Bürgerschaftswahl in Bremen:Das sind die Spitzenkandidaten

Der ewige rote Bürgermeister kämpft gegen "Bürger in Wut" und gegen eine FDP-Kandidatin ohne Parteibuch, aber mit TV-Erfahrung. Die Köpfe der Bremer Bürgerschaftswahl in Kurzporträts.

Von Hannah Beitzer

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Jens Böhrnsen, 65 Jahre, SPD

Wahlkampf zur Bremer Bürgerschaft

Quelle: dpa

Die Hansestadt Bremen ist als Stadtstaat nicht nur das kleinste, sondern auch das einzige deutsche Bundesland, in dem die SPD seit 1945 ununterbrochen regiert. Bürgermeister Jens Böhrnsen übernahm sein Amt 2005 von Henning Scherf, der aus persönlichen Gründen zurücktrat. Seitdem hat er schon zweimal eine Bürgerschaftswahl gewonnen. Der 65-jährige Jurist und ehemalige Richter sitzt seit 1995 für die SPD in der Bremer Bürgerschaft. Es sieht alles danach aus, dass er auch nach dem 10. Mai Bürgermeister bleibt. Die SPD kommt in jüngsten Umfragen auf 37 Prozent der Stimmen. Das ist etwas weniger als 2011, reicht aber trotzdem für unterschiedliche Optionen. Eine große Koalition? Rot-Grün? Oder doch die neu erstarkte FDP? Wahrscheinlich ist, dass Böhrnsen die Koalition mit den Grünen fortsetzt. Bremen ist trotz der komfortablen Lage für seine SPD nicht einfach zu regieren. Die Hansestadt ist das ärmste Bundesland Deutschlands und hat sich in den vergangenen Jahren auch noch zum Zentrum des deutschen Islamismus entwickelt. Zuletzt gab es Gerüchte, dass Böhrnsen wie sein Vorgänger noch vor Ablauf der nächsten Legislaturperiode sein Amt niederlegen könnte, um einem Nachfolger Platz zu machen. Besonders eifrig streute das die oppositionelle CDU - und warf dem Bürgermeister einen lustlosen Wahlkampf vor.

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Karoline Linnert, 56 Jahre, Grüne

Wahlkampf zur Bremer Bürgerschaft

Quelle: Carmen Jaspersen/dpa

Zwölf Prozent - so niederschmetternd könnte die Wahl am 10. Mai für die Bremer Grünen unter Karoline Linnert ausgehen, wenn die jüngsten Umfragen sich bewahrheiten. Anderswo sind zwölf Prozent für die Grünen gut, in Bremen aber erreichte die Partei in der Bürgerschaftswahl 2011 mehr als 22 Prozent und wurde nach der SPD zweitstärkste Kraft. Damals spielte die Reaktorkatastrophe von Fukushima eine entscheidende Rolle, der Wahlkampf in diesem Jahr gilt hingegen als themenarm. Der Ausgang der Wahl scheint ohnehin schon festzustehen: Rot-Grün wird fortgesetzt. So wird es für die Grünen schwierig werden, die eigenen Wähler zu mobilisieren. Außerdem ist der Absturz keine gute Nachricht für Spitzenkandidatin Linnert, die einem Bericht der taz zufolge sogar einen Motivationsbrief an alle Mitglieder geschrieben hat. Linnert hat ohnehin schon seit Jahren einen besonders undankbaren Job. Seit 2007 ist die 56-Jährige Finanzsenatorin der armen Hansestadt, muss also vor allem sparen.

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Elisabeth Motschmann, 62 Jahre, CDU

Wahlkampf zur Bremer Bürgerschaft

Quelle: dpa

Wer soll bloß die notorisch schwächelnde Bremer CDU in den Wahlkampf führen? Für die Union war das keine leichte Frage. Schließlich musste Elisabeth Motschmann ran, geborene Elisabeth Charlotte Baronesse von Düsterlohe. Die 62 Jahre alte Bundestagsabgeordnete gehört ihrer Partei seit fast 40 Jahren an, Radio Bremen nannte Motschmanns Kandidatur einen "Witz". Niemand in Bremen rechne ernsthaft mit einer großen Koalition, so dass die 62-Jährige wohl ihr Mandat im Bundestag behalten werde, also gar nicht in die Bürgerschaft einzieht. Die CDU sei nach dem Ende der großen Koalition vor acht Jahren immer noch nicht in ihrer Rolle als Opposition angekommen, urteilt die lokale Presse. Dabei gibt es aus ihrer Sicht eigentlich genügend Themen: Bremen ist Letzter in der Bildung, hat die höchste Verschuldung, ein hohes Armutsrisiko und eine hohe Kriminalitätsrate, zählt der Weser Kurier auf. Trotzdem wird es im roten Bremen schwierig für die Baroness und ihre Partei. Die Umfragewerte der CDU haben sich im Vergleich zur vergangenen Wahl verbessert auf bis zu 25 Prozent, doch die SPD bleibt unangefochten.

