Flug 4U9525:Copilot hatte keine Augenerkrankung

  • Der Copilot der über Frankreich abgestürzten Germanwings-Maschine ist noch vor Erlangung seines Pilotenscheins wegen Suizidgefahr in Behandlung gewesen.
  • Er ließ auch seine Augen untersuchen, weil er offenbar von einer Sehstörung ausging. Die Mediziner konnten aber kein körperliches Leiden feststellen.
  • Seine Krankenakte soll darauf hindeuten, dass er im Lauf der Zeit etliche Neurologen und Psychiater aufgesucht hat.

Von Hans Leyendecker

Pilot hatte Neigung zum Suizid

Der Copilot der abgestürzten Germanwings-Maschine hatte offenbar keine Sehstörung. Das Uniklinikum Düsseldorf hatte der Staatsanwaltschaft am Vormittag die Krankenakten von Andreas Lubitz übermittelt. Er war vor einigen Wochen als Patient an das Uniklinikum gekommen, um seine Augen untersuchen zu lassen, weil er offenbar von einer Sehstörung ausging. Die Mediziner konnten aber kein körperliches Leiden feststellen. Dies hielten sie auch schriftlich fest. Möglicherweise glaubte er dennoch, an einer psychosomatischen Störung der Augen zu leiden.

Bevor er vor etlichen Jahren seine Fluglizenz erhielt, war Lubitz in psychotherapeutischer Behandlung, wie die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft am Vormittag mitteilte. Damals wurde auch seine Suizidgefährdung feststellt. Danach hat er immer wieder Neurologen und Psychiater konsultiert, um seine Krankheit behandeln zu lassen, ohne dass dabei allerdings Suizidalität oder Fremdaggressivität attestiert worden sei. Ob diese Behandlung lückenlos erfolgte, lässt sich derzeit noch nicht überblicken.

Etliche Besuche bei Neurologen und Psychiatern

Seine Krankenakte, die von der Kriminalpolizei und Strafverfolgern ausgewertet wird, soll aber darauf hindeuten, dass er im Lauf der Zeit etliche Neurologen und Psychiater aufgesucht hat. Lubitz soll manisch depressiv gewesen sein. Aber keiner der Ärzte bescheinigte ihm Suizidalität oder Fremdaggressivität. Möglicherweise war er in Gesprächen mit den Medizinern weniger offen als zu Beginn seiner Erkrankung.

Möglicherweise aber glaubte er auch, dass er seine psychische Erkrankung im Griff hätte. Einer der von ihm konsultierten Psychiater hatte im März den 27-Jährigen für etwa zwei Wochen krankgeschrieben, aber er hatte das Attest zerrissen. Ein von einem Hausarzt ausgefüllter Krankenschein wurde auch gefunden. Ob er das Attest benutzt hat, ist noch nicht klar.

Noch kein Hinweis auf ein Motiv

Hinweise auf ein Motiv haben die Behörden nach wie vor nicht gefunden. Weder eine Ankündigung noch ein Tatbekenntnis von Andreas Lubitz seien bislang aufgetaucht. Auch im unmittelbaren persönlichen und familiären Umfeld oder am Arbeitsplatz habe es keine Hinweise auf ein mögliches Motiv gegeben. Klar ist demnach nur: Die ärztlichen Dokumentationen weisen bislang keine organische Erkrankung aus.

Die Lufthansa äußerte sich nicht inhaltlich zu den neuen staatsanwaltschaftlichen Erkenntnissen über die Krankengeschichte des Copiloten. "Wir haben die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zur Kenntnis genommen. Zu Erkenntnissen über eine psychotherapeutische Behandlung oder etwaige Arztbesuche können wir uns nicht äußern", sagte eine Sprecherin der Fluggesellschaft. Die ärztliche Schweigepflicht gelte auch gegenüber dem Arbeitgeber.

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