Vorratsdatenspeicherung:Private Daten werden wieder gespeichert

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Die Regierung will die Konzerne verpflichten, Telefon- und Internetverbindungsdaten zehn Wochen lang festzuhalten. Die Opposition hält das für ein "Überwachungsmonster".

Von Robert Roßmann, Berlin

Die Bundesregierung hat ihren jahrelangen Streit über die Vorratsdatenspeicherung beigelegt. Justizminister Heiko Maas (SPD) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) verständigten sich auf "Leitlinien" für ein neues Gesetz. Maas, dessen Ressort federführend ist, präsentierte am Mittwoch die Details. Demnach müssen Telekommunikationsunternehmen künftig die Telefon- und Internetverbindungsdaten der Bürger zehn Wochen lang speichern. Dazu gehören die Rufnummern der beteiligten Anschlüsse, Zeitpunkt und Dauer der Anrufe, sowie die IP-Adressen von Computern. Für die Standortdaten, die bei Handy-Gesprächen anfallen, ist eine verkürzte Speicherfrist von vier Wochen vorgesehen. Der E-Mail-Verkehr soll von der Vorratsdatenspeicherung ganz ausgenommen werden. Auch die aufgerufenen Internetseiten müssen nicht dokumentiert werden. Für die Vorratsdatenspeicherung (VDS) ist kein Anlass notwendig, sie trifft also alle Bürger und läuft ständig. Sie erfasst allerdings nur die sogenannten Verbindungsdaten, der Inhalt der Kommunikation wird nicht gespeichert.

Im Jahr 2007 hatte die damalige große Koalition bereits ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Dieses wurde 2010 vom Bundesverfassungsgericht als grundgesetzwidrig verworfen. Im April 2014 kippte der Europäische Gerichtshof dann auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung.

Maas und de Maizière verständigten sich damals darauf, die Neufassung der EU-Richtlinie abzuwarten, bevor ein weiterer deutscher Gesetzentwurf vorgelegt wird. Dies wurde als Erfolg des Justizministers gewertet, da damit die Arbeit an einem deutschen Gesetz zunächst bis auf unbestimmte Zeit gestoppt war.

De Maizière fordert seit Langem die Einführung der VDS, Maas hat sich bisher immer dagegen ausgesprochen. Noch im Dezember hatte er der Süddeutschen Zeitung gesagt, er lehne die anlasslose Vorratsdatenspeicherung "ganz entschieden ab". Sie verstoße "gegen das Recht auf Privatheit und gegen den Datenschutz".

Als sich abzeichnete, dass die EU-Kommission entgegen ersten Plänen doch keine Richtlinie mehr präsentieren wird, begannen Maas und de Maizière wieder über ein deutsches Gesetz zu verhandeln. Die Lage war für Maas auch deshalb nicht einfach, weil sich SPD-Chef Sigmar Gabriel und viele Landesinnenminister der SPD für die VDS aussprachen. Maas versuchte am Mittwoch, die Einigung mit de Maizière trotzdem als Erfolg zu präsentieren. Er verwies darauf, dass die Speicherfristen jetzt deutlich kürzer seien als im ursprünglichen Gesetz und in der EU-Richtlinie. Diese hatten noch sechs Monate beziehungsweise zwei Jahre vorgesehen.

Die Opposition kritisierte den Kompromiss dagegen vehement. Die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die in ihrer Zeit als Justizministerin die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung verhindert hatte, sagte, die Regierung "verschachert die Privatsphäre der Bürger". Die VDS ist und bleibe "ein Überwachungsmonster". Grünen-Chef Cem Özdemir warf Maas vor, eingeknickt zu sein, und sprach von einem "bitteren, schwarz-roten Tag für unsere Grundrechte".

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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