Nachlese zum Franken-"Tatort":Mords was los in Nürnberg

Tatort Franken; Dagmar Manzel, Fabian Hinrichs und Stefan Merki (von links)

Nein, zufrieden ist der Nürnberger Polizeipräsident Kaiser (Stefan Merki) nicht mit seinem neuen Ermittler-Duo Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel) und Felix Voss (Fabian Hinrichs).

(Foto: BR/Olaf Tiedje)

Kommissarin Ringelhahn begrüßt ihren neuen Kollegen mit einem sexistischen Spruch. Und der Nürnberger Polizeipräsident geriert sich als Rumpelstilzchen. Die Nachlese zum ersten Franken-"Tatort" - mit den besten Zuschauerkommentaren.

Von Johanna Bruckner

Darum geht's:

Um ein Geflecht aus verkorksten Beziehungen - und um den Anfang einer durchaus vielversprechenden Beziehung. "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" heißt die Premieren-Folge des neuen Franken-Tatorts. Bei ihrem ersten gemeinsamen Fall haben es die Nürnberger Kriminalhauptkommissarin Paula Ringelhahn und ihr frisch zugezogener Kollege Felix Voss mit dem Mord an einem Uni-Professor zu tun. Der Raketenforscher Christian Ranstedt wird erschossen in seinem Wagen aufgefunden. Die Ermittlungen sind mühsam. Je mehr Ringelhahn und Voss erfahren, desto rätselhafter wird die ganze Geschichte. Und parallel versuchen sie ja auch noch zu klären: Wie passen wir überhaupt zusammen? Oder wie es Felix Voss an einer Stelle etwas verzweifelt formuliert: "Ja, was ist denn hier eigentlich los, in Nürnberg?"

Lesen Sie hier die Rezension von SZ-Tatort-Kritiker Holger Gertz:

Bezeichnender Dialog:

Kommissar Voss vernimmt den Richter Frederik Pahl. Dessen Frau Charlotte hatte eine Affäre mit dem Mordopfer.

Voss: Dr. Pahl, können Sie mir was zu Ihrer Ehe sagen?

Pahl: Bis vor einer halben Stunde habe ich geglaubt, ich wäre gut verheiratet.

Voss: Sie unterscheiden das - also Verzeihung, aber - Sie unterscheiden zwischen gut und glücklich?

Pahl: Können Sie sachlich bleiben? Das würde mir sehr helfen.

Voss: Ja, aber natürlich. Also ich bemüh' mich auf jeden Fall. Allerdings wär's mir wichtig, dass wir beide unter 'sachlich' das Gleiche verstehen. Ihre Frau hat Sie massiv hintergangen - und das haben Sie nie gemerkt?

Pahl: Ich dachte, das wird sich irgendwann von selbst erledigen.

Voss: Hat es aber nicht. Was ist dann mit Ihnen passiert?

Pahl: Es hat mich nicht mehr berührt.

Voss: Hat Sie nicht mehr berührt? Das ist schwer glaubhaft.

Pahl: Zu meiner Aufgabe als Richter gehört es, die Entwicklungen von Menschen zu achten.

Voss: Auch die, die sich jedem Verständnis entziehen?

Pahl: Auch die.

Die besten Zuschauerkommentare:

Die beste Szene:

Macht deutlich, worin, je nach Betrachtungsweise, Stärke oder Schwäche des neuen Tatorts liegt. Denn so ganz kann - oder will? - sich die Nürnberger Ausgabe nicht festlegen lassen, ob sie nun eher klassischer Sonntagabendkrimi oder krimiesker Klamauk (à la Tatort Münster) ist. Die Kommissare Ringelhahn und Voss werden ins Büro ihres Vorgesetzten Kaiser beordert. Es geht um die unrechtmäßige Durchsuchung eines Computers und die Beleidigung eines Zeugen - der Chef schäumt in comichaft überzeichneter Manier. "Frau Ringelhahn, Sie stammen aus der Wilhelm-Pieck-Stadt Guben, das ist tief im Osten. Kann es sein, dass Sie die Demokratie zu ernst nehmen?" Dann attackiert er Voss - doch der bleibt gelassen: "Warum sind Sie eigentlich so unentspannt?"

Top:

Dieser Tatort ist anders, und ja, manchmal fragt man sich als Zuschauer schon, ob das alles nicht einen Tick drüber ist. Die flapsige Art von Paula Ringelhahn (Dagmar Manzel), die ihren neuen Kollegen mit den Worten begrüßt: "Wir haben Sie ja schon längst aufm Foto gesehen - aber so hochaufgeschossen, das macht ja auch Freude." Die Naivität von Felix Voss (Fabian Hinrichs), der grinst wie ein Testimonial für Kinderschokolade und läuft wie Fußballer Thomas Müller. Oder die schrulligen Kollegen des Ermittler-Duos. Aber: Wenn sich die Nürnberger erst einmal eingespielt haben, könnte das auch ganz wunderbar werden.

Flop:

Die dauergequälte Mimik, mit der die Nachbarinnen Julia Ranstedt (die Ehefrau des Mordopfers) und Charlotte Pahl (die Geliebte des Mordopfers) durch ihre Villen schleichen. Der Gesichtsausdruck soll wohl verdeutlichen, wie tragisch das alles ist: dass sie beide denselben Mann lieben, obwohl sie Freundinnen sind, dass der jetzt tot ist, und überhaupt ... Aber irgendwann ist die chronische Leichenbittermiene kaum noch zu ertragen.

Bester Auftritt:

Wie befriedigend es manchmal wäre, als Rumpelstilzchen durchs Leben zu wüten! Stefan Merki macht es einfach, zumindest in seiner Rolle als Nürnberger Polizeipräsident Dr. Kaiser. Besonders das nicht-lehrbuchmäßige Handeln seiner Kommissare lässt ihm die Adern an Stirn und Hals anschwellen. "Unsere Aufklärungsquote hier ist enorm", erklärt er dem Neuling Voss, "wir lieben das Handwerk. Die Tradition. Und vor allem - die Ruhe. Was wir nicht schätzen, ist Aufregung!"

Die Erkenntnis:

Aus Liebe kann viel entstehen - aber manchmal macht Liebe auch alles kaputt. Am Ende von "Der Himmel ist ein Platz auf Erden" sind zwei Familien zerbrochen und ein junges Leben ist verbaut, bevor es überhaupt richtig angefangen hat.

Die Schlusspointe:

"Felix", fragt Kommissarin Ringelhahn ihren neuen Kollegen am Schluss, "alles in Ordnung?" - "Naja", sagt der mit einem ratlosen Achselzucken, "für so 'n Anfang hier war das schon ... War das schon ..." Passender könnte das Fazit für diesen ersten Franken-Tatort nicht ausfallen.

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