Italien:Erfolg für Renzi

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Italiens Premier gelingt die erste große Reform seiner Amtszeit: Nach monatelangem Streit billigt das Parlament seine Wahlrechtsänderung.

Von Oliver Meiler, Rom

Nach monatelangen aufgeregten Debatten hat Italiens Parlament das neue Wahlgesetz der sozialdemokratischen Regierung von Premier Matteo Renzi endgültig gebilligt. 334 Abgeordnete stimmten für das so genannte "Italicum", 61 dagegen. Die rechtsbürgerliche Opposition hatte die Aula verlassen.

Renzi gelingt damit die erste große institutionelle Reform seiner Amtszeit, bezahlt dafür aber einen politischen Preis. Einigen Dutzend Vertretern seines Partito Democratico missfiel das forsche Vorgehen ihres Generalsekretärs so sehr, dass sie sich in der Schlussabstimmung gegen die Vorlage wandten. Um die Verabschiedung der umstrittenen Paragrafen abzusichern und Änderungsanträge der Kritiker zu verhindern, hatte Renzi letzte Woche dreimal die Vertrauensfrage gestellt - und gewonnen.

Als das Resultat feststand, twitterte der stets mitteilungsfreudige Premier: "Versprechen gehalten. Italien braucht jene, die nicht immer nur Nein sagen. Wir machen weiter, mit Bescheidenheit und Mut." An seinem Mut zweifelt niemand, manche aber an seiner Bescheidenheit.

Mit dem "Italicum", einer Wortschöpfung Renzis, soll die politische Stabilität Italiens gefördert und die Amtsdauer künftiger Regierungen verlängert werden. Der neue Modus mischt zwei Modelle: Die Abgeordneten werden nach dem Verhältniswahlrecht bestimmt. Die Partei mit den meisten Stimmen erhält eine Prämie, damit die Regierung möglichst die ganze Legislaturperiode übersteht. In den letzten Jahrzehnten war das in Italien nur selten der Fall. Erreicht eine Partei auf Anhieb 40 Prozent, beträgt der Bonus 15 Prozent - die Mehrheit hielte dann also 55 Prozent der Sitze im Palazzo Montecitorio. Bringt es hingegen keine Partei auf 40 Prozent, findet eine Stichwahl zwischen den beiden Formationen mit den meisten Stimmen statt, deren Sieger dann über 53 Prozent der Mandate verfügen würde.

Besonders heftig kritisiert wurde der Passus, der vorsieht, dass die Parteien fest vorbestimmen, wer ihre Liste anführt. Die Wähler können ihre Präferenzen dann nur für die folgenden Listenplätze anbringen. Die Novelle bietet in diesem Punkt aber einen Fortschritt: Nach dem bisherigen Wahlgesetz, einst erdacht und verabschiedet vom Lager Silvio Berlusconis, konnten die Parteien ihre Listen nämlich "panzern", wie die Italiener sagen, vom ersten bis zum letzten Platz. Das Gesetz lief unter dem Namen "Porcellum", weil ihr Erfinder, der damalige Reformminister Roberto Calderoli, es in einem Fernsehinterview unverhohlen eine "porcata" genannt hatte, eine Schweinerei. Die Parteizentralen mutierten zu wahren Machtzentren im Land. Willkür und List bei der Zusammenstellung der Listen waren keine Grenzen gesetzt.

Nach Renzis Plan soll nun also die Exekutive gestärkt werden: "Wir sorgen nur dafür", sagte er bei einem Auftritt am Montag in Mailand, "dass der, der Erster wird, die Wahlen auch wirklich gewinnt und regieren kann. Das ist doch kein Geniestreich."

© SZ vom 05.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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