Start an der Uni:Wie sich Studenten richtig krankenversichern

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Zu Beginn eines Studiums steht viel, bisweilen lästiger, Papierkram an. Die Entscheidung für eine Krankenversicherung sollte dennoch nicht leichtfertig getroffen werden. (Foto: Jan Woitas/dpa)
  • Studenten müssen sich zu Beginn ihres Studiums zwischen der gesetzlichen und der privaten Krankenversicherung entscheiden.
  • Wer noch kein klares Berufsziel hat und nach dem Studium voraussichtlich länger auf Jobsuche sein wird, für den kann eine gesetzliche Kasse die bessere Alternative sein.
  • Wer sich dagegen für eine private Versicherung entscheidet, der darf während des Studiums nicht mehr in die gesetzliche zurückkehren. Trotzdem kann das in manchen Fällen die günstigere und sinnvollere Wahl sein.

Von Anne-Christin Gröger und Pia Ratzesberger, Köln/München

Es war nur eine Unterschrift, eine von so vielen in diesen Tagen. Die erste Wohnung fern von Zuhause, der erste Studentenausweis, die erste Anwesenheitsliste in der Vorlesung. Als Stefanie Starke vor sieben Jahren ihr Bachelorstudium in Eichstätt begann, zählte die Befreiung von der gesetzlichen Krankenversicherungspflicht zu den weniger aufregenden Unterschriften. Das Ganze war für Starke keine große Sache: Ihre Mutter ist Lehrerin und in Bayern verbeamtet, die Studentin konnte sich über die Beihilfe privat familienversichern. Das heißt, der Freistaat übernahm einen großen Teil ihrer Versicherungskosten. Oft sind es 80 Prozent, die ein Dienstherr für die Krankenversicherung von Beamtenkindern übernimmt, nur 20 Prozent muss der Versicherte dann selbst bezahlen. Dass sie diesen Vorteil nutzen würde, stand für die damals 19-jährige Starke von vornherein fest. Als das Papier mit der Aufschrift "Befreiung" vor ihr lag, dachte sie nicht lange nach. Eine Unterschrift, schon wieder, fertig.

Fünf Jahre danach dann die Spätfolgen: Eine Freundin erzählte Starke in der Kneipe beiläufig, dass sie sich bald selbst versichern müsse. Das liegt daran, dass der Anspruch von Beamtenkindern auf Beihilfe mit Vollendung des 25. Lebensjahres in der Regel ausläuft. Wer sich bislang sehr günstig privat krankenversichern konnte, muss sich jetzt selbst voll versichern. Das kostet entsprechend mehr. Bei Starke waren es 200 Euro monatlich, die sie zahlen sollte, wenn sie einen studentischen Tarif mit dem gleichen Versicherungsschutz wie bisher haben wollte. Viel Geld für eine Studentin, die inzwischen im teuren München studierte und kein großes Einkommen hatte.

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Um sich solchen Ärger zu ersparen, sollte sich jeder schon vor Beginn der akademischen Ausbildung mit dem Thema Krankenversicherung auseinandersetzen. Dazu gehört ein realistischer Blick in die Zukunft. Erstsemester müssen sich Gedanken über ihre derzeitige finanzielle Situation machen und welche beruflichen Pläne sie für später haben. Mit Beginn eines Studiums werden sie krankenversicherungspflichtig - unabhängig davon, ob sie bisher Kassen- oder Privatpatient waren, können sich die Studenten jetzt entscheiden, ob sie künftig privat oder gesetzlich versichert sein wollen.

Für wen sich eine gesetzliche Versicherung lohnt

Wer noch kein klares Berufsziel hat und davon ausgeht, dass er später eine gewisse Zeit auf Jobsuche sein wird, für den kann die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) die bessere Alternative sein. Denn wer nach dem Studium nicht sofort eine Stelle findet, erhält in der Regel kein Arbeitslosengeld I, da er noch keine Beiträge in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt hat, und bekommt gleich Hartz IV. Betroffene müssen dann in der privaten Krankenversicherung (PKV) bleiben und in einen so genannten Basistarif wechseln. Dessen Leistungen sind mitunter sogar weniger umfangreich als die der GKV.

