Munich Cowboys:Gefährliche Mischung

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Was für ein Name: Timothy Love Breaker, 24, kam als Abwehr-Rückraumspieler von den Kiel Baltic Hurricanes. Jetzt ist er erst mal Quarterback. (Foto: oh)

Der Football-Erstligist startet am Wochenende gegen Stuttgart in die Saison - und ins Ungewisse: Der neue Quarterback wird drei Spiele lang fehlen, das Trainerteam wurde ausgetauscht, der Etat ist aber hoch wie nie.

Von Christoph Leischwitz, München

Die Cowboys sitzen dicht gedrängt am Konferenztisch, es gibt viele Neue vorzustellen. Denauld Brown, der Chefcoach, ist wegen der Enge mit seinem Stuhl ein Stück nach hinten gerückt, doch er überragt trotzdem alle anderen um einen halben Kopf. Der 39-Jährige hat eine tiefe, aber freundliche Stimme, er spricht sehr schnell und sagt Sätze wie: "Niemand spielt Football, um zu verlieren." Brown wirkt selbstbewusst, doch er kann noch nicht viel sagen. Natürlich würde er mit den Munich Cowboys die Südstaffel in der Football-Bundesliga gerne gewinnen. Aber im Moment weiß niemand im Verein, wie viele Siege überhaupt realistisch sind. Etwas besser wird er seine Mannschaft aber schon am Samstagabend einschätzen können, wenn sie gegen die Stuttgart Scorpions in die Saison gestartet ist. Das Spiel im Dantestadion beginnt um 16 Uhr.

"Wir haben ja letztes Jahr schon damit begonnen, den ganzen Verein umzustrukturieren", sagt Präsident Werner Maier. Er meint damit auch die Jugend und die Cowboys Ladies, aber das Männerteam ist und bleibt freilich das Flaggschiff. Das in der vergangenen Saison zwar die prestigeträchtigen Playoffs erreichte, danach aber den kompletten Trainerstab verlor - teils freiwillig, teils nicht.

Die drei US-Amerikaner, die jetzt rechts neben Maier sitzen, sind auf jeden Fall die Hauptverantwortlichen dafür, dass der sportliche Umbruch so reibungslos wie möglich verläuft. Denauld Brown kam zwar von einem Zweitligisten, den Bielefeld Bulldogs, doch er gehörte als Spieler unter anderem dem Kader der Seattle Seahawks oder dem World-Bowl-Sieger Frankfurt Galaxy an. Als Trainer machte er Praktika bei mehreren NFL-Klubs und war Co-Trainer an der New Yorker Columbia University, dort verantwortlich für die Defensive, die er auch zusätzlich zum Cheftrainerposten bei den Cowboys übernimmt. Neben ihm sitzt Mike Newton, ein bereits recht erfahrener College-Trainer, der für die Offensive verantwortlich sein wird und einen klaren Plan in der Tasche hat. Kurz gesagt: Für ein deutsches Bundesliga-Team hat er den Angriff mit vielen unterschiedlichen Spielzügen versehen, mit vielen verschiedenen Passempfängern gleichzeitig auf dem Feld, um die gegnerische Abwehr auseinanderzureißen. Und dem eigenen Quarterback die Chance zu geben, selbst mit dem Ball zu laufen.

Das kann der neue Quarterback der Munich Cowboys auch ganz gut, denn Ward Udinski wurde von Mike Newton persönlich ausgesucht. "Er hat alle Pass-Rekorde in seiner Liga gebrochen", schwärmt Newton. Man kennt sich vom Juniata College im US-Bundesstaat Pennsylvania, die Last des riskanten Newtonschen Spielsystems lag schon dort auf seinen Schultern.

Nur: Udinski ist noch gar nicht da, er studiert noch bis zum 16. Mai und verpasst deshalb die ersten drei Ligaspiele der Cowboys. Neben dem Trainer sitzt dafür Timothy Love Breaker. Der 24-Jährige kam eigentlich als Abwehr-Rückraumspieler von den Kiel Baltic Hurricanes, doch er wird in den ersten Partien Udinski ersetzen. "Ich habe das System jetzt nicht zu 100 Prozent verinnerlicht", sagt er, aber es werde freilich immer besser. Breaker steht stellvertretend für das gesamte Spiel der Cowboys in dieser Saison: Potenzial ist vorhanden, aber bislang kann niemand sagen, ob die Mischung stimmt.

Immerhin, es sind erfahrene US-Amerikaner, die man holen konnte. "Wir haben die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen erheblich verbessert", sagt Präsident Maier, das Budget liege nun etwas über den angepeilten 175 000 Euro. Es gebe neue Kooperationspartner, vielleicht auch bald noch einen neuen Hauptsponsor. Er sagt das mit Stolz in der Stimme und schickt nach: "Wir sind in unseren Planungen ja immer sehr konservativ." Damit verteilt er gleich mehrere Seitenhiebe auf einmal. Zum einen will sich Maier gegen Gerüchte in einschlägigen Foren wehren, wonach die Cowboys kein Geld mehr hätten und deshalb vergangenes Jahr so viele gute Spieler gegangen seien. Jetzt hat Maier es geschafft, viele neue Spieler zu holen.

Doch es wird auch auf die Neulinge ankommen, um die Zweifler zum Verstummen zu bringen und das aufwendige Jugendkonzept langfristig zu rechtfertigen. Auf Typen wie den Ballträger Florian Eichinger, der im vergangenen Jahr "richtig eingeschlagen" hat, wie Maier sagt. Der aber eben auch erst seit einem Jahr Football spielt. Heuer gilt die ganze Liga als ziemlich unberechenbar, denn selten war die Winterpause so stark von Spieler-, Trainertransfers und Improvisationen geprägt wie diesmal. Die Cowboys liegen diesbezüglich einfach voll im Trend.

© SZ vom 16.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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