Thomas Tuchel beim BVB:So einen braucht die Borussia

Thomas Tuchel

Traut sich den BVB nun zu: Trainer Thomas Tuchel.

(Foto: dpa)

Thomas Tuchel mag einen Hang zum Pedantischen haben, doch er ist der logische Trainer für Borussia Dortmund. Trotzdem werden sich beide Seiten erst einmal aneinander gewöhnen müssen.

Kommentar von Jonas Beckenkamp

Irgendwie hängt ja alles zusammen. Thomas Tuchel übernimmt im Sommer den Trainerposten von Jürgen Klopp in Dortmund - diese Personalie beschert der Branche die nächste krachende Neuigkeit, wobei die Dinge sich in diesem Fall nicht mehr ganz aus dem Nichts ergaben. Es hatte sich angebahnt, nachdem in Hamburg plötzlich Bruno Labbadia ins Bild geschoben und Klopp amtsmüde wurde. Tuchel und der BVB, das ist in der derzeitigen Situation eine logische Verbindung.

Der Mann, der in der Liga den "Matchplan" etablierte, der das Tüftlertum im Lebenslauf stehen hat, der von vielen als eine Art schwäbischer Pep Guardiola gesehen wird, hat sich lange bitten lassen. Sein Sabbatical zog er konsequent durch, bei RB Leipzig und beim HSV sagte er konsequent ab, dafür in Dortmund nach einiger Überlegung zu. Tuchel wählte von allen ihm angebotenen Stellen schließlich diejenige, die ihm am meisten Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Die Schwatzhaftigkeit im Hamburger Umfeld, wo Verhandlungsdetails immer wieder an die Öffentlichkeit gelangten, ließ den 41-Jährigen zu Recht zweifeln - und für einen Verein, der möglicherweise bald zweitklassig spielt (wie auch Leipzig), sind Tuchels Ansprüche zu hoch.

Für seine Vorstellungen von Fußball, seine Vision einer ganzheitlich erfolgreichen Elf, ist daher Dortmund die passendere Wahl. Tuchel mag einen Hang zum Pedantischen haben, er mag ein Guru sein, aber er ist auch ein Trainerprofi der Moderne. Er fordert viel, er triezt seine Spieler, er will taktisch so flexibel spielen lassen wie es sonst nur ein gewisser Katalane in München tut. Und so einen brauchen sie bei der Borussia, wo unter Jürgen Klopp zuletzt die Ideen für eine Fortentwicklung der Mannschaft versickert sind.

Zwar werden sich beide erst aneinander gewöhnen müssen: Hier der grübelnde Analyst Tuchel, den auch manche Selbstzweifel plagen - der sich bis vor einer Woche den BVB schlicht nicht zugetraut hat. Auf der anderen Seite die "Echte Liebe"-Herzenswelt des BVB, die bislang komplett auf Vorgänger Klopp geeicht war. In der Vita des Trainers Tuchel stehen neben seinem ideenreichen Wirken in Mainz noch keine Großtaten von Titelrang, bis in guardiolische Erfolgs-Sphären ist es für ihn noch ein weiter Weg.

Dieser könnte in Dortmund beginnen, wo trotz aller Kalamitäten dieser Katastrophensaison ja nicht alle das Fußballspielen verlernt haben können. Sollte die Liga doch eines schönen Frühlingstages wieder ein wenig ihr Zen finden, könnte von dem ganzen Trubel sogar die Erkenntnis bleiben: Der BVB hat mit Tuchel den besten Schnitt gemacht. Und Tuchel mit dem BVB. Es hängt ja alles zusammen.

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