VfB gegen Freiburg:Absturz nach der Pause

VfB Stuttgart v SC Freiburg - Bundesliga

Enttäuschung: Florian Klein, l., und Christian Gentner

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Von Matthias Schmid

Daniel Gincezk trug Martin Harnik auf seinen Armen, wie es ein Ehemann tut, wenn er seine frisch angetraute Gattin vor der Hochzeitsnacht über die Schwelle trägt. Die Stuttgarter Spieler wussten gar nicht, wohin mit ihrer Freude in der ersten Hälfte, nach dem 2:0, nach nur 26 Minuten. Sie hatten sich im baden-württembergischen Derby gegen den SC Freiburg in einen Rausch gespielt. Mit Kombinationen, wie man sie lange nicht mehr gesehen hatte in der Stuttgarter Arena.

Nach 93 Minuten schlichen die VfB-Spieler aber wie Verlierer über den Platz, Huub Stevens stand regungslos an der Seitenlinie. Bonjour Tristesse, es herrschte Trauer nach einem 2:2, für den VfB war es eine gefühlte Niederlage. "Wir hatten die beste Halbzeit gespielt in dieser Saison und hätten mit 3:0, 4:0 führen müssen", schimpfte Ginczek hinterher: "Und am Ende müssen wir sogar froh sein mit dem Unentschieden. So ein Spiel müssen wir gewinnen."

Unterschiedlicher können zwei Spielhälften wahrlich nicht sein. 45 Minuten lang spielte der VfB wie eine Mannschaft, die noch Chancen auf eine Teilnahme an der Europa League hat, nach der Pause wollte gar nichts mehr gelingen. Die Freiburger kamen noch zum Ausgleich, nachdem sie sich lange wie ein Absteiger präsentiert hatten.

"Wir haben furchtbar gespielt", bekannte SC-Trainer Christian Streich: "Aber es gibt nur einen Verantwortlichen, und das bin ich. Ich habe es nicht verstanden, der Mannschaft Zutrauen, Ruhe und Aggressivität zu geben."

Durch das 2:2 haben die Gäste den Dreipunkte-Abstand auf den VfB halten könnnen, der nach dem Heimsieg des HSV weiter auf dem vorletzten Tabellenplatz bleibt - mit zwei Punkten Abstand zu Rang 15, der zum Klassenverbleib berechtigt.

In Stuttgart gibt es noch immer Menschen, die sich vor Heimspielen des VfB ein Trikot mit der Rückennummer 33 aus dem Schrank holen. Dagegen wäre eigentlich nichts einzuwenden, wenn das Trikot auf dem Rücken nicht mit dem Namen "Gomez" beflockt wäre. Mario Gomez spielt schon lange nicht mehr in Stuttgart, aber es gibt romantische Fußballfreunde, die ihn einfach nicht vergessen wollen und in Andenken an erfolgreiche Zeiten sein Trikot mit Stolz tragen.

Dabei gibt es längst einen aktuellen Spieler des VfB, der zum neuen Stuttgarter Helden taugt und sich ebenfalls die Nummer 33 überzieht: Daniel Ginczek. Der Stürmer schoss die Führung, sein 1:0 (24.) war sein sechstes Tor im fünften Spiel, der ehemalige Nürnberger findet langsam zu der Form vor seinem Kreuzbandriss zurück, der ihn fast zehn Monate vom Sport befreit hatte. Wie sehr Fußball auch ein Kopfspiel ist, merkt man besonders an ihm. Im Fallen und mit wenig Wucht traf er den Ball nach einem abgefälschten Zuspiel von Martin Harnik, der Ball rollte in Zeitlupe zur Führung über die Ziellinie.

Platzverweis zieht VfB nach unten

Es liegt aber nicht allein an dem treffsicheren Ginczek, dass der VfB gegen seinen Lieblingsgegner Freiburg (vier Siege in Serie) nur drei Minuten später zum 2:0 kam. Seit Stevens sehr viel mutiger spielen lässt, tun sich die Stuttgarter leichter, sich durchs Mittelfeld zu kombinieren und Chancen herauszuspielen. Filip Kostic auf der linken und Martin Harnik auf der rechten Seite assistierten fast auf gleicher Höhe Ginczek, dahinter sortierte Alexandru Maxim das Offensivspiel mit überraschenden Zuspielen und Dribblings. Maxim und Kostic hatte Stevens lange gemieden, als würden beide an einer hochansteckenden Krankheit leiden. Kostic war es auch, der das zweite Tor von Harnik wunderbar vorbereitete, nach einem Einwurf von Adam Hlousek lief der Serbe die linke Außenlinie entlang, kurz vor der Grundlinie passte er in die Mitte, wo Harnik nur noch seinen Fuß zum 2:0 hinhalten musste.

Der österreichische Nationalspieler verstolperte dann in der 54. Minute sein zweites Tor. Nach einem feinen Zuspiel von Maxim lief er allein auf Freiburgs Torhüter Roman Bürki zu, doch Harnik legte sich den Ball ein Tick zu weit vor. Statt 3:0 stand es wenig später nur noch 2:1, nachdem Niels Petersen einen Elfmeter verwandelt hatte (58.). Hlousek hatte Jonathan Schmid im Strafraum übermotiviert geblockt.

Kurz Zeit später hatte der tschechische Nationalspieler schon sein Tagwerk beendet, Schiedsrichter Wolfgang Stark hatte ihn nach einem taktischen Foul Gelb-Rot gezeigt. In der Schlussphase spielte in Überzahl nur noch eine Mannschaft: der SC Freiburg. Zunächst verpasste Admir Mehmedi aus fünf Metern den Ausgleich, als er Georg Niedermeier anköpfelte (72,). Doch Petersen stand nach einem Schuss von Oliver Sorg dort wo ein Torjäger stehen muss und lenkte den Ball zum 2:2 über die Linie. Am Ende jubelten in Stuttgart nur noch Freiburger.

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