Scheidender BVB-Trainer:Wohin mit Klopp?

Borussia Dortmund's coach Klopp reacts during their Champions League round of 16 first leg soccer match against Juventus at the Juventus stadium in Turin

Alle Welt glaubt, dass Jürgen Klopps nächster Arbeitgeber in England zu Hause ist. Die Frage ist nur: Wo in England?

(Foto: REUTERS)

Alle Welt glaubt, dass Jürgen Klopps nächster Arbeitgeber in England zu Hause ist. Der scheidende BVB-Trainer könnte dort hin passen. Nur Jobs gibt es dort derzeit so wenig wie in der Bundesliga.

Kommentar von Philipp Selldorf

Jürgen Klopp hat im Laufe seiner bald sieben Jahre in Dortmund so viel über Fußball geredet, dass keine Gelegenheit blieb, ihn auf ein paar sehr wesentliche Dinge anzusprechen. Zum Beispiel, was er von Gurkensandwiches hält und ob er eine Meinung zum Yorkshire-Pudding hat. Wichtige Fragen jetzt. Es ist zwar möglich, sich Klopp beim Fünf-Uhr-Tee und im Tweed-Anzug bei der Entenjagd vorzustellen, aber es ist keine sehr naheliegende Phantasie.

Trotzdem meint alle Welt nun annehmen zu dürfen, dass Klopps nächster Arbeitgeber in England zu Hause ist. Es herrscht die Auffassung, dass er als Trainer genau dorthin passt, auch in England findet man das plausibel und spekuliert schon über die potenziellen Adressen. Und keine Frage: Klopps Lehre vom sogenannten "Vollgasfußball" eignet sich für den Kampfsport in der Premier League.

Klopp weiß die Macht zu schätzen

Bisher gab es lediglich einen deutschen Trainer in der Premier League, Felix Magath blieb aber nur sieben Monate, und als ihn der mittlerweile zweitklassige FC Fulham vor die Tür setzte, wurde er nicht mit Komplimenten überschüttet wie jetzt sein Kollege in Dortmund. Paranoid, machtbesessen und arrogant sei Magath gewesen, hat der Evening Standard einen anonymen Insider zitiert.

All das wäre womöglich kein Problem gewesen, wenn nicht Magath einem verletzten Spieler geraten hätte, die Entzündung an seinem Knie mit Quark zu heilen. Daraufhin wurde er als schrulliger Scharlatan hingestellt, der allen Ernstes Käse für ein Apothekenmittel hält. Ein kulturelles Missverständnis. Obwohl Magath passionierter Teetrinker ist.

Auch Klopp weiß die Macht zu schätzen, er ist wie Magath ein Diktator, aber ein lässiger Diktator. Seine Coolness und seine Scherze wären in England vermutlich willkommen, die Frage ist allerdings: Wo in England?

Spanien und Italien? Nicht die richtigen Sphären

In Wahrheit brauchen weder der FC Arsenal noch Manchester United einen neuen Herrscher, der designierte Meister FC Chelsea sowieso nicht, denn da wird José Mourinho mit jedem Tag ein besserer Trainer (sagt zumindest José Mourinho), und ob der mit arabischem Geld synthetisierte Traditionsverein Manchester City das richtige Milieu für Klopp bietet, das darf man frech bezweifeln. Und Spanien oder Italien? Nicht die richtigen Sphären für ihn.

Nach der aktuellen Marktlage ist aber nicht nur in England, sondern auch in Deutschland derzeit kein Platz für den Coach, den so viele Klubs so gerne hätten. München, Leverkusen, Wolfsburg, Gladbach sind gut ausgestattet, Schalke ist aus ideologischen Gründen undenkbar, nicht mal der HSV hat eine Stelle zu vergeben, und dass Klopp in seiner Wahlheimat den ewigen Sanierungsfall Rot-Weiß Essen übernimmt, das bleibt leider eine romantische Illusion.

Klopp wird es leichter haben als der BVB

Klopp hat zwar wissen lassen, dass er sich fit fühlt, um die Arbeit fortzusetzen, aber es wird ihm nicht unrecht sein, wenn er noch etwas warten muss auf ein adäquates Angebot.

Es heißt, dass Klopp hohe Ansprüche an das Niveau des nächsten Engagements stellt, doch vermutlich wird es ihm leichter fallen, den nächsten Traumverein zu finden, als es seinem alten Traumverein gelingt, den nächsten Traumtrainer zu finden. Das Dortmunder Milieu ist jahrelang von Klopp geprägt und noch am Tag seiner Abschiedserklärung monumental ausgefüllt worden, damit muss sein Nachfolger umgehen können.

Schon kommende Woche will der BVB den nächsten Coach präsentieren, wie Klubchef Hans-Joachim Watzke ankündigte. Thomas Tuchel ist angeblich nicht der einzige Kandidat, aber sicherlich der Spitzenkandidat. Sein Intellekt und seine Unabhängigkeit ermöglichen ihm, ein eigenes Milieu im Klub zu schaffen.

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