Nebenkosten:Angestupst

Haushalte sparen deutlich mehr Energie ein, wenn sie häufiger über ihren Strom- und Wärmeverbrauch informiert werden.

Von Ralph Diermann

Menschen sind keine rationalen Wesen. Sie handeln laufend gegen ihre eigenen Interessen. Nach Ansicht von Verhaltensökonomen reicht jedoch häufig schon ein kleiner Anstoß aus, um bessere Entscheidungen - was auch immer das genau heißt - zu treffen. Als politisches Instrument, "Nudging" ("Anstupsen") genannt, ist dieser Mechanismus derzeit sehr in Mode: Die Bundesregierung will die Bürger mit sanftem Druck bewegen, stärker zu ihrem eigenen Vorteil zu handeln - sofern davon zugleich auch die Gesellschaft profitiert.

In diesem Sinne diskutiert die schwarz-rote Koalition derzeit eine Reform der Heizkostenverordnung. Bislang müssen Gebäudeeigentümer ihren Mietern lediglich einmal im Jahr mitteilen, wie viel Wärme sie verbraucht haben. Nun prüft die Bundesregierung eine unterjährige Informationspflicht. Die Bewohner erhielten dann mehrmals im Jahr, vielleicht sogar im monatlichen Turnus, Daten zu ihrem Verbrauch. Dahinter steht die Hoffnung, dass Haushalte sparsamer mit Energie umgehen, wenn sie detailliertere Verbrauchsinformationen bekommen.

Ein gemeinsamer Feldversuch von Bundesministerium für Umwelt und Bau, Deutscher Energie-Agentur (dena), Deutschem Mieterbund und dem Abrechnungsdienstleister ista hat ergeben, dass sich Haushalte auf diese Weise tatsächlich zum Energiesparen bewegen lassen. Bei dem Experiment wurden 145 Haushalte in Berlin, München und Essen monatlich per Post, in einem Webportal oder einer App über ihren Wärmeverbrauch informiert. Zudem wurde ihnen der Durchschnittsverbrauch der Wohnungen in ihrem Mietshaus mitgeteilt. In der Folge haben die Teilnehmer im Durchschnitt neun Prozent weniger Heizwärme verbraucht als eine Vergleichsgruppe, die ihre Daten wie üblich nur einmal im Jahr bekam. "Die monatliche Verbrauchsinformation ist die einfachste Variante, Energie, Geld und CO₂ in Haushalten einzusparen", ist ista- Experte Mirko-Alexander Kahre überzeugt.

Allerdings betont die Bundesregierung, dass die Reform nur dann kommen wird, wenn die Bewohner mit unterjährigen Verbrauchsinformationen unter dem Strich tatsächlich Geld sparen können. Laut einer vom Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung in Auftrag gegebenen Studie ist dies jedoch nicht immer der Fall. Ob sich der schnellere Rhythmus lohnt, hängt von der Wohnungsgröße, dem Wärmeschutzstandard und dem eingesetzten Energieträger ab. Ingrid Vogler, Energieexpertin des Immobilienverbandes GdW, fordert deshalb: "Eine solche Maßnahme darf nicht verpflichtend eingeführt werden."

Nach Angaben von ista kostet das monatliche Bereitstellen der Informationen die Haushalte maximal 24 Euro - sofern das Auslesen der Verbrauchsdaten per Funk erfolgt. Das geschieht jedoch erst in vierzig Prozent der Wohnungen und Häuser. Die übrigen Gebäude müssten nachgerüstet werden.

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