Geldwerkstatt:Wo sind Gefahren?

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Exchange-Traded Funds werden auch in Deutschland immer beliebter. Das liegt an der guten Performance und den niedrigen Kosten. Aber welche Risiken lauern?

Von Jan Willmroth

Es mag viele Entwicklungen geben, die den Börsenboom veranschaulichen, aber diese zeigt die Flucht ins Risiko besonders eindrucksvoll: Innerhalb der vergangenen zehn Jahre haben sich die weltweiten Investitionen in Exchange-Traded Funds (ETF) mehr als verachtfacht. Vor allem seit 2011 zeigt die Wachstumskurve steil nach oben, 2012 und 2013 wuchs der Markt jeweils um etwa 30 Prozent. Gut 2,6 Billionen Dollar haben Anleger in dem Markt investiert. Dabei sind sie hierzulande eine sehr junge Anlageform: In Europa wurden ETF erstmals im April 2000 eingeführt. In den ersten drei Monaten 2015 hat die Deutsche Börse mit 51,1 Milliarden Euro einen Umsatzrekord verzeichnet.

ETF, auch Index-Fonds genannt, sind Fonds, die einen festgelegten Index nachbilden, also zum Beispiel den Dax, den S&P 500, einzelne Rohstoffe oder sehr spezielle Branchen-Indizes. Mithin hängen sie erstens nicht von den Entscheidungen einzelner Investment-Manager ab und werden deshalb auch als passiv bezeichnet. Zweitens tätigen sie meist weniger Transaktionen. Beides senkt die Kosten für die Käufer solcher Fonds. Regelmäßig schneiden ETF besser ab als aktiv gemanagte Fonds. Die geringen Kosten, das im Vergleich zu einzelnen Aktien geringe Risiko und die anderswo mickrigen Zinsen machen ETF für Privatanleger zunehmend interessant.

Wenn aber ein Markt so stark wächst und so unheimlich viel Geld darin steckt, wie entwickelt sich dann das Risiko, wenn die nächste Krise kommt und überall die Kurse abstürzen? Ein Großteil der ETF bildet den jeweiligen Index nach, indem die Fonds automatisch die darin enthaltenen Aktien kaufen. Synthetische ETF hingegen sind dagegen derivative Wertpapiere, die Entwicklungen des Index nachvollziehen.

Finanzaufseher haben sich kürzlich mit den Risiken für den Finanzmarkt beschäftigt und davor gewarnt, ETF könnten Krisen genauso verschärfen, wie sie derzeit den Aktien-Boom begünstigen. Und die Bundesbank erklärte in ihrem Finanzstabilitätsbericht im November, ETF könnten in Krisenzeiten ein Herdenverhalten verstärken.

Das ist zunächst einmal hypothetisch, denn der große Krisentest steht dem so stark gewachsenen ETF-Markt noch bevor. Dass der ETF-Markt zum Krisenbeschleuniger wird, wenn massenhafte Verkaufsorders die Fonds zur Liquidation großer Positionen zwingen, ist angesichts seiner Größe noch relativ unwahrscheinlich: Nach Angaben der Ratingagentur Morningstar liegen nur ein Prozent des Werts der Aktien im europäischen Aktienindex Eurostoxx 50 in ETF. Um Kursstürze zu verursachen oder diese deutlich zu verschärfen, müsste der ETF-Anteil am Aktienmarkt deutlich höher liegen. Wie stark ihr Einfluss auf die unterlegten Vermögenswerte ist, muss sich erst noch zeigen.

Trotzdem enthalten ETF Risiken, die für den Kleinanleger vielleicht nicht sofort offensichtlich sind: "Sie können niemals liquider sein als die zugrunde gelegten Wertpapiere", schreibt Howard Marks von der Investmentgesellschaft Oaktree in einer Kunden-Memo. Und erinnert daran, dass diese Wertpapiere ziemlich illiquide werden können. Liquide, stellt er voran, sei ein Vermögenswert dann, wenn man ihn möglichst zum aktuellen Preis kaufen oder verkaufen kann. Insofern - das sollte man nicht vergessen - sind aktienbasierte ETF eben Investments an der Börse. Und damit den gleichen Marktrisiken ausgesetzt.

© SZ vom 13.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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