Flüchtlinge:Wachsender Andrang bei der Tafel

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Kopfzerbrechen bereitet besonders die große Zahl von Asylbewerbern, die auf Essensversorgung angewiesen sind

Von Petra Schneider, Geretsried

Immer mehr Menschen nehmen das Angebot der Geretsrieder-Wolfratshauser Tafel in Anspruch. Gleichzeitig werden die von den Märkten zur Verfügung gestellten Lebensmittel weniger. Auch die steigende Zahl an Asylwerbern, die fast alle zu den Tafel-Kunden zählen, macht dem Verein Sorgen. Bei der Jahreshauptversammlung am Donnerstag wurden deshalb einige grundsätzliche Beschlüsse gefasst. So einigten sich die etwa 40 anwesenden Mitglieder einstimmig darauf, den im vergangenen Jahr begonnenen Zukauf von Lebensmitteln einzustellen und sich auf die Grundidee der Tafel zu besinnen: Verteilt wird nur das, was zur Verfügung gestellt wird.

Um mehr Lebensmittel zu bekommen, will man zusätzliche Abholtage einführen, sofern die Märkte dem zustimmen und sich genügend Helfer für die Fahrten finden. Einstimmig wurde auch beschlossen, die Belieferung der Asylbewerber an der zentralen Unterkunft (ABU) am Robert-Schumann-Weg einzustellen. Aus Gründen der Gerechtigkeit sollen die Flüchtlinge künftig montags oder samstags zur zentralen Verteilerstelle an der Jeschkenstraße kommen, "wie alle anderen auch", sagte Vorsitzender Peter Grooten. Bisher wurden die 60 Bewohner der ABU einmal wöchentlich von der Tafel beliefert. Uwe Schulz hatte dem Verein deshalb vorgeworfen, Asylbewerber zu bevorzugen, was ihm heftige Kritik eingetragen und zu seinem Austritt aus der Partei der Linken geführt hatte. Grooten nannte die Kritik von Schulz eine "ärgerliche Angelegenheit", die in der Form unangemessen, inhaltlich aber nicht ganz unberechtigt gewesen sei. Durch den Stopp der Belieferung an die ABU stelle man die Gleichbehandlung nun sicher. "Außerdem fördert der Kontakt an der allgemeinen Ausgabestelle die Integration der Asylbewerber", hofft Grooten.

760 Menschen nehmen derzeit das Angebot der Tafel in Anspruch, im Vorjahr waren es noch 602. Ein Drittel der Bedürftigen kommt aus Wolfratshausen, dort werden auch nur etwa ein Viertel der Lebensmittel zur Verfügung gestellt. Von den 260 Asylbewerbern in Geretsried und Wolfratshausen zählen 220 zu den Tafel-Kunden. Wenn sich deren Zahl im Landkreis wie prognostiziert verdopple, stelle das den Verein vor eine Herausforderung, sagte Grooten. Die Lebensmittel würden weniger, auch, weil manche Marktleiter "zu bequem" seien, diese auszusortieren. Zudem werde die Kalkulation der Märkte immer präziser und Überkapazitäten, die oft der Tafel zugute kämen, weniger.

Im vergangenen Jahr hat der Verein deshalb einen Obolus von 50 Cent für jeden Tafel-Kunden eingeführt. Mit dem Geld wurden Lebensmittel zugekauft. Am Donnerstag wurde diese Praxis einstimmig wieder abgeschafft: Für einen gemeinnützigen Verein sei es rechtlich nicht zulässig, Geld zweckgebunden einzunehmen, sagte Grooten. "Wir haben riskiert, dass wir die Gemeinnützigkeit verlieren". Eine Absage erteilte die Versammlung auch der Idee, einen Aufnahmestopp zu verhängen- etwa für Asylbewerber, für die doch nicht die Tafel, sondern "das Amt" zuständig sei, wie Heinz Degner meinte. "Wo ist die Gerechtigkeit, wenn wir Asylbewerber, die noch weniger bekommen als Hartz-IV-Empfänger, ablehnen?" hielt Grooten dagegen.

Der 72-Jährige, der seit dem Jahr 2001 dem Verein mit derzeit 44 Aktiven und 84 Fördermitgliedern vorsteht, wurde am Donnerstag ebenso einstimmig wiedergewählt, wie sein Stellvertreter Eduard Engelhardt, Kassiererin Eliane Roth und die Beisitzer Walter Milde und Angelika Haller. Grooten kündigte an, in zwei Jahren nicht mehr zu kandidieren. "Dann wird es Zeit, dass das mal ein anderer macht."

© SZ vom 04.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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