Stürmer vor dem Absprung?:Gladbach bangt um Kruse

Bundesliga 14/15 - Moenchengladbach vs. VfL Wolfsburg

"Für solche Momente spiele ich Fußball": Mönchengladbachs Angreifer Max Kruse bejubelt sein Siegtor in letzter Minute.

(Foto: imago)
  • Mönchengladbachs Matchwinner Max Kruse verweigert ein Treuebekenntnis.
  • Borussias Funktionäre fürchten, dass der Angreifer den Klub trotz der möglichen direkten Champions-League-Qualifikation im Sommer verlässt.
  • Er soll den Klub für zwölf Millionen Euro verlassen können, als Adressat gilt Dortmund.
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Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Nach einem Sieg wird im Untergeschoss des Borussia-Parks gern der Matchwinner angeschrien. Bei Borussia Mönchengladbach ist es nämlich so: Der Siegtorschütze muss den Berichterstattern vor dem Kabinentrakt oft länger Rede und Antwort stehen. Wenn der Siegtorschütze so wie Max Kruse am Sonntagabend gleich nach dem Schlusspfiff auch noch zur Dopingprobe muss, steht er halt später noch im Trikot Rede und Antwort, wenn die Kollegen schon geputzt und gestriegelt aus der Kabine stolzieren. "Was redest du solange herum", raunzte also der Schweizer Granit Xhaka mit einem frechen Grinsen: "Bloß weil du mal ein Tor schießt, musst du nicht so lange reden!"

Für zwölf Millionen Euro soll Kruse aus seinem Vertrag herauszukaufen sein

Kruse lacht darüber gar nicht mehr. Er kennt Xhakas Humor und war außerdem bemüht, den Überschwang der Medienvertreter zu bremsen. Mit ihren Fragen huldigten sie seiner Leistung, vor allem seinem Tor zum 1:0 in der 90. Minute. Mit seinem ersten Treffer aus dem Spiel heraus nach sechs Monaten hat er Gladbach im Spitzenspiel gegen den VfL Wolfsburg auf Platz drei zurückgebracht und die Hoffnung auf eine direkte Champions-League-Qualifikation gestärkt.

Doch Kruse wollte sich gar nicht loben lassen. Das späte Siegtor, klar, das habe Spaß gemacht; der Sieg, natürlich, der sei wichtig. "Aber ich habe gar kein so gutes Spiel gemacht", fand Kruse: "Ich habe zwei gefährliche Bälle verloren."

Das gibt es nicht so oft, dass Fußballer nach einem starken Auftritt in einem Spitzenspiel samt Siegtor in der Schlussminute Komplimente ablehnen. Bei Kruse könnte das damit zu tun haben, dass er womöglich beabsichtigt, die Borussia in diesem Sommer zu verlassen. Zwölf Millionen Euro soll die Summe betragen, mit der er aus seinem bis 2017 gültigen Vertrag herausgekauft werden kann. Es gibt Funktionäre bei der Borussia, die inoffiziell flüstern, dass sie Kruses Abgang im Sommer befürchten.

Sollte das stimmen, wäre Kruses Haltung verständlich. Würde er sich zum Helden stilisieren lassen, wäre das so, als machte er einer Beziehung Hoffnung, von der er weiß, dass er sie beenden wird.

Kruses Lachen freilich hatte den Fans am Sonntag Hoffnung gemacht. Wie er seinen Siegtreffer bejubelt, wie er gestrahlt und die Arme ausgestreckt hatte - in solch einer Haltung kann man einen bevorstehenden Abschied schwer entdecken. Allerdings spielen übergeordnete Gedanken im Moment des Jubels selten eine Rolle. "Für solche Momente spiele ich Fußball", sagte Kruse bloß. Ob die Aussicht auf eine Teilnahme an der Champions League seine Lust nicht erhöhe, ein weiteres Jahr in Gladbach zu spielen? Bei solchen Fragen grinst der 27-jährige Angreifer nur. "Ich beschäftige mich jetzt nicht mit einem Wechsel", sagte er, "ich stelle meine Personalie hinten an." Kruse verweigert ein Treuebekenntnis. Als möglicher Zielverein gilt Borussia Dortmund.

Wolfsburg: Was ist mit Bas Dost?

In jenen sechs Monaten seit Mitte Oktober, als Kruse zuletzt aus dem Spiel heraus getroffen hatte, war der Stürmer weder untätig noch in einem Formtief. Er hat in dieser Zeit durchgängig gespielt, drei Elfmeter verwandelt, sechs Tore vorbereitet und war stets einer der aktivsten Spieler. Zehn Bundesliga-Partien ohne Niederlage haben die Gladbacher jetzt hinter sich, acht Heimspiele haben sie nacheinander gewonnen. Und sie haben jetzt nur noch vier Punkte Rückstand auf Wolfsburg. Am übernächsten Samstag empfangen sie den um zwei Punkte schlechter stehenden Vierten aus Leverkusen. In diesem Spiel kann die Vorentscheidung fallen um die direkte Qualifikation für die Champions League.

Dass Wolfsburg schwächelt, ist auch auf Stürmer Bas Dost zurückzuführen

Bei den Wolfsburgern wächst derweil die Furcht, den sicher geglaubten zweiten Platz noch zu verlieren. Zehn bzw. 14 Punkte Vorsprung hatten sie Ende Februar auf Gladbach und Leverkusen. Mittlerweile ist der Abstand auf vier bzw. sechs Punkte geschmolzen, und man kommt nicht umhin, das auch auf die Formschwäche des Mittelstürmers Bas Dost, 25, zurückzuführen.

Der Niederländer hat in den ersten sechs Rückrundenspielen elf Tore erzielt, aber seit dem 1. März nicht mehr getroffen. Beim vorangegangenen 1:1 gegen Schalke wurde er spät eingewechselt, am Sonntag in Mönchengladbach schmorte er die ganze Zeit auf der Ersatzbank. Trainer Dieter Hecking hätte ihn vermutlich eingewechselt, wenn der Gladbacher Siegtreffer früher gefallen wäre, aber da dies erst in der 90. Minute der Fall war und Hecking zuvor mit einem 0:0 zufrieden zu sein schien, blieb Dost draußen.

Wie sehr das an ihm nagt, war zu sehen, als er grimmigen Blicks aus dem Stadion schlich und sich nicht einmal von niederländischen Reportern in ein Gespräch verwickeln ließ.

Eine neue Chance könnte Dost an diesem Mittwoch im DFB-Pokal-Halbfinale beim Drittligisten Arminia Bielefeld erhalten. Welche wegweisende Bedeutung der Trainer Hecking diesem Spiel bemisst, wurde am Sonntag klar, als er sagte: "Ein Sieg in Bielefeld kann uns einen Schub geben - aber eine Niederlage müsste man natürlich erst einmal abschütteln."

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