Germanwings-Absturz:Wie die Tauglichkeit von Piloten überprüft wird

Germanwings A320 abgestürzt - Piloten im Cockpit

Piloten im Cockpit eines A380.

(Foto: dpa)
  • Bis April 2013 prüften noch die medizinischen Untersuchungszentren der Fluggesellschaften die Tauglichkeit der Piloten.
  • Nun übernehmen geprüfte Flugmediziner diese Aufgabe. Die Tauglichkeitszeugnisse müssen dem Luftfahrtbundesamt (LBA) vorgelegt werden.
  • Abgefragt wird auch, ob der Antragssteller bereits einen Selbsttötungsversuch hinter sich habe.

SIC - dieses Kürzel gibt im Fall Andreas Lubitz derzeit Rätsel auf. Informationen der SZ zufolge steht es in der Akte des 27-Jährigen beim Luftfahrtbundesamt (LBA). SIC bedeutet, dass Lubitz regelmäßig medizinisch untersucht werden musste. Laut LBA kann der Code jedoch auf alles Mögliche hinweisen, was eine regelmäßige Untersuchung erfordert: von einer Sehschwäche bis zum Heuschnupfen - oder eben schwerere Erkrankungen.

Andreas Lubitz war offenbar seit längerer Zeit in psychiatrischer Behandlung. Eigentlich hätte er bei Flug 4U9525 gar nicht im Cockpit sitzen dürfen. Er war krankgeschrieben - Ermittler fanden mehrere entsprechende Notizen im Mülleimer als sie Lubitz' Haus durchsuchten.

Fragen zu medizinischer Vorgeschichte

Seine Krankheit soll er seinem Arbeitgeber verheimlicht haben. Trotzdem stellt sich die Frage, wer eigentlich die medizinische Tauglichkeit von Piloten überprüft. Und wie. Der Sprecher von Lufthansa verweist an das LBA, das auch die Lizenzen an die Piloten vergibt. Bis April 2013 waren noch die flugmedizinischen Untersuchungszentren der Fluggesellschaften dafür verantwortlich. Doch aufgrund einer neuen EU-Verordnung wechselte die Verantwortlichkeit. Die Tauglichkeitstests (als PDF) werden nun von geprüften Flugmedizinern durchgeführt und müssen dem LBA vorgelegt werden.

Die Piloten müssen eine Reihe Fragen zu ihrer medizinischen Vorgeschichte mit ja oder nein beantworten. Zwischen Asthma- oder Lungenerkrankungen und dem positiven HIV-Test findet sich auch der Punkt Selbsttötungsversuch.

Anschließend führt der Arzt mehrere Untersuchungen durch - unter anderem zur Sehschärfe. Dem Papier ist jedoch nicht zu entnehmen, ob auch die psychische Tauglichkeit untersucht wird. In einem besonderen Bereich kann der Arzt mithilfe von Kürzeln Einschränkungen notieren. Zum Beispiel:

  • HAL - Gültig nur, wenn Hörhilfen getragen werden
  • OCL - Gültig nur als Copilot
  • SSL - Besondere Einschränkung wie angegeben

Welche medizinischen Probleme genau hinter diesen Codes stecken, erfährt das LBA nicht. Sie unterliegen der ärztlichen Schweigepflicht. Mindestens ein Mal im Jahr müssen sich Piloten erneut der Tauglichkeitsuntersuchung unterziehen - unter bestimmten Voraussetzungen sogar alle sechs Monate.

LBA beantragt Akten

In dem Papier werden Inhaber einer Pilotenlizenz dazu aufgefordert, sich "unverzüglich" beraten zu lassen, wenn sie beispielsweise regelmäßig Arzneimittel einnehmen - oder in ein Krankenhaus eingeliefert worden sind. Lubitz war Patient der Universitätsklinik Düsseldorf, wie das Klinikum bestätigte. Allerdings sei er nicht, wie Der Tagesspiegel berichtet hatte, wegen Depressionen in Behandlung gewesen, sagte eine Sprecherin. Weitere Auskünfte erteilte sie nicht.

Um mehr Informationen über den gesundheitlichen Zustand von Andreas Lubitz zu bekommen, hat das LBA nun beim Aeromedical-Center der Lufthansa um Einsicht in die Akten des Copiloten gebeten, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtet. Die Unterlagen sollen anschließend der französischen Staatsanwaltschaft übergeben werden.

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