Fall Freddie Gray:Mithäftling spricht von Selbstverletzung

  • Der Afro-Amerikaner Freddie Gray, der nach einer Festnahme durch die Polizei in Baltimore starb, soll sich im Polizeiwagen gegen die Wand geworfen haben - um sich selbst zu verletzen.
  • Das sagt einem Bericht der Washington Post zufolge ein Mann, der in der Nebenkabine saß.
  • Die Polizei will ihre Ermittlungsergebnisse am Freitag der Staatsanwaltschaft übergeben.

Mithäftling: Gray hat "bewusst versucht, sich selbst zu verletzen"

Für die meisten scheint die Antwort auf die wichtigste Frage im Fall Freddie Gray festzustehen: Die Polizei hat den jungen Mann misshandelt, hat ihm die Rückenmarksverletzungen zugefügt, die zu seinem Tod führten. Viele glauben das und gehen gegen Polizeigewalt auf die Straße. Nicht nur in Baltimore, auch in Ferguson und New York City. Tatsächlich liegt der Schluss nahe - die Stadt Baltimore hat allein in den vergangenen vier Jahren 5,7 Millionen Dollar Entschädigung an Opfer von Polizeigewalt gezahlt. Sechs Beamte wurden im Zusammenhang mit Grays Tod suspendiert. Doch noch ist die Frage nach der Ursache der Verletzungen nicht abschließend geklärt.

Jetzt bringt ein Mithäftling die These von der Polizeigewalt ins Wanken. Der Mann saß nach Grays Festnahme im gleichen Polizeibus. Er konnte den 25-Jährigen nicht sehen, will aber gehört haben, wie sich Gray gegen die Wand warf. Er glaube, Gray habe "bewusst versucht, sich selbst zu verletzen". Das schreibt die Washington Post unter Berufung auf ein Polizeidokument. Der Name des Häftlings wird aus Sorge um dessen Sicherheit geheim gehalten.

Polizei will Ermittlungsergebnisse an Staatsanwaltschaft übergeben

Noch ist nicht klar, ob es weitere Beweise für die Selbstverletzung Grays gibt. Offiziell ist noch nicht einmal bekannt, ob Gray die Verletzungen erst im Bus erlitt, oder bereits bei seiner Festnahme. Es existiert ein Video, das zeigt, wie er von Beamten zum Polizeibus gebracht wird und dabei schreit. Vor Schmerzen, so wurde das bislang gedeutet.

Fest steht, dass Gray bewusstlos war, als der Wagen an der Polizeistation geöffnet wurde. Der 25-Jährige wurde ins Krankenhaus eingeliefert und starb eine Woche später an seinen Verletzungen.

Baltimores Polizeisprecher wollte sich gegenüber der Washington Post nicht zur Aussage des Mithäftlings äußern, solange die Untersuchungen laufen. An diesem Freitag will die Polizei ihre Ermittlungsergebnisse an die Staatsanwaltschaft übergeben.

Friedlicher Protest in Baltimore, Festnahmen in New York

In Baltimore, wo nach schweren Ausschreitungen in der Nacht zum Dienstag eine nächtliche Ausgangssperre gilt, blieb es in der vergangenen Nacht ruhig. Am Abend zogen Tausende Demonstranten friedlich vom Bahnhof zum Rathaus. In Ferguson, wo seit dem Tod des schwarzen Jugendlichen Michael Brown durch einen Polizisten immer wieder Unruhen ausbrechen, gingen ebenfalls zahlreiche Menschen auf die Straße. In Washington zogen etwa 1000 Menschen zum Weißen Haus.

In New York versammelten sich Tausende Demonstranten auf dem Union Square im Stadtteil Manhattan. Laut dem Nachrichtensender CNN wurden 60 Demonstranten festgenommen. Ein kleinere Demonstration fand laut US-Medien in Boston statt.

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