Kurzkritik:Lobpreisung

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Philipp Amelung mit der Johannes-Passion

Von Klaus Kalchschmid, München

Es hat Tradition, dass der Münchner Motettenchor Bachs Johannes-Passion an Karfreitag in der Matthäuskirche aufführt. Also nicht im Konzertsaal, sondern wie bei der Uraufführung 1724 in einem Sakralraum. Zum ersten Mal dirigierte sie Philipp Amelung - mit großem Erfolg. Und das nicht zuletzt dank des Residenzorchesters München mit vielen Solisten an Originalinstrumenten sowie großteils hervorragender junger Solisten.

Jede Aufführung einer (und vor allem der sehr komprimierten Bachschen Johannes-)Passion steht und fällt mit dem Chor - und dem Sänger des Evangelisten. Denn das Kollektiv, ob in den wilden, sogenannten Turbae-Chören des Volks, das Jesu Kreuzigung fordert, oder den kontemplativen Chorälen, die dieses Geschehen aus ganz anderer Warte bedauern und beweinen, ist enorm wichtig und dominierend.

Der von Benedikt Haag einstudierte Motettenchor sang beängstigend perfekt: Höchst expressiv, rhythmisch geschärft und dynamisch exzellent abgestuft, dabei stets genau intonierend und nie scharf oder unausgeglichen in extremer Lage. Amelung legte Wert auf unmittelbare Übergänge zwischen Chor-Partien, Bericht des Evangelisten und den Arien. Das führte zu einer enormen Spannung und einer fast theatralischen Direktheit.

Auch der junge Maximilian Kiener als Evangelist stellte - auswendig singend - schon dadurch eine hohe Unmittelbarkeit her. Er begann zwar mit etwas belegter Stimme, doch sein heller, schlanker, gleichwohl ausdrucksvoller Tenor steigerte sich mit jeder Phrase. Am Ende hatte er das Passions-Geschehen mit einer Rhetorik und emotionalen Intensität nicht nur erzählt, sondern - stets enorm wortverständlich singend - vergegenwärtigt, dass er so überzeugend war, wie nur die Besten seines Fachs.

Neben Katja Stuber, die mit den Sopran-Arien etwas zu kämpfen hatte, überzeugte Ulrike Malotta in samtweich und sehr beredt gesungenen Alt-Arien. Thomas Stimmel präsentierte einen ausdrucks- und gehaltvollen Bass und gestaltete enorm kultiviert. Christian Hiltz war dagegen ein betont nüchtern zurückhaltender Christus.

© SZ vom 07.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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