Nullnummer zwischen Hertha und Köln -:Bloß weg das Ding

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Bereits zum achten Mal in dieser Saison endet ein Spiel mit Kölner Beteiligung 0:0 - ein dubioser Bundesliga-Rekord nach einer schwachen Partie.

Von Nico Fried, Berlin

Per Skjelbred, Mittelfeldspieler bei Hertha BSC, erzählte nach dem Spiel gegen den 1. FC Köln, was er vorher schon geahnt habe: "Das ist so ein Spiel, wer da das erste Tor schießt, der gewinnt." Daraus ergeben sich in der Regel zwei Möglichkeiten: Entweder man versucht, dieses erste Tor zu schießen. Oder man setzt alles daran, es zu verhindern. Skjelbred wählte Möglichkeit eins. Doch er stand mit diesem Bemühen ziemlich alleine da - zum einen in der 30. Minute, als er nur noch den Kölner Torhüter vor sich hatte, den Ball aber nicht nur an Timo Horn, sondern auch an dessen Tor vorbei schob; zum anderen aufs ganze Spiel gesehen. Mitspieler mit wirklichem Vorwärtsdrang waren im Berliner Olympiastadion in etwa so schwer zu finden wie Säbelzahntiger in den Wäldern von Skjelbreds norwegischer Heimat.

Was aber will man mehr erwarten von zwei Teams, deren Stärken eindeutig in der Defensive liegen? Die Kölner mauern sich schon die ganze Saison von Spiel zu Spiel, nur fünf Mannschaften haben weniger Tore kassiert als sie (35). Und auch die Hertha legt, jedenfalls seit Pal Dardai Trainer ist, großen Wert auf eine stabile Hintermannschaft. In nunmehr zehn Spielen hat im Tor der Berliner nur siebenmal das Netz gezittert. "Ich denke, man hat gemerkt, dass beide mit diesem Ergebnis gut leben können", resümierte Timo Horn nach dem 0:0. Dem war nicht zu widersprechen. Berliner wie Kölner wollen die für den Klassenerhalt nötigen Punkte offenbar nicht auf einen Schlag einholen, sondern lieber einzeln sammeln. Den Kölnern gelang das nun schon zum achten Mal in dieser Saison mit einem 0:0 - ein etwas dubioser Bundesliga-Rekord.

Zögerliche, fast ängstliche Gastgeber

Vor allem die Berliner gingen die Sache vor 51.000 Zuschauern eher gemächlich an. Dreieinhalb Minuten dauerte es nach dem Anstoß allein schon, bis erstmals ein Herthaner den Ball in der gegnerischen Hälfte unter Kontrolle bekam. Zögerlich, fast ängstlich stöpselten die Hausherren das runde Ding nach vorne durch, meistens ziel- und immer ergebnislos. Die Kölner wirkten genau so unentschlossen, versuchten sich vor allem über links und mit Yuya Osako in Richtung Tor zu bewegen, kamen aber über den Versuch auch nicht hinaus. "Wir wollten hinten nichts riskieren, aber vorne trotzdem auf ein Tor spielen", bemühte Timo Horn eine Erklärung. Genau so hätte er sagen können, dass man gleichzeitig kauen und pfeifen wollte.

Während die Kölner hinten nichts riskierten, unterbrachen die Herthaner ihren gemütlichen Samstag-Nachmittag nur im Viertelstundentakt. In der 15. Minute wuselte zunächst Nico Schulz in den Strafraum, verlor den Ball aber ebenso im Unterholz der Kölner Abwehrbeine wie Sekunden später sein Sturmkollege Salomon Kalou. Sebastian Langkamp hatte dann mit einem Kopfball aus halbrechter Position die erste Chance, ehe sich die Berliner wieder in die eigene Hälfte zurückzogen - offenkundig waren sie vor ihrem eigenen Aktionismus erschrocken. Erst eine weitere Viertelstunde später hatte dann Skjelbred seine Chance.

Erfreuliche Neuigkeiten - aus den anderen Stadien

Für die restlichen 15 Minuten bis zur Pause verabschiedete sich die Hertha aber wieder aus der Offensive, blieb vorne ungefährlich und hinten ungefährdet, weil der Kölner Kapitän Miso Brecko neben das Tor schoss, sein Kollege Dominic Maroh darüber hinweg köpfte und Schiedsrichter Knut Kircher einen glasklaren Elfmeter für die Gäste (Maroh wurde von Skjelbred schwer gezogen) nicht ahndete.

Die zweiten 45 Minuten gestalteten sich etwas abwechslungsreicher - allerdings nur, weil von den anderen Plätzen die Tore gemeldet wurden, die Berlinern wie Kölnern im Abstiegskampf gelegen kamen. Salomon Kalou, Stürmer in Diensten der Hertha, tauchte, großzügig gerechnet, dreimal in aussichtsreicher Position im Kölner Strafraum auf, behandelte den Ball aber jedes Mal, als wolle er ihm nicht wehtun. Die einzigen Pässe, aus denen sich die Kölner Chancen zu erlaufen trachteten, waren die Rückpässe der Berliner Abwehrspieler zu ihrem Torwart Thomas Kraft. Dass es trotzdem zu insgesamt 20 Eckbällen kam, acht für die Gastgeber, 12 für die Gäste, lag daran, dass in der Defensive auf beiden Seiten vor allem ein Prinzip beherzigt wurde: Bloß weg das Ding, egal wohin.

Seiner Mannschaft habe "die offensive Aggressivität gefehlt", erklärte Herthas Trainer Dardai nach dem Spiel. Und sein Kölner Kollege Peter Stöger räumte ein, man habe "schon bessere Spiele gesehen". Vielleicht war es auch andersrum. Aber das macht auch keinen Unterscheid mehr nach einem Spiel zweier so unterschiedslos schwacher Mannschaften.

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