Werk der Wahl:Eine Öse macht sich wichtig

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Rupert Keim sympathisiert mit Konrad Klaphecks ironischem Gestus und dessen Bild "Der Angeber"

Protokoll von Susanne Hermanski

Ich bin kein Kunstgeschichtler, ich bin Jurist. Der Kunst nähere ich mich eher auf der emotionalen Ebene an. Und dem Humor von Konrad Klapheck fühle ich mich besonders nah; ich liebe dessen feine Ironie. Eines seiner Gemälde, das in der Pinakothek der Moderne hängt, erscheint mir als Sinnbild für vieles im aktuellen Kunstmarkt: "Der Angeber" aus dem Jahr 1965.

Klapheck, der vor wenigen Wochen 80 Jahre alt geworden ist, bildet darauf eine Nähmaschinen-Öse ab. Das Bild ist 100 mal 80 Zentimeter groß, und dieser eigentlich kleine Alltagsgegenstand hat darauf jede Menge Platz, sich wichtig zu machen. Überhaupt kann der Betrachter gar nicht anders, als in jenem aufgeblähten Metallteil einer Maschine einen Menschen zu erkennen.

Mit ausgreifenden Armen scheint dieses Nähmaschinen-Stück nach Aufmerksamkeit zu heischen. Es fuchtelt eindrucksvoll, hält einen Faden, der noch nicht einmal rot ist, steht lediglich auf einem Fuß, hat einen viel zu großen Kopf - und trotzdem geschieht im Grunde bei diesem Balanceakt nicht viel. Das alles ist nur eine große Geste. Dass Klapheck dieses Ding auch noch mit einem Lichtstrahl adelt, der es fast verherrlicht, mindestens verklärt, macht es nur noch offensichtlicher: Hier bekommt etwas ein Gewicht, das es eigentlich gar nicht verdient.

Der Kunsthandel und das Auktionswesen neigen genau zum selben Mechanismus. Trotzdem offenbarte diese Tatsache mir ausgerechnet ein Stück Kunst. Vielleicht habe ich mich deshalb vor zwölf Jahren darauf eingelassen und gefreut, den Handel mit Kunst zu meiner Profession zu machen. Eigentlich bin ich Rechtsanwalt und auf Urheberrecht spezialisiert.

Es gibt Parallelen in beiden Welten. Zum Beispiel existieren meiner Ansicht nach zwei Typen von Rechtsanwälten: die Verhandler und die Überzeuger, die Ruhigen und die Lauten. Man wird den Verdacht nicht los, dass es den einen mehr um die Sache, den anderen mehr um sich selbst geht. Bei Kunstsammlern verhält sich das ähnlich. Während die einen still verhandeln, bedeutet den anderen der Kunstkauf vor allem eines: die Kunst der Selbstdarstellung.

Wer Konrad Klapheck sammelt, tut dies, weil er Ironie liebt. Und weil er eigensinnige Köpfe schätzt. Denn Klapheck ist nie mit dem Mainstream geschwommen, als alle abstrakt malten, arbeitete er figurativ. In den frühen sechziger Jahren, als "Der Angeber" entstand, war er mit seiner Kunst fast allein. Erst als Andy Warhol und die Pop Art am Horizont aufzogen, waren die Ästhetik von Alltagsgegenständen und die Gegenständlichkeit in der Malerei plötzlich en vogue. Der Maler Klapheck ist sich immer treu geblieben. Und ich werde es ihm wohl auch bleiben. Schließlich hält er uns so wunderbar den Spiegel vor.

Pinakothek der Moderne, Barer Straße 40, täglich außer Mo 10 - 18, Do 10 - 20 Uhr, jeden Mittwoch "Allianz Tag" bei freiem Eintritt; Mehr Klapheck gibt es bis 17. Mai zu sehen im Kunstfoyer der Versicherungskammer, Maximilianstr. 53, Täglich 9 - 19 Uhr

© SZ vom 15.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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