Bürgerversammlung in Karlsfeld:Ruhige Lage

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Die ersten Blumen sprießen vor dem neu eröffneten Kinderhaus "Wiesenkinder". Die Baukosten beliefen sich auf rund 2,3 Millionen Euro. (Foto: Toni Heigl)

Die Diskussion auf der Bürgerversammlung in Karlsfeld dominieren eine Satzung, die Anwohner verpflichtet, am Straßenbau mitzuzahlen und die Kinderbetreuungsfrage.

Von Gregor Schiegl, Karlsfeld

Die Karlsfelder Blaskapelle ist nicht nur immer eine Bereicherung, bei der Karlsfelder Bürgerversammlung trägt sie auch einiges dazu bei, dass Bürgermeister Stefan Kolbe, sein Stellvertreter Stefan Handl und seine Rathausmitarbeiter nicht allzu verloren wirken im großen Bürgersaal. Kaum 80 Leute sind der Einladung der Gemeinde gefolgt, was man aber auch positiv sehen kann: Derzeit gibt es offenbar keine Themen in der Kommune, die die Karlsfelder massenweise mobilisieren würden. Man kann das im besten Fall als Zufriedenheit, im schlechtesten als Gleichgültigkeit interpretieren. Nur ein Thema scheint in Karlsfeld derzeit geeignet, den Volkszorn aufzustacheln: die Sache mit der Straßenausbaubeitragssatzung.

Vor einigen Jahren hat die Gemeinde - auf massiven Druck des Landratsamts - die Satzung eingeführt. Wenn eine Straße verbessert wird, sollen die Anwohner künftig zahlen. Dem Rathauschef gefiel das selbst nicht. "Aber wir müssen nach Recht und Gesetz handeln", sagt Kolbe. In der Krenmoosstraße, die es zuerst treffen sollte, formierte sich sofort eine Interessengemeinschaft gegen das Vorhaben, Ergebnis: die ganze Sanierung wurde erst einmal auf Eis gelegt. Der Landtag soll sich noch vor der Sommerpause mit dem Thema Straßenausbaubeitragssatzung befassen. "Wir hoffen auf eine Änderung oder einen Zusatz im Kommunalabgabengesetz." Vielleicht lässt sich das Problem aussitzen.

Für die Finanzen gilt das freilich nicht. Erst nach zähen Verhandlungen ist es der Gemeinde gelungen, für 2015 noch einmal einen Haushalt zu schnüren, für den sie keine zusätzlichen Kredite aufnehmen muss. Der Bürgermeister stellt das als großen Erfolg heraus und als Beweis, dass die Gemeinde sehr gewissenhaft mit dem Geld ihrer Bürger umgehe. Die Einnahmen reichen trotzdem nicht: Der Neubau der beiden Grundschulen wird in den kommenden Jahren ein Millionenloch in den Haushalt reißen, hinzu kommt die Dauerbelastung durch die Kinderbetreuung.

Die Gemeinde hat es laut Kolbe geschafft, für 48,7 Prozent der Ein- bis Dreijährigen einen Kinderbetreuungsplatz vorzuhalten, was weit über dem bayerischen Durchschnitt von rund 28 Prozent liege. In der Neuen Mitte solle 2016 eine weitere Krippe mit zwei Gruppen geben, westlich der Bahn ein Kinderhaus mit acht Gruppen. Und trotzdem gibt es auch in diesem Jahr wieder Eltern, die ihre Kinder auf Wartelisten setzen müssen. Der Bedarf ist gigantisch, die Kosten auch: Karlsfelds Kitas fahren in diesem Jahr ein Defizit von fünf Millionen Euro ein, Tendenz weiter steigend. "Mir fehlt da ein bisschen das Konnexitätsprinzip", sagt Kolbe, was nichts anderes heißt als dieses: Wenn der Staat ein Betreuungsangebot für die Kleinsten beschließt, sollte er bitteschön auch die Kosten dafür tragen, und zwar nicht nur in Form einmaliger Baukostenzuschüsse.

Einige Bürger regen an, auch die Bauträger zur Kasse zu bitten, um die sozialen Folgekosten abzufedern. Mittlerweile zählt die Gemeinde mehr als 19 000 Einwohner. "Wir gehen mit großen Schritten auf die 20 000 Einwohner zu", sagt der Bürgermeister. Das erfordert auch im Sitzungssaal des Rathauses bald eine Erweiterung; der Gemeinderäte zählt dann 30 Sitze und nicht mehr wie jetzt 24. In der Gemeinderatssitzung am 21. Mai will die Verwaltung Vorschläge zur Ausweisung neuer Gewerbegebiete vorstellen. Die Bürger haben über Arbeitskreise entsprechende Vorarbeit geleistet. "Wir haben sehr sachlich diskutiert", sagt Kolbe.

Für den Rathauschef nun ebenfalls "ein brennendes Thema" ist die Karlsfelder Asylbewerberunterkunft. Schon vor zwei Jahren hat der Gemeinderat einen Beschluss gefasst, für Flüchtlinge ein Containerdorf hinter dem Heizkraftwerk zu errichten - allein die staatlichen Behörden kamen nicht zu Potte und schoben sich gegenseitig die Zuständigkeiten zu. "Ich bin davon ausgegangen, dass es etwas schneller geht", sagt der Bürgermeister. Er bittet die Karlsfelder, den örtlichen Helferkreis zu unterstützen. "Wenn die Menschen in unserer Gemeinde sind, sollen sie sich bei uns auch wohlfühlen", sagt er. Dafür gibt es lautstarken Applaus. Viele, die vor Jahrzehnten nach Karlsfeld gezogen sind, kamen selbst als Vertriebene, als Flüchtlinge und Fremde an.

© SZ vom 06.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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