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Kristina Vogt, 45 Jahre, Die Linke

Pk zur Fraktionsvorsitzendenkonferenz der Linken

Quelle: dpa

Soziale Spaltung, Ungerechtigkeit in der Bildung: Das sind die Themen der linken Spitzenkandidatin Kristina Vogt. Die 49-jährige alleinerziehende Mutter malt sich keine Chancen auf eine Regierungsbeteiligung aus, obwohl das rechnerisch möglich wäre. Bis zu neun Prozent erhält die Linke in den Umfragen. Doch es ist hier wie überall in Westdeutschland: SPD und Linke gehen nicht zusammen. Vogt hat aber immerhin in den vier Jahren, die sie nun Fraktionschefin der Linken in der Bremer Bürgerschaft ist, Ruhe in die ehemals zerstrittene Partei gebracht. 2011 hatte die Linke es nur mit einiger Anstrengung noch über die Fünfprozenthürde geschafft, heute peilt Vogt sogar zehn Prozent an.

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Lencke Steiner, 29 Jahre, FDP

Bremer Bürgerschaftswahlkampf

Quelle: dpa

Nach der krachenden Wahlniederlage bei der Bundestagswahl 2013 will die FDP alles anders machen: jünger werden, weiblicher, sympathischer. In Bremen geht der Wunsch nach Veränderung sogar so weit, dass Spitzenkandidatin Lencke Steiner noch nicht mal Mitglied in der Partei ist. Steiner, selbstständige Unternehmerin, 29 Jahre, verkörpert wie die Hamburger Spitzenkandidatin Katja Suding bis in die Haarspitzen das neue Bild, das die FDP von sich zeichnet. Sie ist Gegnerin der Frauenquote und der Rente mit 63, Vorsitzende des Bundesverbands "Junge Unternehmer" und hat als Jurorin in einer Unternehmer-Show des Privatsenders Vox schon Fernseherfahrung gesammelt. Gemeinsam mit Suding und FDP-Generalsekretärin Nicola Beer ließ sie sich für das Klatschmagazin Gala als "drei Engel für Lindner" ablichten. Doch die FDP-Frauen für den Boulevard-Auftritt zu belächeln, hieße sie zu unterschätzen. Steiner hat mit dem auf ihre Person zugeschnittenen Wahlkampf die FDP in Umfragen auf bis zu sechs Prozent gebracht. Das ist beachtlich im Vergleich zu den mickrigen 2,4 Prozent, mit denen die FDP 2011 den Einzug in die Bürgerschaft verpasste.

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Christian Schäfer, 51 Jahre, Alternative für Deutschland

Christian Schäfer von der AfD Bremen.

Quelle: AfD

Der AfD könnte durch Bremen schon zum zweiten Mal den Einzug in ein westdeutsches Länderparlament schaffen, im Moment liegt sie hier in Umfragen bei etwa fünf Prozent. Spitzenkandidat Christian Schäfer, 51 Jahre, gehört dem wirtschaftsliberalen Flügel der neuen Partei an. "Nüchtern, sachlich, unaufgeregt" - so beschreibt ihn der Weser Kurier in einem Porträt. Klingt anders als seine Parteikollegen im Osten Deutschlands, die im Wahlkampf (erfolgreich) auf populistische Töne setzten und teilweise offen mit der Anti-Islam-Bewegung Pegida sympathisieren. Im Wahlkampf bekommt Schäfer denn auch Unterstützung von Parteichef Bernd Lucke, der zuletzt in der Partei im Kampf gegen die aufmüpfige Ost-AfD schmerzhafte Rückschläge hinnehmen musste. Der Streit in der Partei könnte dem Bremer Wahlkampf schaden, fürchten einige. Noch dazu, wo die AfD hier Konkurrenz hat: Die "Bürger in Wut" - ein Name, der auch auf die Alternative für Deutschland passen würde - bearbeiten in Bremen schon seit Jahren ähnliche Themen wie die AfD. BiW-Spitzenkandidat Jan Timke zog 2011 über die Bremerhavener Landesliste in die Bürgerschaft ein, obwohl seine Partei im ganzen Stadtstaat die Fünf-Prozent-Hürde verfehlte. Timke gilt als wenig zurückhaltend und scheut sich nicht, Themen wie Zuwanderung so populistisch aufzugreifen wie die AfD im Osten Deutschlands.

© Süddeutsche.de/rus
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