SpVgg Greuther Fürth:Mutzels schlimme Zahlen

SpVgg Greuther Fürth - Union Berlin

Theatralik oder real empfundene Verzweiflung? Fürths Trainer Mike Büskens sinkt beim 2:2 gegen Union Berlin zu Boden.

(Foto: Sportfoto Zink)

Drei Punkte trennen Fürth im Abstiegskampf vom Relegationsplatz. Auch unter Trainer Mike Büskens holt die SpVgg keine Siege.

Von Benedikt Warmbrunn

Michael Mutzel steckt gerade zum vierten Mal mitten im Abstiegskampf, zum vierten Mal wochenlanges Bangen und Zittern, zum vierten Mal wochenlanges Hoffen, zum vierten Mal lange Wochen voller Enttäuschungen. Doch noch nie war der Abstiegskampf so schwierig für Mutzel, er weiß, dass er nur Worte geben kann, also spricht er über die Freude, über die Lockerheit, über all das, was Abstiegskampf eigentlich nicht ist. Er spricht über all das, was sein sollte, aber er weiß, dass seine Worte allein nichts davon herbeiführen werden.

In Fürth sind sie auch deshalb ratlos, weil der Trainerwechsel keine Wirkung gezeigt hat

An diesem Samstag (13 Uhr) spielt die SpVgg Greuther Fürth, als deren Sportdirektor Mutzel arbeitet, beim Karlsruher SC, bei der Mannschaft also, mit der Mutzel seine ersten drei Abstiegskämpfe erlebte, alle als Spieler. Beim ersten Mal, 2005, war Mutzel angeschlagen, er war jung, er fand nicht einmal Worte. Der KSC blieb trotzdem in der zweiten Liga. Beim zweiten Mal, 2009, spielte er in einer Mannschaft voller Freunde, sie glaubte an sich, so sehr, dass sie übermotiviert war, dass sie Punkte verschenkte, weil ihr ein Unentschieden nicht genug war. Der KSC stieg ab, ein Punkt mehr hätte gereicht. Beim dritten Mal, 2011, war Mutzel einer der erfahrensten Spieler, er merkte, dass es nicht nur auf Schnelligkeit und Kraft ankommt, sondern auch darauf, die richtigen Worte zu sprechen. Weil Worte die Angst verdrängen können. Weil Worte Mut geben können.

Und jetzt also, 2015, der vierte Abstiegskampf. Fünf Spiele sind noch zu spielen, Fürth hat drei Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz. Die Mannschaft hat aber im vergangenen halben Jahr nur einmal gewonnen, Mitte Februar bei St. Pauli, unter dem damaligen Trainer Frank Kramer.

Mutzel schaut also auf diese Mannschaft, die immer mehr in die Gefahr hineinrutscht, er sucht nach Anzeichen, gegen die er, der erfahrene Abstiegskämpfer, etwas unternehmen sollte. Er findet: nichts. "Ganz ehrlich", sagt Mutzel, er überlegt, bevor er sich festlegt. "Ganz ehrlich", sagt er noch einmal, "ich weiß auch nicht, warum wir nicht gewinnen."

Natürlich, in der Abwehr macht Fürth viele Fehler, Mutzel nennt sie "dumme, dumme Schnitzer". Und im Sturm lässt die Mannschaft viele Möglichkeiten aus, Mutzel spricht von "großen Riesenchancen". Ein Kopfproblem? "Im Alltag nehme ich nicht diese brutale Verkrampfung wahr, die im Abstiegskampf oft herrscht", sagt Mutzel, "ich habe nicht das Gefühl, dass sich die Truppe völlig unter Druck setzt." Vielmehr vermittelten Spieler wie Stephan Fürstner der Mannschaft Lockerheit, "er ist einer, der auch mal lachen kann, der die Freude am Fußball behält". Nur verliert die Mannschaft diese Freude am Spiel nach jedem Gegentor. "Jeder noch so kleine Rückschlag verunsichert die Spieler, das wirkt immer wie ein Schock", sagt Mutzel.

"Wenn wir die Abwehrfehler weglassen", sagt der Sportchef, "stehen wir nicht lange da unten."

Dass sie in Fürth so ratlos sind, liegt auch daran, dass die vermeintlich effektivste Maßnahme überhaupt keine Wirkung gezeigt hat: der Trainerwechsel. Unter Mike Büskens hat die Mannschaft seit Mitte Februar von sieben Spielen kein einziges gewonnen. "Schaut man auf die Zahlen, sieht man keine wirkliche Verbesserung", gibt Mutzel zu, er verteidigt den neuen Trainer dennoch. Das Team spiele offensiver, schieße mehr Tore, und zumindest hier stimmen die Zahlen: In den sieben Partien hat Fürth sechs Treffer erzielt, in den sieben letzten unter Kramer war es lediglich einer. Allerdings geht das höhere offensive Risiko zu Lasten der defensiven Stabilität, die Kramer gefördert hatte. In dessen letzten sieben Spielen hatte das Team zwei Gegentore kassiert - unter Büskens sind es bisher elf. "Wenn wir diese Abwehrfehler weglassen", sagt Mutzel, "dann stehen wir nicht mehr lange da unten."

Aber weil auch nicht mehr lange Zeit ist, plant der Sportdirektor zweigleisig, für die zweite und die dritte Liga, er rechnet Modelle durch, prüft und verwirft, überlegt und legt fest. Es sind unsichere Planungen, aber Mutzel versucht sie so gründlich zu machen, dass er nie wieder Worte gegen die Gefahr suchen muss.

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