Wirtschaft:Enttäuscht von der Politik

Lesezeit: 1 min

Zukunft: Windenergieanlagen sind als genossenschaftliche Neuinvestition besonders beliebt. (Foto: Julian Stratenschulte/dpa)

Energiegenossenschaften fordern bessere Planungssicherheit

Von Ralf Scharnitzky, München

Bayerns Energiegenossenschaften sind verärgert und verunsichert über die Politik der Staatsregierung. Mit Sorge beobachtet der Genossenschaftsverband Bayern (GVB), dass sich "der politische Fokus bei der Energiewende verschiebt", sagte Vorstandsmitglied Alexander Büchel am Mittwoch in München. Er verlangte, in der Vergangenheit getroffene politische Zusagen einzuhalten: "Genossenschaften müssen eine Chance erhalten, sich bewähren zu können."

In Bayern steht nach Aussagen Büchels nicht mehr die Frage im Vordergrund, wie erneuerbare Energieanlagen optimal gefördert und ausgebaut werden können. Vielmehr gehe es jetzt darum, wie sich der Zuwachs an erneuerbaren Energien in den Strommarkt integrieren lässt. Büchel forderte von der Politik Planungssicherheit, damit die Genossenschaften dauerhaft zu einer funktionierenden Energieversorgung im Freistaat beitragen können. "In der Vergangenheit getroffene politische Zusagen, auf deren Basis Investitionsentscheidungen getroffen wurden, müssen eingehalten werden", forderte das GVB-Vorstandsmitglied. Die Energiewende kann nach seiner Meinung nur gelingen, "wenn sie von der Gesellschaft in der Breite mitgetragen und folglich dezentral ausgerichtet wird".

Die 255 Energiegenossenschaften im Freistaat blicken auf eine insgesamt solide Geschäftsentwicklung im Jahr 2014 zurück. Die Umsätze stiegen um 1,9 Prozent auf 454 Millionen Euro. Mit rund 31 000 Mitgliedern sind die Energiegenossenschaften bayernweit der bedeutendste Akteur einer von den Bürgern getragenen und dezentralen Energiewende.

Von ebenfalls zentraler Bedeutung im Freistaat sind die 163 Milchgenossenschaften - sie setzen jährlich mehr als drei Milliarden Euro um. Für die Milchbauern bieten sich nach Einschätzung des Genossenschaftsverbandes durch die Abschaffung der Milchquote neue Möglichkeiten. "Die Zukunftschancen für den Milchmarkt sind grundsätzlich positiv", sagte Vorstandsmitglied Büchel. Weltweit nehme der Bedarf an Milch und Milchprodukten zu - und die heimischen Betriebe mischen dabei kräftig mit: Im vergangenen Jahr wurden Milcherzeugnisse aus Bayern im Wert von 1,3 Milliarden Euro exportiert. "Dem Russland-Embargo zum Trotz gewinnt der Export in Drittländer außerhalb der EU auch für die genossenschaftliche Milchwirtschaft weiter an Bedeutung", sagte Büchel.

Die 1013 bayerischen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften haben im Jahr 2014 eine insgesamt solide Geschäftsentwicklung verzeichnet. Der Umsatz wurde um 2,7 Prozent auf 12,19 Milliarden Euro gesteigert. Mit rund 18 000 Mitarbeitern und 677 000 Mitgliedern sind Genossenschaften in nahezu allen wichtigen Branchen wie Warengeschäft, Handwerk, Handel, Gesundheitswesen oder Energie vertreten. Büchel: "Damit tragen die Genossenschaften wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung in allen Regionen des Freistaats bei."

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: