Wörthsee:Subtil theatralisch

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Die Johannes-Passion unter Anton Ludwig Pfell in Wörthsee

Von Reinhard Palmer, Wörthsee

Die Andechser Tradition der Passionskonzerte unter der Leitung von Anton Ludwig Pfell wird wohl auch künftig in Wörthsee ihre Heimat haben und sich beim Publikum etablieren können. Die Pfarrkirche Zum Hl. Abendmahl in Steinebach bietet zwar nicht das rustikale Ambiente des Florianstadls, doch ihre kompaktere Form macht das musikalische Erlebnis unmittelbarer. In der diesjährigen Aufführung von Bachs Johannes-Passion gab es zwei Neuerungen. Zum einen begleitete den Mozart-Chor Andechs erstmals die neu gegründete Camerata Langmann mit meist jungen Musikern um die Geigerin Johanna Langmann. Zum anderen standen Solisten auf der Bühne, die aktuell noch dabei sind, ihre Studien zu ergänzen und ihre bereits erstaunlich reife, oft schon an großen Opernhäusern erprobte Gesangskunst zu perfektionieren.

Als Ensemble wären die fünf Solisten zwar nicht unbedingt homogen in der Charakteristik, doch einzeln durchaus stimmig mit ihren Passionsrollen. Allen voran der Tenor Manuel Ried als Evangelist, der nicht nur fesselnd und unangestrengt zu erzählen, sondern auch den unentwegt zwischen den Extremen springenden Part mit großer Einfühlsamkeit und Klarheit in der Diktion zu formen verstand.

Die kraftvolle Stimme der sorgsam gestaltenden Sopranistin Katharina Preuß fiel mit ihrer allzu dramatischen Ausprägung und Brillanz im Klang etwas aus dem Rahmen. Altistin Florence Losseau verlor zwar in den Tiefen an Klangschönheit, doch ihr warmes, lyrisches Timbre erwies sich hier als ideal. Ebenso die tiefen Männerstimmen mit dem als Pilatus sehr konzentriert und ausdrucksstark agierenden Manuel Adt sowie als Christus dem Bassisten Florian Drexel, der seine enorme, wunderbar plastische Stimme feinsinnig und mit einer gewissen Erhabenheit zu modellieren vermochte.

Durch die Eigenheiten der Solisten trat der szenische Charakter der Johannes-Passion stärker hervor. Zumal auch der längst schon routinierte Mozart-Chor Andechs die unterschiedlichen Ausprägungen seiner Rolle klar differenzierte, was den dramatischen Verlauf der Erzählung stimmig trug.

Dramatische, kraftvoll und präzis eingeworfene Turba-Chöre überzeugten genauso wie die warm und melodiös ausgesungenen Choräle. Und auf die eng angelehnte Unterstützung der reichhaltigen Ausdruckswerte kommt es in der Johannes-Passion besonders an, steht doch im Zentrum des Geschehens überaus subtil theatralisch die Gerichtsszene des Pilatus, vor dem sich Christus als überlegen darstellt. Im Vergleich zu den anderen Textvorlagen gibt die Johannes-Passion dem Göttlichen in Christus eindeutig den Vorzug.

Pfell interpretierte am Pult nicht allzu schmerzlich getragen, sondern straff in den Tempi, in der Lyrik eher sinnierend als trauernd, selbst im breit ausgesungenen Choral "In meines Herzens Grunde" in berührender Empfindsamkeit. Das Hymnische als Zeichen des Göttlichen und als ein verhalten triumphales Symbol trat vor allem in den Chören hervor. "Ruht wohl, ihr heiligen Gebeine", klangschön angesetzt, verdichtete sich denn auch in strahlender Färbung, um schließlich einem hymnischen Schlusschoral "Ach Herr, laß dein lieb Engelein" das letzte große, zwischen strahlendem Verkünden und seelentiefem In-sich-Versinken wogende Wort zu überlassen.

Der neue instrumentale Klangkörper vermochte den Feinheiten darin noch nicht einfühlsam genug zu folgen - abgesehen von Intonationsschwächen und kleinen Textfehlern. Doch die solistischen Einlagen in den Duetten mit den Gesangssolisten waren allemal in sicheren Händen. Ein Orchester aus der Taufe zu ziehen, das bedarf eben seiner Zeit.

Dem Publikum gefiel diese Version der Passion dennoch. Lang anhaltender, begeisterter Applaus.

© SZ vom 07.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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