Ende der Reise:Entdeckung der Einfachheit

Hinweis der Redaktion

Die Recherchereisen für diese Ausgabe wurden zum Teil unterstützt von Veranstaltern, Hotels, Fluglinien und/oder Tourismus-Agenturen.

Darf man heute noch sagen: Ich mache eine Pauschalreise? Oder macht man sich damit zum Hinterwäldler?

Von Hans Gasser

Das P-Wort. Darf man es heutzutage überhaupt noch in den Mund nehmen? Ohne gleich als letzter Hinterwäldler, Langweiler, ja als Massentourist verachtet zu werden? Ich mache eine P . . . Pauschalreise. So, jetzt ist es draußen. Zwei Wochen Algarve, mit Halbpension und Flughafentransfer. Jeden Tag an den Strand, um nichts kümmern, an nichts denken, aufs Meer schauen, baden, fünf Bücher lesen. Nach zwei Wochen heimfahren und sich so erholt fühlen, als hätte man ein ganzes Sabbatical hinter sich.

Es ist heute nicht leicht, sich als Pauschaltourist zu outen. Vergleichbar vielleicht nur damit, als hätte man vor 50 Jahren gesagt: Ich gehe zu Fuß von Paris nach Budapest. "Äh, warum fährst du nicht mit dem Orient-Express?", wäre man wohl gefragt worden. "Soll ich dir meinen Käfer leihen?"

So ändern sich die Zeiten. Heute erntet Bewunderung, wer seinen Job aufgibt, das Haus verkauft und mit einem umgebauten Unimog nach Wladiwostok fährt. Oder wer freiwillig und ohne Bezahlung in China Panda-Käfige ausmistet, um ein halbes Jahr später in Neuseeland für Kost und Logis harte Arbeit bei der Kiwiernte zu leisten. Aber als Pauschalreisender bekommt man zu hören: "Was, zwei Wochen all-inclusive? Spinnst du?"

Dabei könnte man natürlich umgekehrt auch fragen, ob all die Traveller vielleicht etwas unausgefüllt sind von ihrer Arbeit oder ihrem Leben generell. Fragt man natürlich nicht. Nichts gegen Abenteuer. Ist schließlich Privatsache. Wobei, Privatsache? Dass wir Daheimgebliebenen dank Facebook und Blogspot stets in Echtzeit in Text und Bild informiert werden, wenn in Usbekistan die Hinterachse bricht oder das chinesische Essen zu einer üblen Diarrhö führt, ist natürlich hochinteressant - für die, die es wissen wollen. Aber es macht aus der privaten Reise ein öffentliches Ereignis. Je mehr Likes und Follower, desto besser.

Auf eine solche Idee käme der Pauschalreisende nie. Er ist froh, wenn die Kollegen im Büro nichts mitkriegen von seiner Erholung an der Algarve.

Doch es gibt Hoffnung! Wenn der Trend so weitergeht, ist der Pauschalreisende bald der wirklich Subversive. Zukunftsforscher im Dienste der IT-Firma Amadeus haben schon einen hübschen Namen für ihn: Simplicity Searcher. Im Gegensatz etwa zum Social Capital Seeker, der postet und bloggt, was das Zeug hält. Yes, ich bin ein Simplicity Searcher! Und das ist gut so.

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