Große Koalition:Private Daten werden wieder gespeichert

Anti-Doping-Gesetz

Gemeinsam für die Vorratsdatenspeicherung: Justizminister Heiko Maas (rechts) und Innenminister Thomas de Maizière.

(Foto: dpa)
  • Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) haben sich auf einen Kompromiss zur Vorratsdatenspeicherung verständigt. Ein Gesetzentwurf soll bald folgen.
  • Telefon- und Internetdaten zur Verbrechensbekämpfung sollen künftig generell für zehn Wochen gespeichert werden. E-Mails sind ausgenommen.
  • Unter Datenschützern ist die Vorratsdatenspeicherung umstritten. Der Europäische Gerichtshof hatte im vergangenen Jahr die entsprechende EU-Richtlinie gekippt.

Von Paul Munzinger und Oliver Das Gupta

Die umstrittene Vorratsdatenspeicherung kommt wieder. Nach monatelangem Streit haben sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) auf einen Kompromiss zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung verständigt. Das teilten die beiden Politiker getrennt voneinander auf zwei Pressekonferenzen in Berlin mit.

Die Einigung sieht vor, dass Telefon- und Internetdaten zur Verbrechensbekämpfung künftig generell für zehn Wochen gespeichert werden. Innenminister de Maizière betonte, dass nur Verbindungsdaten, aber keine Inhalte gespeichert werden sollen. Die Standortdaten bei Handygesprächen sollen Maas zufolge für vier Wochen gespeichert werden.

E-Mail-Daten sollen nicht gespeichert werden, auch nicht die dazugehörigen IP-Adressen, sagte Maas vor Journalisten in Berlin. Der Justizminister sprach von einer "Ausgewogenheit des Gesetzes".

Nach der Einigung soll "zügig" ein Gesetzentwurf folgen

Sozialdemokrat Maas hob hervor, dass er und Christdemokrat de Maizière "in die gleiche Richtung" gingen. Die Verhandlungen mit dem Innenminister seien "außerordentlich konstruktiv in den letzten Wochen" gewesen. Alle Details seien geklärt worden. Nun soll "zügig" ein entsprechender Gesetzentwurf vorgelegt werden, dem der Bundesrat nicht zustimmen muss.

Innenminister de Maizière bedankte sich "beim Kollegen Maas" für die Gespräche, die "fair und geräuschlos" abgelaufen seien. Beide Seiten hätten Abstriche machen müssen, aber "das Ergebnis kann sich sehen lassen".

Innenminister de Maizière betonte, dass nicht der Staat speichere, sondern die Unternehmen. Zugriff hätten die Behörden erst nach der Entscheidung eines unabhängigen Richters.

De Maizière hofft auf "fundamentale Verbesserung der Strafverfolgung"

Die Einigung ermögliche eine "fundamentale Verbesserung der Strafverfolgung", sagte der Innenminister. Dabei gehe es nicht nur um die Bekämpfung von Terrorismus und die Ahndung von Sexualdelikten, sondern auch um organisierte Kriminalität.

Die Bundesregierung will die Vorratsdatenspeicherung zur Bekämpfung von Verbrechen und Terrorismus nutzen. Unter Datenschützern, aber auch innerhalb der SPD ist sie umstritten. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte im vergangenen Jahr die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung für nichtig erklärt.

Das Urteil ließ kaum Spielraum für eine Neuauflage der anlasslosen Speicherpflicht von Verbindungsdaten. Seitdem versuchte die Regierung eine Lösung zu finden, die sich innerhalb dieses Rahmens bewegt. Auf die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung hatten sich die Parteien im Koalitionsvertrag verständigt. Innenminister de Maizière betonte, dass der aktuelle Kompromiss die Vorgaben der Gerichte einhalten werde.

Bereits 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die drei Jahre zuvor in Deutschland eingeführte Vorratsdatenspeicherung gekippt.

Nach den Anschlägen von Paris wurde wieder heftig diskutiert

Insbesondere nach den Anschlägen auf die Satirezeitschrift Charlie Hebdo und einen koscheren Supermarkt in Paris im Januar war in Deutschland wieder heftig darüber diskutiert worden, ob derartige Anschläge durch die Vorratsdatenspeicherung hätten verhindert werden können. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte sich anschließend ebenso für die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen wie de Maizière und Vizekanzler Sigmar Gabriel. Der SPD-Vorsitzende sorgte mit seiner Argumentation für Irritationen. "Hätten wir das bereits zum Zeitpunkt der ersten NSU-Morde gehabt, hätten wir weitere vermutlich verhindern können", sagte Gabriel.

Die Grünen geißelten den von Maas und de Maizière präsentierten Kompromiss als "beispiellosen Angriff auf unsere Grundrechte". Vizefraktionsvorsitzender Konstantin von Notz und die rechtspolitische Sprecherin Katja Keul nannten die Einigung einen "durchsichtigen Versuch einer Umetikettierung". Auch die Speicherfristen änderten nichts daran, dass nun "eine anlasslose Massenüberwachung der Telekommunikationsverkehrsdaten aller Bundesbürger" komme. Justizminister Maas sei nach wenigen Tagen umgekippt, behaupten die Grünen.

Innenminister de Maizière hatte bei seiner Pressekonferenz noch die Hoffnung geäußert, dass nun ein jahrelanger Streit und eine erbitterte Debatte beendet und befriedet werden könnte. Er hoffe auf die "breite Unterstützung der Bevölkerung".

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