Mitten in Bayern:Super Superlative

In Franken ist eine Diskussion losgebrochen, welche denn die kleinste Stadt Frankens sei. Betzenstein kämpft gegen Rothenfels, aber die Ausgangslage ist diffus

Von Katja Auer

Ohne Superlativ geht heutzutage gar nichts mehr, gerade in Bayern, wo der Himmel bekanntlich weiß-blauer, das Bier süffiger und die CSU fabelhafter ist als anderswo. Spitzenwerte müssen her, fürs Gefühl und für die Touristen. Deswegen grüßt Dinkelsbühls Oberbürgermeister konsequent aus Deutschlands schönster Altstadt, seit das einmal ein Journalist so formuliert hat. Kulmbach hat sich zur heimlichen Hauptstadt des Bieres ernannt und in Nürnberg steht das höchste Bauwerk Bayerns, der Fernsehturm, auch wenn deswegen niemand in die Stadt kommt - weil man nur an einem Tag im Jahr hinauf kann. Immerhin, was wiederum dem einzigen Heimatminister Bayerns zu verdanken ist, aber das ist eine andere Geschichte.

Jener Heimatminister präsentiert gerne Superlative, da fällt ihm immer wieder ein neuer ein, was deswegen bemerkenswert ist, weil der Franke an sich zum Understatement neigt. In einem Landstrich, wo ein gebrummtes "bassd scho" als hochemotionaler Ausdruck der Zustimmung gilt, muss gar nicht alles am schnellsten und höchsten sein.

So ist es sehr typisch fränkisch, dass nun die Diskussion losgebrochen ist, welche denn die kleinste Stadt Frankens sei.

Den Titel beansprucht Betzenstein in der Fränkischen Schweiz für sich und wirbt damit auch auf der Homepage im Internet. Nun zählt das laut Eigenwerbung "aparte Städtchen" aber stolze 2495 Einwohner, während im Unterfränkischen Rothenfels nur 982 Leute leben. Ein eindeutiger Fall, möchte man meinen, und so nennt sich Rothenfels nicht nur kleinste Stadt Frankens, sondern gleich Bayerns. Ja schon, sagen jetzt die Betzensteiner, aber wenn man die Eingemeindungen nicht mitzähle, sei ihr Ort sehr wohl der kleinste. Was die Statistiker als Erbsenzählerei abtun, weil es zum einen vielleicht gar nicht stimmt und zum anderen als Regel nicht taugt. Eingemeindungen werden mitgezählt.

Nichts dagegen haben sie vermutlich in Nürnberg, wo gerade, endlich, wieder mehr als eine halbe Million Einwohner gezählt worden sind. Das taugt zwar nicht zum Superlativ, aber zum Abrechnen: Für den Kämmerer zählt jeder Nürnberger, er bekommt jetzt mehr Geld vom Staat. Da braucht's keinen Superlativ.

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