050 von heute 45 Millionen auf weniger als 29 Millionen sinken, heißt es in einer am Freitag vorgestellten Studie der Bertelsmann-Stiftung. Die Forscher haben verschiedene Szenarien durchgerechnet, mit denen die Politik auf die Entwicklung reagieren könnte. Doch weder eine stark steigende Erwerbsquote von Frauen noch ein höheres Renteneintrittsalter oder eine Ausweitung der Jahresarbeitszeit können demnach abwenden, dass im Jahr 2050 viele Arbeitskräfte fehlen werden. Wenn genauso viele Frauen berufstätig wären wie Männer und sich alle Arbeitnehmer erst mit 70 Jahren in den Ruhestand verabschiedeten, steigt die Zahl potenzieller Arbeitskräfte im Land demnach nur um 4,4 Millionen.

Rechnerisch sei das Problem nur durch Zuwanderung zu lösen, heißt es in der Studie, die das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie die Hochschule für angewandte Wissenschaften in Coburg für die Bertelsmann-Stiftung erstellt hat. Man müsse sich vor allem um qualifizierte Menschen aus Nicht-EU-Staaten bemühen, weil die derzeit hohe Zuwanderung aus Ländern der Europäischen Union deutlich nachlassen werde, sobald sich die dortige Wirtschaft erholt. Deutschland benötige bis 2050 jährlich zwischen 276 000 und 491 000 Einwanderer aus Nicht-EU-Staaten. Von dort kamen jedoch im Jahr 2013 lediglich 140 000 Einwanderer. Angesichts dieser Zahlen plädierte Bertelsmann-Stiftungsvorstand Jörg Dräger für ein bundesdeutsches Einwanderungsgesetz.

Die Autoren der Studie räumen ein, dass der tatsächliche Bedarf an Arbeitskräften schwer vorauszusagen sei. Wegen der Alterung der Gesellschaft würden jedoch die Staatshaushalte und sozialen Sicherungssysteme in Deutschland ohne Netto-Zuwanderung vor unlösbare Probleme gestellt. Qualifizierte Zuwanderer aus armen Ländern dürften aber nur dann angeworben werden, wenn diese Länder dadurch nicht in ihrer Entwicklung behindert werden, heißt es in der Studie. Notwendig sei deshalb eine "faire Gestaltung von Migration".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: