Verletzte beim FC Bayern:Der Nächste, bitte... !

Lesezeit: 3 min

David Alaba (re.): Muss erstmal zuschauen (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Erst reißt Arjen Robben der Bauchmuskel, jetzt David Alaba das Innenband.
  • Beim Start in die Zielgrade der Saison fehlen dem FC Bayern ausgerechnet jene beiden Profis, die das Spiel mit Tempo und Dynamik bereichern.
  • Statistiken und Tabellen zur Bundesliga finden Sie hier.

Von Klaus Hoeltzenbein, München

Wer noch nach einem Symbol für die laufende Saison des FC Bayern sucht, der dürfte es spätestens am Mittwoch gefunden haben. Da sieht man auf flüchtig ins Netz gestellten Videos, wie eine schwarze Limousine im Münchner Zentrum vor der Praxis des Klubarztes Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt vorfährt, dem Fahrzeug entsteigt David Alaba, die bittere Mimik getarnt unter einer Schirmmütze.

Den Weg zur Haustür schafft er nicht alleine, er benötigt eine Gehhilfe, Alaba geht auf Krücken. Solche Bilder gibt es viele aus der laufenden Spielzeit, erst wenige Tage zuvor hatte Arjen Robben die Arztpraxis nur mit Hilfe einer solchen Gehhilfe, dem Saison-Symbol, verlassen können. Bei Robben, der im letzten Ligaspiel, dem 0:2 gegen Mönchengladbach, nach einem Foul unglücklich stürzte, wurde ein Bauchmuskelriss diagnostiziert. Bei Alaba lautet die Diagnose: Innenbandriss im linken Knie.

Es drängt die Zeit

Bei Robben ist von einer sechswöchigen Pause die Rede. Bei Alaba wird die vermutete Pause offiziell auf sieben Wochen taxiert. Knapp bemessen für einen Innenbandriss, verglichen beispielsweise mit der Krankengeschichte seines Teamkollegen Thiago. Beim Spanier wurde die gleiche Diagnose gestellt, doch das ist nun ein Jahr her. Seitdem hat er kein Spiel bestritten, die Ursache liegt in einer diffusen und komplexen Therapiegeschichte.

Gegen Gladbach saß Thiago erstmals wieder auf der Bank - wann er wieder spielt, ist offen. Beiden, Alaba und Thiago, wird nun von der medizinischen Abteilung eine ähnliche Perspektive aufgezeigt, für beide sei ein Mitwirken an der großen Berliner Fußball-Woche - zunächst mit dem DFB-Pokalendspiel (30. Mai), dann mit dem Champions-League-Showdown (6. Juni) - nicht völlig ausgeschlossen. Er habe ein großes Ziel vor Augen, ließ Alaba schon erklären: "Ich will beim Saisonfinale dabei sein."

Verletzung des Bayern-Profis
:Alaba zerbricht an "Eisen-Ermin"

Das hat dem FC Bayern noch gefehlt: David Alaba verletzt sich im Länderspiel gegen Bosnien und muss unter "großen Schmerzen" vom Feld. Die Diagnose des Bayern-Docs klingt deprimierend - die Saison könnte für den Österreicher vorbei sein.

Von Jonas Beckenkamp

Allerdings haben die Münchner kein Freilos, auch sie müssen sich für die Berliner Woche erst qualifizieren. Und da drängt die Zeit, denn die jüngsten Diagnosen, jene von Robben, jene von Alaba, reichen weit über das Schicksal dieser Einzelspieler hinaus. Sie betreffen das Gesamtgebilde der Bayern-Mannschaft, die jetzt auf die Zielgerade der Saison einbiegt, beginnend mit dem Prestigeduell am Samstag in Dortmund, dem Viertelfinale im DFB-Pokal am Mittwoch in Leverkusen sowie in der Woche darauf dem Einstieg ins Champions-League-Viertelfinale beim FC Porto.

Und da dürfte etwas fehlen, was fürs Spiel der Münchner charakteristisch ist: Grundschnelligkeit, Dynamik, Endbeschleunigung. Denn niemand verkörperte diese Faktoren in der Startreihe zuletzt derart wie diese beiden: Robben, 31, durch sein Tempodribbling, Alaba, 22, durch permanenten Sturm und Drang.

Demonstriert von Alaba besonders zuletzt beim 4:0 in Bremen, wo die Münchner ohne ein Prominenten-Trio (ohne Lahm, ohne Ribéry, ohne Robben) angetreten waren und der Österreicher als eine Art Junior-Chef auffällig wurde. Im Repertoire ein direkt verwandelter Freistoß, der - wie schon im DFB-Pokal gegen Braunschweig - in den Torwinkel rauschte. Auch diese Standard-Variante wird jetzt fehlen.

Nicht nur ein Nachwuchs-Chef, sondern bereits ein Herr Generaldirektor ist David Alaba für Österreichs Nationalelf. Diese hatte Dienstagabend in Wien das Team von Bosnien-Herzegowina (1:1) zu Gast; schon vor der Pause stürzte Verteidiger Ermin Bicakcic vom Bundesligisten Hoffenheim auf Alabas Knie. Ein Augenblick fürs Kopfkino, denn einen so miesen Film hatte Alaba in dieser Saison schon einmal erlebt: Innenbandverletzung im Spiel gegen den AS Rom - im anderen, im rechten Knie. Alaba erinnert sich mit Schaudern: "Es war ein Horror, echt keine schöne Zeit." Im Januar kehrte er zurück, seit der Winterpause hatte er in allen Wettbewerben keine Minute verpasst.

Wer ihn ersetzen wird? Diverse Profis, diverse Formationen, Alaba kickte zuletzt auf diversen Positionen. Nicht mehr nur auf der linken Außenbahn, als Spielkamerad für den in dieser Saison ebenfalls häufig maladen Frank Ribéry, mit dem er beim Champions-League-Triumph 2013 die griffige Flügelzange bildete. Alaba wurde von Trainer Pep Guardiola immer öfter ins Mittelfeld versetzt. Auch als eine Art Versicherung für das Hochrisiko-Spiel der Münchner, die sehr weit vorne attackieren, die aber immer auch im Usain-Bolt-Tempo nach hinten sprinten sollten, falls der Gegner - wie zuletzt die Gladbacher - zu giftigen Kontern ansetzt.

Wer den Alaba-Part übernimmt, wird schon in Dortmund die taktische Phantasie von Guardiola fordern. Zwar hat sich für die Zentrale in Bastian Schweinsteiger, 30, Philipp Lahm, 31, und Xabi Alonso, 33, sehr viel edle Prominenz wieder fit gemeldet. Nur fehlt Guardiola dort nun die alternative Reihe: Neben Alaba und Thiago, 23, zudem Javier Martínez, 26. Martinez trug bereits Krücken im Hochsommer 2014, bis heute ist ein Totalschaden im Knie nicht völlig behoben.

Natürlich bietet der Kader der Münchner, der zumindest Liga-intern ein Luxuskader bleibt, noch Optionen. Womöglich aber rächt es sich jetzt ein bisschen, dass sie Pierre-Emile Hojbjerg, 19, im Winter an den FC Augsburg verliehen haben. Der Däne wollte weg, er wollte sofort und unbedingt spielen. Es war ein Wunsch, dem stattgegeben wurde, zähneknirschend.

© SZ vom 02.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: