US-Wahlkampf:Clintons letzte, beste Chance

  • Hillary Clinton hat nun auch offiziell angekündigt, US-Präsidentin werden zu wollen.
  • Die ehemalige Außenministerin präsentiert sich als Kämpferin für das fleißige Amerika.
  • Wie die 67-Jährige aus ihren Fehlern der Vergangenheit lernen möchte.

Von Johannes Kuhn, San Francisco

Keine Großveranstaltung mit Tausenden Anhängern, sondern eine E-Mail ihres Kampagnen-Managers und ein Video, das Aufbruchstimmung verbreiten soll: Unter großem öffentlichen Interesse, aber ohne Tamtam hat Hillary Clinton ihre Präsidentschaftskandidatur angekündigt.

Fleißige Amerikaner sprechen in dem kurzen Clip von ihren Zukunftsplänen, am Ende erscheint die 67-Jährige und verkündet, dass sie antreten wird. Die "Everyday Americans", also die US-Bürger mit Alltagssorgen und -hoffnungen, bräuchten einen Vorkämpfer. "Und ich möchte dieser Vorkämpfer sein", schließt sie. Die Wirtschaftskrise habe man hinter sich gelassen, doch die Karten seien immer noch "zugunsten jener gemischt, die schon oben sind".

Mehr Bürgernähe als im Wahlkampf 2008

Ob Clinton als Multimillionärin, die für Reden sechsstellige Honorare kassiert, diese Botschaft glaubwürdig vertreten kann? Der Rückhalt für die ehemalige Außenministerin ist zumindest in großen Teilen der Parteibasis ungebrochen, allerdings klagt ein Teil des progressiven Amerikas über Clinton-Müdigkeit oder wünscht sich zumindest eine größere Auswahl an aussichtsreichen Kandidaten.

In den kommenden Monaten wird die ehemalige First Lady diese Skeptiker zu überzeugen versuchen, dass ihre Mittelschichts-Mission kein leeres Versprechen ist und sie sich ihren Vorwahl-Sieg hart erarbeiten möchte. Zu Beginn ihrer Kampagne reist sie nach Iowa, jenen kleinen Mais-Staat, in dem Januar 2016 die ersten Vorwahlen stattfinden.

Statt der großen Auftritte, die sie in den vergangenen Monaten meist im Rahmen ihrer Buchtour absolvierte, wird sie dabei vor allem Wähler in ihrem Zuhause besuchen, zuhören, sich nahbar machen. Diese Nähe hatte sie im Wahlkampf 2008 gemieden und den Staat prompt als Favoritin an einen Senatoren-Frischling mit Namen Barack Obama verloren. Das Urteil über ihre Menschenfischer-Fähigkeiten steht weiterhin aus.

Der Wahlkampf könnte hässlich werden

Bereits auf ihrer Buchtour hatte Clinton die Sorgen der Mittelschicht thematisiert, sich als erfahrene Weltdiplomatin und Kämpferin für die Sache der Frauen gegeben. Ein erfahrenes Wahlkampf-Team, das gemeinsam mit ihren Unterstützern in den kommenden 19 Monaten angeblich bis zu 2,5 Milliarden US-Dollar einsammeln möchte, soll daraus nun eine stimmige Erzählung basteln, die in der Mitte der Gesellschaft Resonanz findet.

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Die Republikaner dürften es kaum erwarten, Clinton als kalt, kalkulierend, aus der Zeit gefallen und eben jenem "Everyday America" entrückt zu porträtieren. Ihr Vermögen und die jüngste Affäre um ihre E-Mail-Konten dürften in den kommenden Monaten bis zum Überdruss thematisiert werden. Debatten über ihr Alter und ihr Frau-sein dürften dem Land angesichts des vergifteten politischen Klimas nicht erspart bleiben.

Hillary Clinton ist ein Polit-Profi, sie beherrscht selbst die eher abstoßenden Seiten des Spiels und ist sich bewusst, dass es am Ende ein sehr hässlicher Wahlkampf voller persönlicher Angriffe werden könnte. Das ist der Preis für ihre letzte Chance, die erste Präsidentin in der Geschichte der USA werden zu wollen.

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