Die Angreifer:Die Kunden erkennen

Personalausweis

Zur Identitätsprüfung musste man bisher persönlich erscheinen. Ein Start-up will das ändern.

(Foto: Peter Endig/dpa)

Die Firma ID Now macht der Post Konkurrenz. Das kleine Start-up stellt Identitäten fest - online. Nach Anfangsschwierigkeiten kommt das Geschäft in Gang.

Von Hanna Maier

In Nürnberg gibt es eines der am besten gesicherten Rechenzentren der Welt. Hier in diesem Hochsicherheitstrakt lagern auf Servern die Daten vieler Bankkunden. Doch es gibt nicht nur all diese blinkenden, superwichtigen Riesenserver, auch ein kleiner, unscheinbarer ist da zu finden. Das ist der Server von ID Now. Der Weg in dieses Rechenzentrum begann für die jungen Unternehmer aus München vor eineinhalb Jahren. Damals stand der Mitgründer Armin Bauer in einer Warteschlange vor der Post.

Wer in Deutschland Geldgeschäfte erledigen möchte, kann mittlerweile schon viel davon im Internet erledigen. Doch für die Feststellung der Identität ist noch immer das Postamt zuständig. Dort nimmt ein Angestellter die Personalien auf und versichert mittels Stempel, dass der Auftraggeber für Depot, Kontoeröffnung oder Kreditaufnahme der gleiche Mensch ist wie der auf seinem vorgezeigten Personalausweis.

Felix Haas, einer der Geschäftsführer bei ID Now, sagt, dass wegen dieser Post-Identifikation etwa die Hälfte aller Onlinekonto-Verträge nicht abgeschlossen wird. Den Menschen sei der Gang zur Post oft lästig. Außerdem passierten bei diesem Vorgang schon mal Tippfehler. Deshalb haben er und sein Team ein Unternehmen gegründet, das als verlängerter Arm der Banken die Identität der Kunden feststellt - und zwar online.

In einem Videogespräch wird der Personalausweis in die Web-Kamera gehalten, der sogenannte Video-Agent und der Kunde unterhalten sich, beispielsweise über das Alter und den Geburtsort. Wenn der Kunde vertrauenswürdig ist, erhält er einen Code auf sein Handy und gibt ihn in eine Maske ein. Damit ist er als Person und als Träger des passenden Personalausweises identifiziert. All das läuft über den kleinen, verschlüsselten Server im Nürnberger Hochsicherheitstrakt, und über ein kleines Dachgeschossbüro in München.

Statistiken zufolge nutzt jeder Fünfte in Deutschland wegen Sicherheitsbedenken überhaupt kein Online-Banking. Um hier Vertrauen zu schaffen, agieren die ID-Now-Mitarbeiter ganz akribisch. In abhörsicheren Räumen mit Zugangscode prüfen sie mittels Fangfragen und Fachwissen die Ausweise. Einmal haben sie dabei auch schon eine Betrügerin erwischt. Mit einer schlechten Fälschung - mit Tipp-Ex hatte die Dame den Namen auf ihrem Ausweis geändert.

Der Weg der Daten von ID Now zur Bank über jenen kleinen Server in Nürnberg ist wesentlich kürzer, als der über die Post. "Das Vertrauen unserer Kunden ist unser Kapital", sagt Felix Haas. Als Auftragsdatenverarbeiter ist das Unternehmen nur berechtigt, die Daten der Bankkunden zwischenzuspeichern, abzuschicken und dann umgehend wieder zu löschen.

Trotzdem: Als die jungen Unternehmer den Banken ihre Idee vorschlugen, waren die Meinungen zweigeteilt. Die Vertriebsabteilungen wollten ID Now am liebsten gleich am nächsten Tag einführen. Die Verluste durch die Trägheit der Kunden, die nicht zur Post gehen wollten, seien enorm, hieß es. Wer die Wahl zwischen dem Online-Angebot und dem Weg zur Post habe, wähle mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit einen Video-Agenten, meinten die Bankmitarbeiter.

Doch die Juristen der Finanzinstitute legten ein Veto ein. Solange die Bankenaufsichtsbehörde ein derartiges Produkt nicht genehmige, wollten sie kein Risiko eingehen.

Ein halbes Jahr lang dauerte es, bis das Team endlich eine kleine Bank fand, die sich auf ID Now einlassen wollte. Mit dem ersten Kunden war der Damm gebrochen. Im vergangenen November erhielt ID Now die rechtliche Duldung durch die Bankenaufsicht. Seitdem wächst das Start-up-Unternehmen um gut 30 Prozent monatlich, etwa 15 000 Menschen nutzen die Technologie derzeit. ID Now verdient pro Identifizierung so viel, wie die Banken und andere Finanzinstitute für das Postident-Verfahren ausgeben. Das sind sechs bis zehn Euro, identifiziert werden mehr als 1000 Kunden täglich.

Armin Bauer hat die Technologie dafür entwickelt, und er feilt weiter daran. Gerade meldet er das Patent für die erste massentaugliche elektronische Unterschrift an. Das würde bedeuten, dass nach der Identitätsfeststellung nicht mal mehr der Vertrag ausgedruckt, unterschrieben und abgeschickt werden muss. Mit einer Art Super-PDF-Datei könnte dann elektronisch sichergestellt werden, dass der Vertrag verifiziert und rechtsgültig ist.

Wenn das funktioniert, müsste niemand mehr für Vertragsabschlüsse in einer Post-Schlange stehen. Man müsste nicht einmal mehr zum Briefkasten laufen.

Die Digitalisierung hat die Finanzbranche voll erfasst, immer mehr Start-up-Unternehmen fordern die Banken heraus. In dieser Serie stellt die SZ die Angreifer vor.

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