Sondergipfel zu Flüchtlingen:EU will sich auf Zehn-Punkte-Plan beschränken

  • Das Ergebnis des Sondergipfels an diesem Donnerstag wird sich vermutlich eng an dem zuvor veröffentlichten Zehn-Punkte-Plan orientieren.
  • Aus dem Beschluss-Entwurf für den Sondergipfel, der der Süddeutschen Zeitung vorliegt, geht hervor, dass die EU für die EU-Grenzschutzmission "Triton" die Finanzmittel verdoppeln will.
  • Eine Rückkehr zur Seenotrettungsoperation "Mare Nostrum" ist nicht vorgesehen.
  • Auch die Zahl der anerkannten Flüchtlinge, die auf die EU-Staaten verteilt werden sollen, wird weiterhin mit 5000 angegeben.
  • Im Kampf gegen Schleuser soll die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini beauftragt werden, eine mögliche EU-Mission im Einklang mit internationalem Recht vorzubereiten.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Die Europäische Union will als Antwort auf die Flüchtlingskatastrophe im Mittelmeer die Finanzmittel für die EU-Grenzschutzmission Triton in den Jahren 2015 und 2016 "mindestens verdoppeln". Das geht aus dem Entwurf des Beschlusses vor, der für das Sondergipfeltreffen an diesem Donnerstag in Brüssel vorbereitet wurde und der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Bislang stehen für die Mission drei Millionen Euro im Monat zur Verfügung. Auch die Zahl der zur Verfügung gestellten Schiffe und Fluggeräte soll erhöht werden.

"Die Situation im Mittelmeer ist eine Tragödie", heißt es im Entwurf des Gipfelbeschlusses. "Die Europäische Union wird alle Mittel mobilisieren, die ihr zur Verfügung stehen, um den Verlust weiterer Menschenleben auf See zu verhindern", wird zugesagt. Auch die Ursachen der Krise sollten angepackt werden, wobei mit den Herkunfts- und Transitländern der Flüchtlinge zusammengearbeitet werden solle.

Einer Rückkehr zur Seenotrettungsoperation Mare Nostrum werden die Staats- und Regierungschefs aber voraussichtlich eine klare Absage erteilen. Die Rettungskapazitäten sollten "innerhalb des Mandats" der EU-Grenzschutzagentur Frontex ausgeweitet werden, heißt es in dem Gipfelentwurf. Anders als bei der im vergangenen Jahr beendeten italienischen Operation Mare Nostrum ist der Auftrag also nicht Seenotrettung, sondern der Schutz der Außengrenzen der EU.

Ein EU-Beamter verwies am Mittwoch in diesem Zusammenhang aber auf das Seerecht. Es zwinge ohnehin zur Rettung Schiffbrüchiger. Es sei eine "pragmatische Lösung", nun keine langwierige Debatte über das Mandat der Mission zu führen. Menschenrechtsorganisationen hatten als Konsequenz aus dem Tod Tausender Flüchtlinge im Mittelmeer eine Rückkehr zu Mare Nostrum gefordert.

Kampf gegen Schleuser nach dem Vorbild "Atalanta"

Ein zentrales Thema des Sondergipfels soll der Kampf gegen Schleuser sein. Im Entwurf ist von "systematischen Bemühungen" die Rede, Schiffe von Schleusern "zu identifizieren, zu beschlagnahmen und zu zerstören, bevor sie eingesetzt werden". An die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini soll der Auftrag ergehen, "umgehend" Vorbereitungen für eine mögliche EU-Mission "im Einklang mit internationalem Recht" zu treffen. Vorbild könnte die EU-Operation Atalanta sein, mit der Schiffe des Welternährungsprogramms auf dem Weg nach Somalia vor Piraten geschützt werden.

Die EU kann sich dabei auf UN-Beschlüsse stützen. Mogherini hat bereits angedeutet, dass auch für eine Operation gegen Schleuser im Mittelmeer ein UN-Mandat benötigt werden könnte. In keinem Fall gehe es um eine groß angelegte Militäroperation, stellte der EU-Beamte klar. Es sei offen, auf welches Ausmaß sich die Staats- und Regierungschefs verständigten. An einen Einsatz an Land in Libyen sei aber nicht gedacht.

Der Zehn-Punkte-Plan der EU-Kommission im Überblick

1. Die EU-Grenzschutzprogramme Triton und Poseidon sollen finanziell gestärkt werden.

2. Angelehnt an die Mission Atalanta im Kampf gegen Piraten vor Somalia sollen die Boote von Schleusern beschlagnahmt oder zerstört werden.

3. Weiterhin sollen Schleuser durch eine Zusammenarbeit von Europol, der EU-Grenzschutzagentur Frontex und der Justizbehörde Eurojust bekämpft werden.

4. Das Europäische Unterstützungsbüro für Asylfragen (EASO) soll Teams nach Italien und Griechenland entsenden. Auf diese Weise sollen Asylanträge schneller bearbeitet werden können.

5. Die Fingerabdrücke aller Flüchtlinge sollen erfasst werden.

6. In Notfällen sollen Flüchtlinge mithilfe von Sonderprojekten verteilt werden.

7. Ein Pilotprojekt sieht außerdem vor, 5000 anerkannte Flüchtlinge in der EU zu verteilen.

8. Frontex soll ein neues Projekt koordinieren, das die schnelle Abschiebung illegaler Einwanderer vorsieht.

9. Die EU-Kommission schlägt eine Zusammenarbeit mit den wichtigen Transitländern rund um Libyen vor.

10. Verbindungsbeamte für Einwanderungsfragen sollen in EU-Drittstaaten entsendet werden. Sie könnten wichtige Informationen zu Flüchtlingsströmen sammeln.

Gerechter verteilt werden sollen künftig in der EU die durch den Flüchtlingsstrom entstehenden Lasten. Staaten, die bisher anders als etwa Deutschland kaum Flüchtlinge aufgenommen haben, sollen in die Pflicht genommen werden. In einem Pilotprojekt sollen 5000 anerkannte Flüchtlinge umgesiedelt werden. Zu den vorbereiteten Beschlüssen gehört auch verstärkte Hilfe für Herkunfts- und Transitländer der Flüchtlinge. So sollen Tunesien, Ägypten, Sudan, Mali und Niger beim Grenzschutz unterstützt werden.

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