Deutsche Bank:Warum sich die Deutsche Bank schrumpft

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Nach dem Umbau sieht die Deutsche Bank paradoxerweise wieder genauso aus wie vor der Finanzkrise, sie ist nur relativ ein bisschen kleiner (Foto: dpa)

Abschied von der Postbank und 200 eigene Filialen weniger: Die Deutsche Bank verkleinert sich - auch um die Anforderungen von Regulierern und Politik zu erfüllen. Paradoxerweise sieht das Institut damit fast so aus wie vor der Finanzkrise.

Kommentar von Nikolaus Piper

Die Vorgeschichte zum jüngsten Radikalumbau bei der Deutschen Bank hat am 15. September 2008 begonnen. Damals ging in New York die Investmentbank Lehman Brothers unter und die heiße Phase der Finanzkrise begann. Die Deutsche Bank gehörte zu den Instituten, die die Krise zunächst vergleichsweise gut überstanden. Dieser relative Erfolg scheint in der Ära Josef Ackermann dazu geführt zu haben, dass die Bank nur sehr langsam lernte, wie sehr sich die Welt der Finanzen 2008 gewandelt hat. Nur so lassen sich die Turbulenzen in Frankfurt seither erklären. Mit dem Verkauf der Postbank und dem Gesundschrumpfen des Rests versuchen Ackermanns Nachfolger Anshu Jain und Jürgen Fitschen diesen Lernprozess nachzuholen. Der miserable Aktienkurs lässt ihnen auch gar keine Wahl.

Politiker und Regulierer meinen es ernst

Zwei Dinge haben sich durch die Finanzkrise geändert. Bedrängt von einer zornigen Öffentlichkeit lassen Politiker und Regulierer keinen Zweifel mehr daran, dass sie es ernst meinen, wenn sie den Banken auf die Finger schauen. Sie wollen nicht noch einmal mit Steuermilliarden das Weltfinanzsystem vor dem Untergang retten. Deshalb müssen Banken heute mehr Eigenkapital vorhalten, um ihr Geschäft abzusichern. Das kostet Gewinn-Prozente, zudem sind die neuen Eigenkapitalregeln richtigerweise so konstruiert, dass große, global operierende Banken mehr Reserven bilden müssen als kleinere. Schrumpfen kann sich also auszahlen. Deshalb verkauft die Deutsche Bank nicht nur die Postbank, sondern schneidet auch ihr Investmentbanking zurück. Das gibt Sicherheit, kostet aber Arbeitsplätze.

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Geändert hat sich auch die Einstellung der Regulierer, besonders in den Ländern mit langer Kapitalmarkttradition, also den USA und Großbritannien. Die praktizieren bei Verstößen gegen Gesetze und Verordnungen mittlerweile eine konsequente Null-Toleranz-Politik und verhängen drakonische Strafen. In den Handelsräumen scheint man diese Regulierer lange nicht ernst genommen zu haben, was zeigt, wie sehr die Deutsche Bank einen Kulturwandel braucht. Für die alte, schlechte Kultur büßt die Bank jetzt mit einer 2,3-Milliarden-Euro-Strafe wegen der Zinsmanipulationen beim Londoner Libor-Skandal.

Hohe Priorität sollten in Frankfurt die Probleme mit der US-Finanzaufsicht haben. Die Federal Reserve verhandelt seit Jahren mit der Nordamerika-Tochter der Bank, weil sie deren Finanzberichte für "von geringer Qualität, ungenau und nicht verlässlich" hält. In der zweiten Runde der Fed-Stresstests fiel die Deutsche Bank durch, wegen Mängeln im Berichtswesen. Das ist hochgefährlich, wenn man, wie die Deutsche Bank, weiter im globalen Geschäft der Investmentbanken vorne mitspielen möchte.

Die Deutsche Bank sieht wieder aus wie vor der Finanzkrise

Der zweite wichtige Faktor, der sich mit der großen Krise verändert hat, sind die Zinsen. Um die Wirtschaft zu stabilisieren und eine Deflation zu verhindern, fluten die Fed und die Europäische Zentralbank die Märkte mit billigem Geld. Sparer, die ihr Geld sicher anlegen wollen, bekommen keine Zinsen mehr und zahlen im Zweifel noch drauf. In diesem Umfeld sah die Deutsche-Bank-Spitze offenbar keine Zukunft mehr in einer Postbank, deren Kunden kleine Sparer und Kreditnehmer sind. Also steigt sie nach nur sieben Jahren schrittweise wieder aus. Ohne die Tochter kann die Deutsche Bank jetzt einfacher ihre Reservevorschriften erfüllen. Das jedenfalls ist die Hoffnung.

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Nach dem Umbau sieht die Deutsche Bank paradoxerweise wieder genauso aus wie vor der Finanzkrise, sie ist nur relativ ein bisschen kleiner: eine Investmentbank, die sich nebenbei ein Privatkundengeschäft für die gehobene Klientel hält. Es ist eine Wette darauf, dass die Bank das Geschäft mit Beratung, Wertpapieremissionen und Firmenfusionen besser kann als all die Konkurrenten. Ob die Strategie Erfolg hat, wird davon abhängen, ob der Kulturwandel - von Jain und Fitschen immer wieder beschworen - vor allem im Investmentbanking wirklich stattfindet.

Und noch ein Aspekt der jüngsten Entwicklung: Sie belegt die strukturelle Schwäche und die Störanfälligkeit des Bankensektors in Deutschland. Auf lokaler Ebene gibt es zwar Sparkassen und Volksbanken, die in ihrer übergroßen Mehrzahl gesund sind. An der Commerzbank aber hält der Staat noch eine Krisenbeteiligung, von den Landesbanken sollte man gar nicht erst reden. Und die einzige deutsche Bank von globalem Rang kämpft mit sich selbst. Mehr gibt es nicht.

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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