Nach Orkantief "Niklas":Welche S-Bahnen heute fahren

  • Das Sturmtief Niklas hat mit teilweise extremen Orkanböen Bayern erreicht.
  • Am Münchner Hauptbahnhof wurde die Haupthalle von der Polizei geräumt.
  • Heute kommt es im Regional- und Fernverkehr sowie bei der S-Bahn noch zu Zugausfällen.
  • Aktuelle Verspätungen bei der S-Bahn in München können Sie hier verfolgen - oder Sie folgen dem Streckenagenten der Bahn auf Twitter.

Das Schlimmste schien schon überstanden zu sein - da erwischten die Folgen von Orkantief Niklas viele Münchner am Dienstagnachmittag doch noch mit voller Wucht: Der Sturm beschädigte Teile des Hauptbahnhofs, was zu einer Evakuierung des Gebäudes und zu Chaos im Bahnverkehr führte. Nach Angaben der Münchner Polizei hatten sich Dachfenster durch den Wind verschoben. Laut Bahn sind Glassplitter auch auf die Gleise gefallen. Weil befürchtet wurde, dass weitere Teile herabstürzen könnten, wurde die Abfahrtshalle gesperrt. Auch die Verkaufsschalter und das Reisezentrum wurden aus Sicherheitsgründen geschlossen.

Gegen Abend versuchte die Bahn einige Züge über den nicht gesperrten Bereich an den Flügelbahnhöfen abzuwickeln. Von einem normalen Betrieb könne jedoch nicht gesprochen werden, so eine Sprecherin der Bahn. Ab 21 Uhr wurde der Bahnhof wieder freigegeben, teilte die Polizei in München mit. Seitdem sind die Haupthalle und alle Zugänge geöffnet. Teilbereiche der Bahnsteige müssen aber wegen laufender Arbeiten an den Dachfenstern noch gesperrt bleiben. Von einem normalen Betrieb sei man noch weit entfernt, so eine Bahn-Sprecherin. Vorerst gesperrt blieben auch am Mittwoch den Angaben zufolge die wichtige Verbindung zwischen München und Rosenheim sowie die Strecke zwischen München und Garmisch-Partenkirchen.

Welche S-Bahnen fahren

Wegen der Sturmschäden kommt es auch am Mittwoch noch zu erheblichen Abweichungen im S-Bahnverkehr in München, wie die Deutsche Bahn mitteilt. Die Schäden, vor allem an den Oberleitungen, seien so großflächig und erheblich, dass es noch mehrere Tage dauern kann, bis wieder alle Linien bedient werden können. Daher empfiehlt die Bahn den Reisenden, nach Möglichkeit alternative Verkehrsmittel zur S-Bahn zu nutzen.

So fahren die folgenden Linien:

S1 Freising/Flughafen - Ostbahnhof: weiterhin komplett gesperrt, voraussichtlich ab 6:30 Uhr ein 40-Minutentakt zwischen Freising und Feldmoching. Reisende zum Flughafen nutzen bitte den Bus 635 oder die Linie S8 zum Flughafen.

S2 fährt im 20-Minutentakt zwischen Riem und Dachau, zudem verkehrt zwischen Markt Schwaben und Erding eine S-Bahn im Pendelverkehr. Die SüdostBayernbahn bietet einen Schienenersatzverkehr mit Expressbussen in Markt-Schwaben und Riem/Messe (U-Bahn) an. Es ist ein eingeschränkter Schienenersatzverkehr mit Taxis von Dachau nach Petershausen eingerichtet. In Richtung Altomünster verkehrt ein Pendelzug zwischen Dachau und Erdweg, von Erdweg nach Altomünster besteht Schienenersatzverkehr.

S3 verkehrt zwischen Ostbahnhof und Mammendorf im 20-Minuten-Takt. Die Haltestellen zwischen Pasing und Olching werden in beiden Richtungen wieder angefahren.

Für die Linie S3 Ostbahnhof - Holzkirchen, sowie S6 Tutzing und S7 Kreuzstraße - Wolfratshausen wird versucht, ein Schienenersatzverkehr mit Taxis einzurichten.

S4 Geltendorf - Ebersberg verkehrt planmäßig.

S8 Flughafen - Westkreuz verkehrt planmäßig.

Wie die Evakuierung am Hauptbahnhof ablief

Am Hauptbahnhof blieb nach der Evakuierung am Dienstagnachmittag zunächst nur die Schalterhalle geöffnet. Dort versammelten sich viele der aufgehaltenen Reisenden. Reisende wurden mit Durchsagen gebeten, sich in der Stadt für die Nacht eine Unterkunft zu suchen.

Die Bahn schickte Mitarbeiter vor die Absperrungen, um die Wartende nach Hause zu schicken: "Wenn sie Verwandte in München haben, versuchen Sie dort unterzukommen." Busmöglichkeiten? "Wir haben nix. Es fährt gar nichts."

Reaktionen der Reisenden

Allgemeine Ratlosigkeit herrschte in der Schalterhalle des Münchner Hauptbahnhofs. Viele Passagiere warten, versuchen zu telefonieren. Einige kommen direkt von der Arbeit, wissen noch gar nicht, dass hier heute nichts mehr geht. "So ein Scheiß!", ruft einer und pampt eine Bahn-Mitarbeiterin an.

Kaffee Sturm Niklas Hauptbahnhof

Kaffee Sturm Niklas Hauptbahnhof Kaffee Sturm Niklas Hauptbahnhof

(Foto: Thierry Backes)

Die Sozialpädagogin Susanne Lehmann steht seit einer halben Stunde in der Schalterhalle. "Ich fahre schon lange Bahn", sagt sie und hofft, "dass irgendwann doch noch was geht. Ich glaube, es lohnt sich zu warten."

Simon Schütz hat sich mit der Situation abgefunden und versucht, sich ein Sammeltaxi nach Augsburg zu organisieren: "Ich weiß nicht, was ich sonst machen soll. Ich könnte nur im Büro übernachten." Sollte er es bis nach Augsburg schaffen, ist er indes noch nicht am Ziel. Der Beamte wohnt in Mehring, etwa zehn Kilometer von Augsburg entfernt.

Was Reisende nun tun können

Es gilt an einem Tag wie heute auch, flexibel zu sein und alle Möglichkeiten auszuloten. Ralf Peikert ist mit seiner Frau Bettina und Tochter Emily auf der Heimreise vom Urlaub in Bad Gastein in München gestrandet. Eigentlich sollten sie bis nach Frankfurt durchfahren und am frühen Abend dort ankommen. Doch schon in Salzburg mussten sie auf den Bus umsteigen, drei Stunden bis München. Nun haben sie einen Mietwagen reserviert - am Flughafen. "Jetzt müssen wir nur noch dahin kommen."

Ratlos wenden sich andere an die Bahn-Mitarbeiter. Diese verteilen Formulare für Verspätungen, sogenannte Fahrgastrechteformulare. Die Bahn übernimmt Taxikosten oder eine Übernachtung von bis zu 80 Euro pro Person, sagen sie. Und: Die regulären Tickets können morgen genutzt werden, "wenn sich das Wetter bessert".

Hintergrund zum Hauptbahnhof

Der Vorfall ist insofern pikant, als der Hauptbahnhof schon lange als Sanierungsfall gilt. Er wurde 1960 gebaut, seither nie verändert und gilt als marode. Von diesem Sommer sollten das Dach der Gleishalle, deren Tragwerk und die Hauptträger aus Stahlbeton eigentlich saniert oder komplett erneuert werden - jenseits von bestehenden Neubauplänen für andere Teile des Bahnhofs. Die Sanierung dürfte nun an Dringlichkeit gewinnen.

Erst vor einigen Tagen hatte die Bahn erklärt, dass die Dachhaut durch "Witterungseinflüsse abgenutzt" sei und "einzelne undichte Stellen" aufweise. Die Dachfläche ist fast 29000 Quadratmeter groß. Insgesamt ist die Halle des Hauptbahnhofs 140 Meter breit. Sie hat neben Randstützen nur noch eine Mittelstützenreihe.

Situation im restlichen München

In der Stadt wurden nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes Windgeschwindigkeiten von mehr als 100 Kilometern pro Stunde gemessen. Dramatische Szenen spielten sich am Morgen in der Münchner Ickstattstraße ab: Dort hatte sich durch eine Orkanböe ein fünfstöckiges Baugerüst vom Gebäude gelöst.

Ein 22-jähriger Arbeiter wurde in die entstandene Lücke gerissen, er stürzte vom zweiten in den ersten Stock und landete wieder auf dem Gerüst. Wegen eines anderen Einsatzes war die Notarztwagenbesatzung Mitte in unmittelbarer Nähe. Die Rettungsassistenten brachten den leicht verletzten Mann in Sicherheit und danach in eine Klinik. Die Feuerwehr befestigte gemeinsam mit Bauarbeitern das Gerüst wieder am Haus.

Viktualienmarkt gesperrt

Der Viktualienmarkt ist von der Feuerwehr gesperrt worden. Mindestens zwei Stände seien bereits am frühen Dienstagmorgen zusammengebrochen, sagte Elke Fett, Sprecherin der Viktualienmarkthändler. Trümmerteile, Pflanzen und Schirme seien durch die Luft gewirbelt worden. Vor allem aber wegen des Maibaumes in der Mitte des Marktes sei das Areal von der Feuerwehr abgesperrt worden.

Zwischen 6.00 und 17.15 Uhr rückte die Polizei allein im Münchner Stadtgebiet zu gut 600 Einsätzen aus. Im Sturm brachen Äste und stürzten auf Straßen, Gehwege und Fahrzeuge. Die Branddirektion München berichtet, dass Ziegel und Blechteile von Hausdächern durch die Luft gewirbelt worden seien und Baugerüste umzufallen drohten. Auf welche Höhe sich die Sachschäden summierten, ließ das Polizeipräsidium zunächst noch offen.

Die Isarauen wurden wegen der Gefahr umfallender Bäume gesperrt, alle 29 städtischen Friedhöfe geschlossen. Feuerwehr, Polizei und Technisches Hilfswerk waren im Dauereinsatz. Allein in München rückte die Feuerwehr bis zum Nachmittag mehr als 900 Mal aus. Weitere 900 Hilferufe seien bis in die Abendstunden noch abzuarbeiten, sagte ein Polizeisprecher.

Zug mit 140 Passagieren rammt Baumstamm

Bei Pegnitz in Oberfranken fuhr ein mit 140 Passagieren besetzter DB-Regionalexpress auf im Gleis liegende Baumstämme. Der Lokführer und ein weiterer Bahnmitarbeiter wurden leicht verletzt. Beide konnten sich kurz vor dem Aufprall in den hinteren Teil des Triebwagens in Sicherheit bringen. Die Fahrgäste blieben unverletzt. Am Zug entstand nach Polizeiangaben Schaden in sechsstelliger Höhe.

Die Bayerische Oberlandbahn (BOB) hat am Nachmittag ihren Zugverkehr bis auf Weiteres komplett eingestellt. Auf der Webseite des Unternehmens heißt es, dass "zahlreiche Sturmschäden entlang der Gleise" dies erforderlich machen. Auch die Länderbahn Alex hat ihren Zugbetrieb vorübergehend eingestellt.

Bahn stellt Fernverkehr in Bayern ein

Die Deutsche Bahn hat gegen Dienstagnachmittag den Fernverkehr in Bayern komplett eingestellt. Zudem kam es im Regionalverkehr zu massiven Einschränkungen: Es gelten Geschwindigkeitsbegrenzungen, außerdem sind mehrere Verbindungen wegen umgestürzter Bäume vorübergehend gesperrt.

Auf den Autobahnen und anderen Straßen kam es nicht nur durch abgebrochene Äste und umgestürzte Bäume zu Behinderungen, es wurden auch Fahrzeugteile über die Fahrbahnen geweht. Im Münchner Norden wurde auf der A9 ein Verkehrsleitsystem demoliert. Weil Metallteilte herunterhingen, wurden die Autofahrer dadurch gewarnt.

Alle Wertstoffhöfe und Tierpark Hellabrunn geschlossen

Der Tierpark Hellabrunn öffnete wegen der angekündigten orkanartigen Böen erst gar nicht. "Zur Sicherheit von Besuchern, Tieren und Mitarbeitern", wie Zoodirektor Rasem Baban erklärte. Der Tierpark, der im Landschaftsschutzgebiet der Isarauen liegt, verfügt über einen zum Teil sehr alten Baumbestand, da ist die Gefahr von herunterfallenden Ästen besonders groß.

Außerdem blieben "gefährliche Tiere wie Großkatzen und Bären" am Dienstag sicherheitshalber in ihren Ställen, erläuterte Baban. Auch beim Abfallwirtschaftsbetrieb München ist der Betrieb beeinträchtigt. Sämtliche Wertstoffhöfe der Landeshauptstadt mussten "aufgrund des Sturms und der damit verbundenen Gefahren" ihren Betrieb einstellen, heißt es in einer Mitteilung.

Wetterdienst spricht von "extremen Orkanböen"

Der Deutsche Wetterdienst berichtet, auf der Zugspitze habe der Sturm Geschwindigkeiten von 192 Kilometern pro Stunde erreicht. "Da spricht man schon von extremen Orkanböen", sagte ein Meteorologe. Der Berg wurde für die Öffentlichkeit gesperrt.

Auch in den sozialen Netzwerken wird Niklas thematisiert. Ein Nutzer postete auf Instagram ein Video, das zeigt, wie heftig die Böen in München am Morgen bereits waren.

Auf Twitter wurden Bilder geteilt von umgestürzten Bauabsperrungen, Fahrrädern oder Autos, die vom Sturm getroffen wurden. Zudem berichten einige Nutzer von einem Zwischenfall auf der Linie S 3 in Richtung Mammendorf. Ein umgestürzter Baum beschädigte die Oberleitung. Fahrgäste wurden daraufhin aus einer S-Bahn evakuiert.

Hochgelegene Skigebiete geschlossen

Niklas hat auch dafür gesorgt, dass viele Skilifte und Bergbahnen in Bayern lahmgelegt sind. In den Oberstdorfer Skigebieten standen am Dienstag alle Lifte oberhalb von 1200 Metern still, im grenzüberschreitenden Skigebiet Fellhorn/Kanzelwand wurde der Betrieb vorübergehend komplett eingestellt. Auch die Skigebiete am Großen Arber im Bayerischen Wald sowie Zugspitze und Garmisch-Classic blieben geschlossen. "Es gibt bestimmte Windgeschwindigkeiten, da können wir mit den Seilbahnen aus Sicherheitsgründen nicht fahren", sagte ein Sprecher der Bayerischen Zugspitzbahn.

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