Familienfreundlichkeit:Kinderwunsch? Muss das sein?

Arbeitsrechtliches bei Schwangerschaft im Job

Dass sich der Arbeitgeber nach der Familienplanung erkundigt, ist nicht erlaubt. Üblich ist es trotzdem.

(Foto: Andrea Warnecke/picture alliance/dpa)

Kündigungsschutz, Elterngeld, Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz - an Regelungen zur Vereinbarkeit von Berufstätigkeit und Familienleben fehlt es nicht. Drei Frauen und ein Mann berichten, warum die Wirklichkeit oft anders aussieht.

Von Christina Waechter

Karin Berthold, 37, Architektin

"Ich arbeite in einem jungen Unternehmen und war die erste Mitarbeiterin, die schwanger wurde. Meine Chefs haben so getan, als wäre ich der erste Mensch überhaupt, der sich fortpflanzt: Sie waren überhaupt nicht vorbereitet, leicht panisch und ich musste mich um alles selbst kümmern. Das fand ich damals nicht besonders schlimm. Wir sind nun mal ein kleines Büro mit flachen Hierarchien, und das hat eben auch manchen Nachteil. Weil ich mir Sorgen um meine Stellung machte, entschied ich mich, relativ früh wieder aus der Elternzeit zurückzukehren. Das fanden die Chefs toll. Ich wäre gerne länger bei meiner Tochter zu Hause geblieben, wollte aber meine beruflichen Chancen nicht durch gluckenhaftes Benehmen gefährden.

Nach sechs Monaten kehrte ich in Teilzeit zurück - und stellte zu meiner Überraschung fest, dass ich all meine Kompetenzen verloren hatte. Vorher hatte ich mehrere Bereiche alleinverantwortlich bearbeitet. Jetzt war ich nur noch die Mitarbeiterin, die anderen zuarbeitet. Jüngere, vor allem männliche Kollegen zogen in atemberaubendem Tempo an mir vorbei und ich merkte auf einmal: So flach sind die Hierarchien in unserer Firma doch nicht.

Als ich zum zweiten Mal schwanger wurde, war klar, dass ich mich damit ins Aus manövrierte. Eigentlich fühlte ich mich in dem Büro mittlerweile so unwohl, dass ich nur noch weg wollte, doch wer schon mal mit dickem Bauch eine neue Stelle gesucht hat, weiß, wie willkommen man da ist. Also beschloss ich, nach der Elternzeit wieder in die Firma zurückzukehren und mich von dort aus zu bewerben.

Pünktlich, zwei Monate vor Ablauf der Elternzeit, telefonierte ich mit den Chefs, um über den Zuschnitt meiner Aufgaben zu sprechen. Ich teilte ihnen meine Wünsche mit. Sie bedauerten, dass gerade dort nichts frei sei und rieten mir, meine Elternzeit zu verlängern. Zwei Wochen später las ich auf einem Branchenportal eine Stellenanzeige meines Arbeitgebers - für genau meinen Wunschbereich.

Ich habe jetzt meine Elternzeit auf drei Jahre ausgeweitet und suche einen neuen Job. Und ich bin wahnsinnig wütend. Ich weiß nicht, was ich hätte besser machen sollen, um meinen Chefs zu genügen."

Veronika Maier, 32, Personalerin

"Meine Probezeit war gerade vorbei, als ich schwanger wurde. Gleich darauf kam die Kündigung. Weil das bei einer Schwangeren nicht so einfach ist, haben meine Arbeitgeber über das Gewerbeaufsichtsamt versucht, eine außerordentliche Kündigung zu erwirken und eine achtseitige Begründung mitgeschickt. Darin haben sie wirklich abenteuerliche Verfehlungen aufgelistet: dass ich für die Abteilung nicht tragbar sei, dass ich Fehler gemacht hätte.

Nur: Mit mir hat nie jemand über diese Fehler geredet. Bevor ich schwanger wurde, hatte ich nie Probleme im Job. Ich habe viel und gern gearbeitet, hatte ein sehr gutes Verhältnis zu den Kollegen und meiner Chefin. Bis dahin gab es immer nur positive Mitarbeitergespräche, ich wurde nicht einmal abgemahnt und auch in meiner Personalakte war nichts vermerkt.

