Was Vögel singen:Kloggen, Zoggen

Spriedel

Antoinette Portis: Spriedel. Aus dem Englischen von Ebi Naumann. Aladin 2015. 32 Seiten, 12,90 Euro.

Der kleine Spatz macht die Welt größer, denn er will nicht sein Leben lang nur Piep sagen. Er überzeugt die anderen Vögel davon, zu singen wie ihnen der Schnabel gewachsen ist, weil das Spaß macht.

Von Hassân Al Mohtasib

Der Frühling ist vor der Tür. Was wäre aber, wenn die Vögel morgens nicht mehr singen wollten, sondern einfach still blieben oder gar miauten oder bellten? In ihrem Buch Spriedel stellt Antoinette Portis diese Frage als einen Versuch vor, die Monotonie, die Berechenbarkeit und den Wiederholungszwang des Alltags zu brechen. Um wieder bewusst zu machen, dass die Welt, wie sie ist, nur ein Produkt unserer Vorstellungs- und Gestaltungskraft ist, und dass man dies ändern kann. Als Beweis erzählt Antoinette Portis die Geschichte vom winzigen Spatz. Obwohl sie diesmal, im Gegensatz zu ihrem Bilderbuch Das ist kein Karton, Farbe einsetzt, erkennt man ihren Hang zur Geometrie wieder, den Einsatz von einfachen Strukturen und das Spiel mit dem Format.

Der kleine Vogel hat irgendwann keine Lust mehr, sein Leben lang den ganzen Tag nur "Piep" von sich zu geben. Die Tauben machten dauernd "Gurr" und die Krähen "Krächz, er will nicht mehr "Piep", sondern auch "Spriedel" oder "Friedel", ja sogar so sinnlose, wunderbare Wörter wie "Kloggen", "Zoggen" und "Itsi bloggen" zwitschern. Nicht um den anderen zu beweisen, wie fest sie in ihren Gewohnheiten verfangen sind, nein, einfach aus purer Freude und der Neugier, was in dieser Welt alles möglich ist. Doch das sehen die anderen als eine Rebellion gegen alles, was die Welt zusammenhält. Auf einer Doppelseite macht eine übergroße Krähe dem Spatz sehr deutlich klar, dass er gehorchen und piepen soll wie früher. Der Spatz ist jedoch hartnäckig, lässt sich nicht einschüchtern, und das Wunder geschieht, er steckt die anderen Vögel mit seiner Lust auf gesangliche Experimente an. Schließlich wollte er nur mit seinen Lautschöpfungen die kleine Welt vor seinem kleinen Schnabel ein wenig größer machen. (ab 4 Jahre)

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