Wladimir Klitschko in den USA:Zurück, um geliebt zu werden

Lesezeit: 3 min

Wladimir Klitschko (re.) und sein Trainer Jonathan Banks: Lernten sich einst in Amerika kennen (Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Mit den USA pflegt Wladimir Klitschko eine seltsame Beziehung - jahrelang hat sich das Land des Schwergewichts nicht für den Weltmeister interessiert.
  • Nach sieben Jahren boxt er in New York nun gegen Bryant Jennings um die WM und hofft auf eine zweite Chance.

Von Saskia Aleythe

Ein Baby hätte da wunderbar schlummern können und hätte jemand eine Rede halten oder einen Heiratsantrag machen wollen, damals, im Februar 2008, er wäre ganz gut zu hören gewesen im Madison Square Garden von New York. Wladimir Klitschko kämpfte gegen Sultan Ibraginow, zwölf Runden lang, das Publikum: beinahe muxmäuschenstill. Allerdings nicht aus Spannung.

Dieses Erlebnis haben sie bis heute nicht vergessen in den USA. Snooze, dieses Wort taucht noch immer in den Zeitungen auf für diesen Kampf, Klitschkos bisher letzten Kampf in Übersee, er gewann ihn zwar nach Punkten, aber er war: einschläfernd. Sieben Jahre später erhofft sich der Ukrainer ein Erweckungserlebnis gegen Bryant Jennings. Das Land des Schwergewichts soll sich wieder begeistern für Schwergewicht und ihn, den seit elf Jahren ungeschlagenen Weltmeister.

"Auf einmal ist es so, dass auch die amerikanischen Fans wieder wollen, dass ich da bin", sagt Klitschko am Samstag im SZ-Interview. Nach seinem letzten Knockout gegen Kubrat Pulev im vergangenen November ist das Interesse an ihm zumindest schon mal so groß geworden, dass der TV-Sender HBO einen Vertrag über drei Kämpfe mit ihm aushandelte. "Ich boxe natürlich dort, wo die Nachfrage am größten ist", sagt er. Das war viele Jahre lang nicht in Amerika der Fall.

Mit den USA pflegt Klitschko eine seltsame Beziehung. Eine, in der der 39-Jährige schon oft gelitten hat. Aber auch eine, die wegweisend war für seine Karriere. Mittlerweile lebt er dort in Teilzeit, mit der US-Schauspielerin Hayden Panettiere und Töchterchen Kaya hat er sich eine Familie aufgebaut. In der Ukraine aufgewachsen kam Klitschko 1996 zum ersten Mal in die Staaten, in Atlanta wurde er Olympiasieger, als Ersatzmann für seinen dopinggesperrten Bruder Vitali.

Zwei Jahre später tauchte er wieder in den USA auf, seinen ersten Profikampf dort bestritt er gegen Carlos Monroe - und bezwang ihn in der sechsten Runde. Seine Karriere lief gut an, im Jahr 2000 kämpfte er im Vorprogramm von Lennox Lewis und wann immer Klitschko in den USA in den Ring stieg, gab es Niederschläge zu sehen, immer wieder konnte er mit Wirkungstreffern punkten. So, wie es Boxfans lieben.

Klitschko-Gegner Bryant Jennings
:Vom Hausmeister zum Haudrauf

Sein Vorteil: die Armlänge. Bis vor kurzem war Bryant Jennings nur Gelegenheitsboxer. Nun darf er gegen Wladimir Klitschko um die Weltmeisterschaft kämpfen. Und ist dessen ungewöhnlichster Gegner seit langer Zeit.

Von Saskia Aleythe

Auf die schönsten Stunden folgten für Klitschko aber dann auch die schwersten: In Las Vegas erlebte er im April 2004 gegen Lamon Brewster seinen schlimmsten Moment als Boxer. Obwohl er ihn bis dahin dominiert hatte, ging Klitschko in der vierten Runde völlig die Puste aus. Eine Runde hielt er noch aus, dann gab Klitschko entkräftet auf. Fortan war Klitschko nur noch der Boxer ohne Kämpferherz. Sogar Bruder Vitali legte ihm dann das Karriereende nahe.

Klitschko hinterfragte sich, baute sein Team komplett um - seinen heutigen Trainer Jonathan Banks lernte er in dieser Zeit kennen, damals war er noch der Sparringspartner des Ukrainers. Vier Mal kämpfte Klitschko dann noch mal in Amerika, vier Mal gewann er auch, die Herzen des Boxpublikums konnte er aber nicht zurückgewinnen. Schon gar nicht mit seinem Auftritt gegen Ibragimow.

Ausgebuht wurde er, mit seinem Stil kam das US-Eventpublikum nicht klar. Klitschkos Taktieren missfiel den Zuschauern, wie er sich die Gegner mehr vom Leib hielt als zuzuschlagen, sich auf sie duckte, statt in den Infight zu gehen. Denn die Boxbegeisterten waren ja ganz anderes gewöhnt gewesen: Im Madison Square Garden in New York hatten sich schließlich alle großen Schwergewichtler spektakuläre Kämpfe geliefert. Max Schmeling kämpfte dort, Jack Dempsey, Joe Louis, Mohammad Ali, Joe Frazier, Mike Tyson, Lennox Lewis und Evander Holyfield. Mit deutlich mehr Wumms und Spektakel als Klitschko. "Natürlich kann man sich über meinen Box-Stil beschweren", sagt Klitschko, "ich denke aber: Safety first. Ich möchte nicht getroffen werden."

Der Jahrhundertkampf folgt danach

Womöglich wird ihm dieser Tage auch ein anderer Kampf wieder einfallen, im Dezember 2012 haute Klitschko Jameel McCline in der zehnten Runde um, damals in einem der Vorkämpfe: Floyd Mayweather Jr.. Jener Boxer also, der eine Woche nach Klitschko die als "Jahrhundertkampf" angepriesene Vorstellung gegen Manny Pacquiao angehen wird.

Die Gesamteinnahmen sollen bis zu 400 Millionen Dollar betragen - allein für das TV-Erlebnis müssen die Boxfans in Amerika 100 Dollar zahlen, in Deutschland überträgt Sky für 20 Euro Aufpreis zum normalen Abo. Klitschkos Kampf wird kostenfrei auf RTL übertragen. Dieses Mal ist er der Vorkämpfer vor Mayweather. Aber dass es nicht wieder muxmäuschenstill wird in der Halle, dafür kann Klitschko selber sorgen.

© SZ.de/ska - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: