Vorschlag-Hammer:Kaugummi im Ohr

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Manche Lieder ruinieren einem ganz schnell den Tag, wenn sie den rostigen Widerhaken ihres Refrains ins Gehirn schlagen. Zum Beispiel diesen hier: "Live is life - na naaa naa na na!" Aber nun gibt es ein Gegenmittel - eines, das jeder kennt

Von Jakob Biazza

So ein Tag ist ja ganz furchtbar schnell ruiniert. So zum Beispiel: "Live is life - na naaa naa na na!" Oder, für die etwas Jüngeren hier, vielleicht so: "I'm a barbie girl, in a barbie world / Life in plastic, it's fantastic!" Und überhaupt natürlich so: "Von den blauen Bergen kommen wir . . ." Alles Songs, die, nur einmal ganz kurz vor dem geistigen Ohr aufgetaucht, sofort ihre rostigen Widerhaken ins Hirn schlagen. Und zack: trägt man diesen Kram über Stunden im Schädel mit sich rum. So ein Tag ist möglicherweise aber auch schnell wieder gerettet: Britische Wissenschaftler der University of Reading wollen in einer Studie nämlich eine wirklich grotesk simple Waffe gegen Ohrwürmer entdeckt haben. Achtung jetzt: Kaugummikauen.

Belegt haben sie die Wirkung, indem sie 98 Freiwilligen "Play Hard" von David Guetta und "Payphone" von Maroon 5 (10. Juni, Olympiahalle) vorspielten. Die seien nämlich "catchy". Anschließend gab es den Auftrag, drei Minuten lang nicht an die Songs zu denken. Und ein Begleitprogramm: Eine Gruppe sollte Kaugummi kauen, eine andere mit den Finger herumtrommeln. Die Menschen in einer dritten Gruppe taten nichts. Ergebnis: Die Kaugummikauer dachten deutlich seltener an die Stücke als alle anderen - und innerlich vorgesungen haben sie sie sich auch weniger. Das ist gut zu wissen. Damit kann man hier zum Beispiel ohne schlechtes Gewissen zur Eile mahnen: Zumindest bei Redaktionsschluss gab es noch Restkarten für Chilly Gonzales (21. Juni, Philharmonie). Das ist der Pianist mit dem aufsteigenden "Dam da di, da dam di, dam da di"-Moll-Arpeggio aus der iPad-Werbung. Eigentlich aber die vielleicht tatsächlich genialste musikalische Erscheinung unserer Zeit. Der kann ja alles. Rap (mit den Puppetmastaz oder Orchesterbegleitung), Pop, Solo-Piano-Alben, Weltrekorde für das längste Konzert aufstellen (inzwischen abgelöst), Künstler wie Feist produzieren. Gerade hat er ein Klavieralbum mit Kammerorchesterbegleitung gemacht. Das ist - auf höchstem Niveau allerdings - eigentlich nicht sein allerbestes. Aber egal. Schnell hin!

Vorher aber dringend noch zu Matthew E. White ("Naaa na na na na / Naaa na na na na na naaa / Are you with me tonight?"; Mi., 29. April, Kranhalle), Friska Viljor ("We are happy now - La la la la la la la"; 9. Mai, Strom) und König Leopold (die sind jetzt eher nicht so "catchy", aber dafür auf sehr österreichische Art elegant kaputt; 17. Mai, Milla). Und der Tipp wäre übrigens, die Kaugummis bei allen zu Hause zu lassen. Es macht ja sehr glücklich, deren Songs zu singen. Den ganzen Tag.

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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