Geert Wilders bei Pegida:Wohin mit der Wut?

  • Der von Pegida erhoffte Zulauf durch die Rede des Rechtspopulisten Geert Wilders blieb aus.
  • Die jüngste Kundgebung in Dresden zeigt die inhaltliche Schwäche der Bewegung. Das einzige, was die Pegida-Anhänger eint, ist Wut und die Abgrenzung gegen angebliche Bedrohungen von außen.
  • Auch die Pegida-Kandidatin für das Dresdner Oberbürgermeisteramt, Tatjana Festerling, klagt nur über Verschwörungen, ohne inhaltliches zur Zukunft der Stadt beizutragen.

Analyse von Hannah Beitzer, Dresden

Pegida verkauft jetzt auch T-Shirts und Tassen, ein kleiner Stand mit Fanartikeln ist aufgebaut am Rande der Dresdner Flutrinne, einer Wiese in der Nähe der Altstadt, auf der die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes einen hohen Gast empfangen. Der niederländische Rechtspopulist Geert Wilders soll kommen, 30 000 Demonstranten erhofften sich die Veranstalter um Lutz Bachmann. Eine solche Erfolgsmeldung hätten sie dringend nötig. Denn zuletzt kamen nur noch einige Tausend Menschen zu ihren Demonstrationen, die Presse, die die neue Bewegung wochenlang belagerte, verlor schon lange das Interesse.

So ganz klappt das allerdings nicht mit der ersehnten Auferstehung. Von etwa 10 000 Menschen sprechen erste Schätzungen, die Demonstranten tragen eine inzwischen wohlbekannte Mischung aus Fahnen und Plakaten: Deutschlandflagge. Plakat mit "Islam heißt Unterwerfung". Russlandflagge. Plakat mit "Stoppt die Hetze gegen Putin!". Sogenannte Stauffenberg-Flagge. Plakat mit "Lügenpresse!" Und dazwischen ein paar Schilder, die verkünden, dass ihre betagten Träger aus dem Schönfelder Hochland kommen.

Vor ihnen spricht nun also Geert Wilders, direkt vom Flughafen ist er in die Flutrinne gekommen. Er lobt die Dresdner Demonstranten. "Bei schlechtem Wetter, bei gutem Wetter, bei strömendem Regen, bei stürmischem Wind - Ihr wart immer da. In meinen Augen seid ihr alle Helden." Helden seien die Pegida-Anhänger, weil sie für die Freiheit kämpften, für die Freiheit, die von Islamismus bedroht ist. "Nicht alle Muslime sind Terroristen. Aber die meisten Terroristen sind Muslime", sagt Wilders. Natürlich seien Ausländer willkommen, wenn sie sich integrieren. Und natürlich müsse Europa Kriegsflüchtlinge aufnehmen. Aber nur die echten natürlich, nicht die Schmarotzer, die Illegalen und Terroristen, diejenigen, die die "Scharia über unsere Gesetze stellen".

"Frau Merkel, die Mehrheit ihres Volkes ist der Meinung, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört", ruft er in die Menge, teilt auch gegen Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich aus, der die Dresdner vor ihm gewarnt hat. Wilders sagt zwar: "Wir hassen niemanden." Doch das will nicht so recht passen zum lauten "Volksverräter"- und "Lügenpresse"-Gebrüll, das seine Rede immer wieder unterbricht. Aus dem spricht nämlich eine Menge Hass.

Das einzige, was funktioniert, ist Abgrenzung

Für kurze Irritation sorgt, dass Wilders die Demonstranten aufruft, sich ein Beispiel an Israel zu nehmen, das sich auch nicht vom Islam überrollen lasse. Denn hier in Dresden tragen einige Demonstranten Plakate, auf denen Schlagworte des modernen Antisemitismus stehen, der sich häufig als Kapitalismuskritik tarnt. Zum Beispiel mit der bedeutungsvollen Erwähnung der jüdischen Bankiersfamilie Rothschild.

Nach 25 Minuten ist es vorbei, der Niederländer düst wieder ab in seine Heimat, wo er in Wahlen längst keine Erfolge mehr erzielt. Zurück lässt er 10 000 Menschen, die - so wird es im Laufe der Veranstaltung immer deutlicher - sich zwar ganz gut dabei fühlen, einem wie Wilders zu applaudieren. Denen es an einer echten politischen Perspektive, an einer Idee, aber mangelt. Das einzige, was da immer funktioniert, ist Abgrenzung.

Lutz Bachmann etwa behauptet auf der Bühne zwar trotzig: "Die Berichterstattung interessiert uns einen feuchten Furz." Verbringt aber doch seine gesamte Redezeit damit, über die Medien zu schimpfen. Pegidas Kandidatin für das Dresdner Bürgermeisteramt, Tatjana Festerling, klagt zwar ausführlich darüber, dass sich die anderen Parteien gegen sie verschworen haben, über "Gemauschel" und Amtsmissbrauch. Aber was sie tatsächlich vorhätte mit der Stadt, deren Bürgermeisterin sie im Namen von Pegida werden möchte, das wird nicht klar.

"Es ist eine Lust, zornig zu sein", brüllt der rechte Publizist Götz Kubitschek in seiner Rede in die Menge. Besser lässt sich das, was Pegida zusammenhält, kaum beschreiben. Außer dieser Lust hat die Bewegung aber nichts zu bieten.

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