"VIPs hautnah" im ZDF:Oberflächlich sind die anderen

"VIPs hautnah"/ZDF: James Blunt und Julia Melchior

Vieraugengespräch auf der Couch: Sänger James Blunt und VIPs hautnah-Moderatorin Julia Melchior

(Foto: Johannes Imdahl)

Anbiedernd? Hämisch? Das neue ZDF-Promi-Format "VIPs hautnah" will weder das eine noch das andere sein. James Blunt muss sich trotzdem die Frage gefallen lassen, ob er ein "Schmusesänger mit Killerinstinkt" sei.

Von Josa Mania-Schlegel

"Würdest du sagen, dass du glücklich bist?", fragt Julia Melchior Diane Kruger. "Ja, ich glaube schon", antwortet der deutsche Hollywoodstar. Melchior hält inne, für ein, zwei Sekunden. Die Promi-Expertin weiß, wann sie ihren Gesprächspartnern Raum zum Nachdenken geben muss. Und die Schauspielerin bemüht sich prompt um eine druckreife Antwort: Sie möchte heute ein Leben führen, sagt Kruger, "noch größer als die Träume, die ich früher gewagt hätte zu träumen".

Im neuen ZDF-Magazin VIPs hautnah sollen Prominente als "die Menschen hinter den großen Namen" porträtiert werden, so steht es im Programm. Wahrhaftigkeiten aus ihrem Leben statt Klatschblatt-Bagatellen. Die Journalistin Julia Melchior besucht pro Sendung drei Stars an privaten Orten und versucht, persönliche Gespräche anzuspinnen. In der Pilotfolge trifft sie auf Sänger James Blunt im Tourbus, Diane Kruger beim Wandern in Hollywood und den ehemaligen griechischen König Konstantin in Athen.

Der Trailer macht den Ansatz allerdings zunichte, weniger oberflächlich sein zu wollen als die übrigen Glitzerformate im Fernsehen: Roulettetisch, Hubschrauberlandung, Limousinen. Dass es hier um Schöne und Reiche geht, weiß der Zuschauer schon nach wenigen Sekunden Vorspann. Doch ist nicht das Ziel der Sendung, gerade hinter solche Fassaden zu blicken? Oder greift das Intro diese Klischees auf, um sie zu widerlegen - seht her, wir lassen uns vom schönen Schein nicht blenden, werden auch mal ungemütlich?

"Wir duschen nicht, wir benutzen nur Deospray"

VIPs hautnah spricht dann tatsächlich Konfliktthemen an, die Promi-Magazine üblicherweise entweder ignorieren oder berichten - mit ordentlich Häme. Die spart sich das ZDF zwar weitgehend, aber ohne effektheischerischen Boulevardsprech kommt man auch bei den Öffentlich-Rechtlichen nicht aus. "James Blunt ist nicht bei jedem beliebt", heißt es an einer Stelle, dazu werden Aufnahmen des Soldaten Blunt gezeigt. Der Engländer diente bis 2002 der britischen Armee, auch im Kosovo. "Ein Schmusesänger mit Killerinstinkt?", fragt Moderatorin Melchior den Zuschauer.

Erst später, nach einer ausgiebigen Tourbus-Führung (Blunt: "Wir duschen nicht, wir benutzen nur Deospray"), hakt die Moderatorin beim Sänger selbst nach: Was hat der Krieg mit ihm gemacht? Und wie geht James Blunt eigentlich mit fiesen Facebook-Kommentaren um? Andere kritische Fragen spart Melchior dagegen aus: Was hat es beispielsweise mit seiner sexistischer Ratgeber-Kolumne in der U-Bahn-Zeitung The Metro auf sich? Und was soll die Schlammschlacht mit einem britischen Politiker, der dem Musiker seine "privilegierte Herkunft" vorwarf?

Möglicherweise waren ihr diese Fragen auch vorab vom Management des Sängers verboten worden. Melchiors Interviews sind eher lockere Unterhaltungen und darauf angelegt, Einblicke zu liefern. Die Promis sollen erzählen wollen, nichts müssen. Doch dazu kommt es nicht. Denn genau wie Kruger bekommt Blunt insgesamt gerade einmal acht Minuten Sendezeit. Das schafft zwar Abwechslung und Kurzweiligkeit, aber keine Tiefe. So ist das Vieraugengespräch mit dem Musiker auf der Couch vorbei, bevor es richtig losgeht. Hautnah? Naja.

Feine Risse in der Promi-Fassade werden übertüncht

Die Macher konzentrieren sich lieber auf die Optik: Kameraschwenks, schnelle Schnitte und Tiefenunschärfe sorgen für eine aufregende Bildästhetik. Die übertüncht im Zweifelsfall auch schnell wieder feine Risse in der Promi-Fassade.

Zum Schluss trifft Melchior den ehemaligen griechischen König Konstantin. Bei der lockeren Audienz ist die Royal-Expertin in ihrem Element, das Kapitel dauert zudem länger als Blunts und Krugers zusammen. Mitten im Gespräch platzt Konstantins Frau herein. Sie wusste wohl nichts von dem Termin und guckt ganz verdattert. Alle lachen, und da ist er ganz am Ende doch noch: ein witziger, lebensnaher Moment.

VIPs hautnah, Samstag 18 Uhr, ZDF

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