Germanwings-Flug 4U9525:Co-Pilot experimentierte auf Hinflug mit der Flughöhe

  • Co-Pilot Andreas Lubitz hat den Absturz der Germanwings-Maschine geplant. Er ging bereits auf dem Hinflug von Düsseldorf nach Barcelona in den außerplanmäßigen Sinkflug.
  • Zu dieser Schlussfolgerung kommen die Ermittler der französischen Untersuchungsbehörde BEA, die heute den Zwischenbericht (hier als PDF auf Deutsch) in Paris vorstellten.

Zwischenbericht bringt neue Ergebnisse

Der Co-Pilot des abgestürzten Germanwings-Fluges, Andreas Lubitz, hat am Autopiloten bereits auf dem Hinflug nach Barcelona mehrfach eine zu niedrige Flughöhe eingestellt. Das geht aus dem Zwischenbericht hervor, den die französische Untersuchungsbehörde BEA am Mittwoch in Le Bourget bei Paris vorstellte:

Die niedrige Flughöhe stellte Lubitz ein, nachdem der Kapitän das Cockpit verlassen hatte und ihn die Flugsicherung in Bordeaux aufforderte, von 37 000 Fuß auf 35 000 Fuß zu sinken. Lubitz reduzierte die eingestellte Höhe für drei Sekunden auf 100 Fuß, nur um sie gleich auf 49 000 Fuß zu stellen und anschließend auf den korrekten Wert (35 000 Fuß) einzudrehen. "Er hat also den Ablauf geübt, mit dem er dann den Absturz einleitete", sagte BEA-Chef Rémi Jouty der Nachrichtenagentur AFP.

Die Flugschreiber bestätigen aus Sicht der Behörde zudem eine bewusste Handlung des Co-Piloten beim Absturz auf dem Rückflug. "Man kann daraus schließen, dass er handlungsfähig war und dass alle seine Handlungen den gleichen Sinn hatten, nämlich das Flugzeug auf den Boden stürzen zu lassen", sagte Jouty in Le Bourget bei Paris.

So verlief der Hinflug

Der Flugdatenschreiber hat alle Daten des Hinflugs von Düsseldorf nach Barcelona aufgezeichnet. Auf dem "Voice Recorder" sind die letzten 50 Minuten des Flugs vorhanden.

  • Es ist 8:19:59 Uhr, als das Geräusch der Cockpittür aufgezeichnet wird - ein Indiz dafür, dass Kapitän Patrick S. die Kanzel verlassen hat. Die Maschine fliegt zu diesem Zeitpunkt auf 37 000 Fuß.
  • 30 Sekunden später wird der Flug an das Kontrollzentrum in Bordeaux übergeben. Das Bodenpersonal fordert zum Sinken auf 35 000 Fuß auf, Andreas Lubitz bestätigt, er stellt den entsprechenden Sinkflug ein.
  • Um 8:20:50 Uhr gibt er als neue Flughöhe 100 Fuß ein, für drei Sekunden nur, dann erhöht er auf den Maximalwert von 49 000 Fuß, um die Maschine schließlich bei 35 000 Fuß zu stabilisieren.
  • Um 8:21:10 Uhr kommt eine neue Anweisung aus Bordeaux: Der Pilot soll auf 21 000 Fuß sinken. Lubitz stellt die Zielflughöhe entsprechend ein, das Flugzeug sinkt.
  • Um 8:22:27 Uhr ist die eingestellte Zielflughöhe wieder bei 100 Fuß, dann verändert sie sich mehrmals, springt hin und her.
  • Um 8:24:13 Uhr stabilisiert sich die eingestellte Flughöhe wieder bei 25 000 Fuß.
  • Drei Sekunden später erklingt der Türsummer, kurze Zeit später kehrt Kapitän Patrick S. ins Cockpit zurück.

Das Flugzeug landet um 8:57 Uhr sicher in Barcelona. Eine Stunde später, um zehn Uhr startet die Maschine vom dortigen Flughafen mit Richtung Düsseldorf - wird jedoch nie am Zielort ankommen. Die Maschine zerschellt um 10:41 Uhr in den französischen Alpen.

Experimente am Autopiloten waren für andere nicht merkbar

Technisch funktioniert die Einstellung der Flughöhe über ein Rädchen, mit dem ein Zielwert für den Autopiloten eingegeben wird. Laut Anweisung der Flugsicherung in Bordeaux hätte Lubitz dieses Rädchen also von 37 000 auf 35 000 Fuß drehen müssen. Dass Andreas Lubitz kurz danach andere Einstellungen vorgenommen hat und der Maschine befahl, erst auf 100 Fuß zu sinken und dann auf 49 000 Fuß zu steigen, habe in den wenigen Sekunden am Flugverhalten nichts verändert. "Wenn man nicht direkt daneben sitzt, hat man keine Möglichkeit, das festzustellen", sagt Markus Wahl, Sprecher der Pilotenvereinigung Cockpit.

Man müsse sich das vorstellen wie einen Tempomaten im Auto. "Wenn man 120 km/h fährt und will auf 130 beschleunigen, kann der Fahrer auch ganz kurz Tempo 250 einstellen und danach den gewünschten Zielwert von 130. Das wird außer ihm kaum einer merken", sagt der Cockpit-Sprecher. Der eigentliche Sinkflug sehe aus wie jedes andere Sinkflugprofil, der zum Landeanflug hinleitet, und weise keine ungewöhnlichen Merkmale auf.

Lubitz erhöhte auf dem Unfallflug mehrmals das Tempo

Dem Zwischenbericht der Behörde zufolge bewegte der Co-Pilot kurz vor dem Aufprall auf dem Rückflug der Maschine leicht das Steuer des Airbus - der Eingriff war jedoch nicht stark genug, um den Autopiloten außer Kraft zu setzen. Zuvor hatte der 27-Jährige den Autopiloten auf eine Flughöhe von 30 Meter eingestellt und mehrfach die Geschwindigkeit erhöht.

Während des Sinkflugs auf dem Rückflug versuchte das Kontrollzentrum in Marseille elf Mal auf drei verschiedenen Frequenzen die Flugbesatzung zu erreichen, erhielt aber keine Antwort. Die französische Luftverteidigung versuchte ebenfalls dreimal vergeblich Kontakt mit den Piloten der Germanwings-Maschine herzustellen.

Der Absturz in den französischen Alpen

Beim Absturz des Airbus A320 am 24. März wurden alle 150 Insassen der Maschine getötet.

Lubitz litt in den vergangenen Jahren an Depressionen. Die deutschen Ermittler fanden Hinweise auf Suizidpläne.

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