Das sagt das Gesetz

Bewerbung:

Das Thema Familienplanung geht den Arbeitgeber grundsätzlich nichts an. Wird man danach in Bewerbungsgesprächen gefragt, darf man sanktionslos lügen - sogar eine bestehende Schwangerschaft verschweigen.

Kündigung in der Schwangerschaft:

Während der gesamten Schwangerschaft bis zu vier Monate nach der Entbindung ist jede Kündigung unzulässig, wenn dem Arbeitgeber die Schwangerschaft bekannt war oder er innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung über die Schwangerschaft informiert wurde. Kündigt der Arbeitgeber trotzdem, muss man innerhalb von drei Wochen Klage beim Arbeitsgericht einreichen.

Arbeitsschutz:

Eine Schwangere muss keine Arbeiten verrichten, die die Gesundheit des ungeborenen Kindes bedrohen könnte. Für Arbeiten, bei denen man sich häufig beugen und strecken, mehr als fünf Kilo tragen muss oder mehr als vier Stunden stehen muss, gilt ein Beschäftigungsverbot. Auch Akkord- und Fließbandarbeit sind für Schwangere verboten. Zudem muss der Chef für ausreichende Erholungspausen sorgen und die Schwangere für Arztbesuche freistellen.

Mutterschutz:

Der Mutterschutz beginnt sechs Wochen vor dem errechneten Geburtstermin und endet acht Wochen nach der (tatsächlichen) Entbindung. In dieser Zeit gilt ein Beschäftigungsverbot. Während der gesamten Zeit des Mutterschutzes hat die Frau Anspruch auf Mutterschaftsgeld und einen Arbeitgeberzuschuss.

Elternzeit:

Nach dem Mutterschutz können frischgebackene Eltern Elternzeit nehmen. Die beträgt für jeden Elternteil höchstens drei Jahre. Ein Anteil von bis zu einem Jahr kann mit Zustimmung des Arbeitgebers auch über bis zur Vollendung des achten Lebensjahres genommen werden. Während der gesamten Elternzeit gilt Kündigungsschutz. Die Eltern selbst können während der Elternzeit jederzeit kündigen. Nach der Rückkehr aus der Elternzeit hat der Arbeitnehmer Anspruch auf eine gleichwertige Tätigkeit, die die Bedingungen erfüllen muss, die im Vertrag geregelt sind - Arbeitszeit, -Ort und Bezahlung.

Ich habe mir dann schnell einen Anwalt genommen, weil ich Angst hatte, im Kontakt mit dem Gewerbeaufsichtsamt einen Fehler zu machen. Der lieferte eine Stellungnahme ab, woraufhin das Gewerbeaufsichtsamt entschied, dass keine Gründe für eine außerordentliche Kündigung vorliegen. Aber für mich war damit die Sache nicht aus der Welt. Bei so einem zerrütteten Verhältnis kann man nicht zurück. Ich habe mich dann erst mal krankschreiben lassen. Aber das wirkt sich natürlich negativ auf das Elterngeld aus.

Der nächste Schritt meines Arbeitgebers wäre gewesen, vor das Arbeitsgericht zu ziehen und es dort mit einer Kündigung zu versuchen. Zum Glück habe ich eine verständnisvolle Gynäkologin gefunden, die in letzter Zeit öfter schwangere Patientinnen hatte, die gemobbt wurden. Sie hat mir deshalb ein Beschäftigungsverbot erteilt, damit bekomme ich mein Gehalt weiterhin ausgezahlt.

Bis ich schwanger wurde, dachte ich immer: Wir leben in einer modernen Gesellschaft, wo so etwas nicht mehr vorkommt. Es muss doch funktionieren, dass man auch mit Kind arbeiten kann. Aber jetzt sehe ich auf einmal, dass dem nicht so ist und dass es ein strukturelles Problem zu sein scheint. Wer länger in Elternzeit geht, wer gar nur in Teilzeit zurückkommt, ist nicht willkommen. Als vollwertige Arbeitskraft wird nur angesehen, wer kinderlos ist und mindestens 40 Stunden pro Woche im Büro verbringt."

Auf der nächsten Seite: Ein Arbeitnehmer, der die Schwangerschaft seiner Frau verschweigt und eine Investmentbankerin, die plötzlich ihren Konkurrenten einlernen soll.