"Junge Leute, die bislang über die Eltern gesetzlich versichert waren, sollten das bleiben, denn sie sind bis zum 25. Lebensjahr kostenfrei in der Familienversicherung mitversichert", rät Claudia Schlund von der Nürnberger Beratungsstelle der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland. Für die Zeit danach bieten die Kassen günstige Studententarife an, die allerdings in der Regel nur bis zum 30. Lebensjahr gelten.

Für wen sich eine private Versicherung lohnt

Studierende, die dagegen in die PKV wechseln oder dort bleiben wollen, müssen bis spätestens drei Monate nach der Immatrikulation einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse stellen. Sie können dann in einen der zahlreichen Studententarife wechseln, die PKV-Unternehmen anbieten. Der Schritt birgt allerdings einige Konsequenzen, die vielen nicht bewusst sind. Eine davon bekommt jetzt Stefanie Starke zu spüren. "Wer diesen Schritt geht, für den ist ein Wechsel während des Studiums in die GKV nicht mehr möglich", sagt Schlund. Zumindest nicht für den, der hauptberuflich Student ist und regelmäßig nicht mehr als 20 Stunden die Woche arbeitet. Erst wenn junge Menschen nach Studienabschluss einen versicherungspflichtigen Job annehmen, können sie wieder in eine gesetzliche Kasse wechseln. "Wer sich sicher ist, ein Lehramtsstudium zu beenden und verbeamtet zu werden, für den kann es aufgrund der Beihilfe trotzdem sinnvoller und günstiger sein, in der privaten Krankenversicherung zu bleiben", sagt Elke Weidenbach von der Verbraucherzentrale NRW.

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Vorher privat versicherte Studierende, die sich während des Studiums gesetzlich versichern wollen, können sich einen Wiedereinstieg in die PKV durch eine so genannte Anwartschaft sichern. Dann ersparen sie sich später eine erneute Gesundheitsprüfung und sichern sich, je nach Umfang der Anwartschaft, die Beitragskonditionen von früher. Diese Anwartschaften haben allerdings ihren Preis: "Je kürzer der Versicherte zuvor in der PKV versichert war, desto mehr kostet die Anwartschaft", sagt Verbraucherschützerin Weidenbach.

Alle Rechnungen am Ende selbst bezahlt

Stefanie Starke waren die 200 Euro im Monat, die ihr die bisherige Kasse angeboten hatte, letztendlich zu viel. Über einen Makler, der sich auf die Beratung von Studierenden in Versicherungsfragen spezialisiert hat, fand sie schließlich einen relativ billigen Basistarif - für 90 Euro monatlich, mit einem Selbstbehalt von 500 Euro pro Jahr. Ihr Plan lautete deshalb: Bloß nicht krank werden, am besten kein einziges Mal zum Arzt gehen. Das funktionierte weitgehend, insgesamt lagen die Rechnungen dieses einen Jahres unter 500 Euro - sie zahlte somit alle selbst.

Trotz des Ärgers hat Starke nicht alles falsch gemacht, findet Weidenbach. Denn auch für Beamtenkinder, die selbst keine Laufbahn im Staatsdienst anstreben, kann die PKV durch die Beihilferegelung günstiger sein als die GKV. "Wenn ein Student etwa fünf Jahre über die Beihilfe versichert ist und sich bis zum Ende des Studiums noch ein Jahr selbst versichern muss, kann das von den insgesamt gezahlten Prämien durchaus preiswerter sein, als wenn er über die ganze Zeit Beiträge in die GKV einbezahlt", sagt sie. Die Situation könne natürlich kippen, wenn der Student nach dem 25. Geburtstag noch fünf weitere Jahre studiert und sich für diese Zeit privat krankenversichern muss. "Das kann dann schon ein Minusgeschäft sein."

Stefanie Starke hat ihr Studium ohnehin in Regelstudienzeit abgeschlossen, mit ihrem ersten Job ist sie aber trotzdem sofort in die gesetzliche Krankenkasse gewechselt. Diesmal war es für sie nicht nur eine Unterschrift, sondern eine ziemliche Erleichterung.

© SZ vom 08.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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