Spätes Siegtor:Gladbach kürt den Meister

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Erster Treffer aus dem Spiel heraus seit einem halben Jahr: Max Kruse. (Foto: Imago)

Dem Stürmer Max Kruse glückt in der 90. Minute der Siegtreffer zum 1:0 gegen den VfL Wolfsburg.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Es kommt nicht oft vor, dass eine Partie mit einem Treffer zum Abschluss eines Spieltages noch so viel Aufmerksamkeit erregt. Beim 1:0 zwischen Gladbach und Wolfsburg aber konnte sich entscheiden, ob der FC Bayern tatsächlich schon am 26. April offiziell die Meisterschaft feiern durfte. Er durfte. Als Kruse in der 90. Minute der Siegtreffer glückte, war daran endgültig nicht mehr zu rütteln.

Als Schiedsrichters Bastian Dankert die Partie um 19.20 Uhr 622 Autobahn-Kilometer nordwestlich der Fröttmaninger Arena im Borussia-Park zu Mönchengladbach abpfiff, konnten die Münchner die Korken knallen lassen. Auch in Mönchengladbach knallte nach dem Spiel einiges - dank Kruses spätem Treffer. "Wir haben es verdient zu gewinnen. Wir waren heute besser als Wolfsburg. In der zweiten Halbzeit hatten wir die größeren Chancen. Wir haben mit Geduld gespielt, das hat etwas gebracht", lobte Trainer Lucien Favre.

Die Wolfsburger Kevin De Bruyne (Fußentzündung), André Schürrle (Schulterverletzung) und Vieirinha (Schüttelfrost), deren Einsatz fraglich war, waren rechtzeitig wieder fit - wenn auch nur De Bruyne es in die Startelf schaffte. Daniel Caligiuri ersetzte Vieirinha auf dem rechten Flügel, Nicklas Bendtner spielte für Schürrle Mittelstürmer - und bekam damit auch den Vorzug vor Bas Dost. Bei Gladbach brachte Favre nach dem 0:0 in Frankfurt Korb für den erkrankten Jantschke in die Abwehr.

Durch die Schalker Niederlage am Freitag in Mainz waren die Gladbacher mit dem Wissen ins Spiel gegangen, dass ihnen ein Unentschieden bereits reichen würde, um in der Tabelle mindestens den vierten Platz und damit auch mindestens die Qualifikationsspiele der nächsten Champions-League-Serie sicher zu wissen. Doch die demonstrative Leidenschaft, mit der die in der Bundesliga zuvor neun Mal nacheinander unbesiegten Gladbacher ins Spiel gingen, deutete nicht gerade auf die Bereitschaft zum Kompromiss hin. "Borussia wird der Sieger sein", sangen die Fans im Brustton der Überzeugung.

Ihre bis dato letzte Niederlage hatten die Borussen vor knapp drei Wochen im Pokal beim Drittligisten Arminia Bielefeld erlitten. Dorthin müssen die Wolfsburger an diesem Mittwoch zum Halbfinalspiel.

In Bielefeld erwartet die Niedersachsen ein anderes Spiel als in Gladbach. Im Topspiel am Niederrhein dominierten die Gastgeber den Tabellen-Zweiten zunächst nach Belieben. Sie prüften Wolfsburgs Pressing mit vielen Seitenwechseln und flotten Doppelpässen und erlaubten den Gästen allenfalls gelegentliche Konter. Bendtner schoss nach einer halben Stunde erstmals aufs Gladbacher Tor.

Max Eberl lässt die Münchner wissen: Er mag Weißwürste

De Bruyne bekam im Zentrum der Wolfsburger Offensive zwischen den Gladbacher Defensivorganisatoren Granit Xhaka und Christoph Kramer zunächst kaum Raum zum Atmen. Erst als Gladbachs aufgerückter Innenverteidiger Roel Brouwers in der Rückwärtsbewegung ausrutschte (35.), wurde es durch den schnellen De Bruyne mal gefährlich.

Die ersten Chancen in der zweiten Hälfte hatten dann wieder die Gladbacher. Patrick Herrmann nahm in der 50. Minute einen halbhohen Seitenwechsel von Max Kruse volley ab und zwang Torwart Diego Benaglio zur Parade. Zwei Minuten später schoss Oscar Wendt aus steilem Winkel übers Tor. Robin Knoche ersetzte ab der 58. Minute den verletzten Timm Klose in der Wolfsburger Verteidigung und musste fortan seinen Teil dazu beitragen, den letzten Pass der Gladbacher in den Strafraum zu unterbinden. Das gelang weitgehend. Die Borussen probierten es zunehmend mit Schüssen aus der zweite Reihe.

Kruse hätte schon in der 77. Minute fast das siegbringende Tor erzielt, aber sein Schuss aus zwölf Metern strich knapp am Tor vorbei. Kurz vor Abpfiff war es so weit: Erstmals seit einem halben Jahr traf der Nationalspieler wieder aus dem Spiel heraus. Sein Heber war gut gesetzt. Anschließend war er nicht mehr zu sehen. Er ging im Gladbacher Jubel unter. Es wirkte fast so, als hätte der Traditionsklub nach Jahrzehnten mal wieder eine Meisterschaft gewonnen. Dabei hatten sie nur den Münchnern die Steigbügel zum Titel gehalten - und sich selbst auch etwas Gutes getan. Auf den Punkt brachte es Gladbachs Manager Max Eberl, als Profi einst selbst ein Münchner, als er sagte: "Das hätten die Bayern auch ohne uns geschafft - aber die Weißwürste nähme ich trotzdem, wenn sie uns welche schicken."

© SZ vom 27.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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