Da wäre schon mal Ihr Nachfolger

Mark Strasser, 34, Marketingmanager

"Als meine Frau schwanger wurde, war ich mit einem befristeten Vertrag in einer Agentur angestellt. Und weil ich mitbekommen hatte, wie mein Chef bisher mit seinen Angestellten umgesprungen war, nämlich nicht besonders moralisch, habe ich ihm erst mal nichts davon gesagt.

Ich habe die gesetzlich erlaubte Frist komplett ausgereizt und erst knapp acht Wochen vorher gesagt, dass ich in Elternzeit gehen würde - mehr als sechs Monate. Zu dem Zeitpunkt war nämlich schon der Kündigungsschutz in Kraft und er konnte mich nicht rausschmeißen.

Die kurze Frist bis zur Elternzeit war in meinem Fall schon problematisch, weil wir ein kleines Unternehmen mit zehn Mitarbeitern sind und ich in einer Position mit engem Kundenkontakt stark involviert war. Mein Chef hatte nur sieben Wochen Zeit, einen Ersatz für mich zu finden, was sich als schwierig herausstellte und dann auch tatsächlich schiefgegangen ist. Mein Ersatz konnte mein Arbeitspensum nicht meistern, und es war eine wahnsinnig lange Einarbeitungszeit nötig. In den ersten Wochen meiner Elternzeit war ich deshalb immer noch eingebunden.

Trotzdem habe ich kein schlechtes Gewissen. Und wenn ich mich um einen neuen Job bewerbe, werde ich nicht angeben, dass ich ein Kind habe. Das wurde mir von anderen Eltern geraten. Ich glaube, viele Unternehmen scheuen sich davor, junge Eltern einzustellen, weil der krankheitsbedingte Ausfall schon höher ist. Eigentlich war mir schon immer klar, dass der Arbeitsmarkt so tickt, insofern hat mich das alles nicht so schockiert. Nur die Folgen für die Gesellschaft finde ich absolut traurig: Das Kinderkriegen verlagert sich immer weiter nach hinten, Erstgebärende in Städten sind im Schnitt über dreißig."

Maria Hauff, 37, Investmentbankerin

"Pünktlich zu meinem 33. Geburtstag hat mein Chef einen Mann eingestellt, der genau meinen Aufgabenbereich mit abdecken sollte. Offiziell zu meiner Unterstützung, aber im Gespräch hat mir mein Chef dann den wahren Grund eröffnet: Ich sei ja jetzt in dem Alter, in dem man an die Familiengründung denke und da müsse er sich einfach darauf vorbereiten.

Ich war zu dem Zeitpunkt weder liiert, noch hatte ich jemals ihm oder einem Kollegen gegenüber Interesse am Thema Kinder geäußert. Die Maßnahme war also einfach aufgrund meines Geschlechts ergriffen worden. Das hat mich wahnsinnig gekränkt. Dazu kommt, dass dieser Kollege eine ziemliche Null war und ich ihn einarbeiten musste, was ich als eine echte Demütigung empfunden habe.

Mein Chef hat mich in den folgenden Monaten mehrmals explizit gefragt, ob und wann ich gedenke, Kinder zu bekommen. Das ist nicht erlaubt, aber er hat sich darüber hinweggesetzt, wohl wissend, dass ich ihn deshalb nicht anschwärzen würde. Geärgert habe ich mich trotzdem.

Ich arbeite im Investmentbanking, einer immer noch sehr Männer-dominierten Branche. Auf meiner Ebene gibt es ungefähr 15 Prozent Frauenanteil. Jetzt ist die Frauenquote für Aufsichtsräte in Kraft getreten, und sie suchen händeringend nach qualifizierten Frauen, denen sie noch vor ein paar Jahren zu verstehen gegeben haben, dass sie mit Mitte dreißig ein natürliches Ablaufdatum haben.

In Folge dieser Aktion hat meine Loyalität dem Chef gegenüber stark abgenommen. Als ich dann vor drei Jahren schwanger wurde, bin ich aus der Abteilung ausgeschieden und nach der Elternzeit in eine andere Abteilung gewechselt. Mein neuer Chef fördert mich in allen Belangen und gibt mir zu verstehen, dass er meine Arbeit trotz Teilzeit und Kind zu schätzen weiß. Es geht also auch anders."

Alle Namen sind der Redaktion bekannt, aber zum Schutz der Betroffenen geändert.

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