SC Paderborn:Gier schlägt Angst

SC Freiburg v SC Paderborn 07 - Bundesliga

Zweite Ehrenrunde: Doppeltorschütze Lukas Rupp (l.) und sein Paderborner Teamkollege Moritz Stoppelkamp feiern das 2:1 gegen Freiburg.

(Foto: Michael Kienzler/Getty)

Es geht voran: Trotzige Paderborner bäumen sich auch in Freiburg auf und drehen ein verloren geglaubtes Spiel. Nach dem 2:1-Sieg verlassen die Ostwestfalen erstmals seit Februar die Abstiegsränge.

Von Christoph Ruf, Freiburg

Der Mann, der in der Halbzeitpause vor dem verwaisten Spielereingang stand, sah traurig aus. Gedankenverloren schaute er ins Nichts und zog hin und wieder an seiner Zigarette. Michael Born war in dieser Viertelstunde untröstlich. Dass sein Team nach diesen desolaten 45 Minuten noch mal in die Partie zurückfinden würde, damit hätte der Geschäftsführer des SC Paderborn zu diesem Zeitpunkt sicher nicht mehr gerechnet.

Dass der gleiche Mann eine Stunde später fröhlich lächelnd und ohne Zigarette angetroffen wurde, mag auch an einer Pausenansprache des Trainers André Breitenreiter gelegen haben, die sowohl die kurzfristige ("So geht es nicht") als auch die langfristige Perspektive ("So wird es kein weiteres Jahr Bundesliga geben") berücksichtigt hatte. Jedenfalls drehten die Paderborner eine Partie beim direkten Konkurrenten Freiburg, bei der sie Glück hatten, dass sie zur Halbzeit nur 0:1 zurücklagen. Doppeltorschütze Lukas Rupp (1:1/70. und 2:1/80.) und Passgeber Mahir Saglik waren von Breitenreiter eingewechselt worden und sorgten damit plötzlich im Freiburger Lager für tiefe Nachdenklichkeit.

Wie bei SC-Kapitän Julian Schuster. Warum sein Team nach einem ziemlich überzeugenden ersten Durchgang so stark abfiel, konnte er nicht begreifen: "Was wir in der zweiten Halbzeit gespielt haben, das ging gar nicht", seufzte er. "Wenn es spielerisch bei uns läuft, sind wir gut." Aber wenn nicht, sieht es mau ist. Zumal die Schwächen beim Torabschluss zuweilen grotesk wirken. Im ersten Durchgang machte Freiburg zwar da weiter, wo es beim 2:2 in Stuttgart aufgehört hatte und ließ den Gegner mit druckvollem Spiel und flüssigen Kombinationen alt aussehen. Doch mehr als ein Tor durch Nils Petersen gelang nicht, weil Jonathan Schmid und Admir Mehmedi vor dem Tor die Cleverness abging, die Petersen seit Wochen zeigt.

Nicht auszudenken, wo der SC stünde, wenn der ehemalige Bremer nicht sieben Tore in neun Partien geschossen hätte. Ebenfalls nicht auszudenken, wenn Petersen am Freitag beim HSV ausfallen sollte. SC-Trainer Streich musste am Samstag Petersen, Oliver Sorg und Mike Frantz verletzungsbedingt auswechseln: "In dieser Saison kommt wirklich alles zusammen."

Mit Vorliebe punktet der SCP gegen Nachbarn aus dem Keller

Nach Paderborns Ausgleich wären allerdings auch ohne Petersen noch 20 Minuten Zeit gewesen, auf den Siegtreffer zu drängen, stattdessen gingen beim SC die Köpfe runter, in Strafraumnähe wurden die Bälle hin- und hergeschoben, Verantwortung delegiert. Der Paderborner Siegtreffer war die logische Folge. Auch wenn Streich seinen Spielern "keinen Vorwurf machen" wollte - Angst vor der eigenen Courage und eine gewisse Lässigkeit, die zumindest Admir Mehmedi bei seiner Riesenchance (28.) offenbar hatte, sind im Abstiegskampf keine Tugenden.

Den Gästen aus Ostwestfalen waren die Freiburger Befindlichkeiten natürlich herzlich egal. Dass Paderborn "schon als abgestiegen galt" und "in manchen Umfragen gar nicht mehr vorkam" (Breitenreiter) hat offenbar eine Trotzreaktion ausgelöst. Zuletzt holte der SCP aus vier Spielen sieben Punkte. Zudem fällt auf, dass ausgerechnet gegen die Vereine, mit denen man nun die zwei bis drei Absteiger ausspielt, die Bilanz besonders gut ist. Schon im August gelang ein 3:0 beim HSV, gegen Hannover holte Paderborn sechs Zähler, gegen Freiburg vier. Und nach dem 0:0 im Hinspiel beim VfB Stuttgart hätte Paderborn nichts dagegen, wenn am letzten Spieltag mit einem Sieg gegen die Schwaben der Klassenerhalt gesichert werden könnte.

"Jeder hier ist gierig darauf, die Sensation zu schaffen", freute sich Paderborns Offensivmann Moritz Stoppelkamp. Diese Gier könnte in dieser Saison schon fast ausreichen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: