Kommentar:Ballast Biberschwanz

„Ein Fehler“

In einem Schreiben an die Mitgliedsorganisationen des DOSB hat Alfons Hörmann, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, den Rückzug seines Einspruches gegen ein Kartell-Bußgeld begründet. Über sein Handeln als Vorstandsvorsitzender der Creaton AG schreibt der 54-Jährige: "Ich bin mir bewusst, dass mein damaliges Vorgehen eine schwer einzuschätzende Gratwanderung war. Möglicherweise habe ich nicht vorsichtig genug agiert und muss bei selbstkritischer Betrachtung einen Fehler eingestehen." Das Bundeskartellamt hatte 2008 gegen sechs Dachziegel-Hersteller ein Bußgeld in dreistelliger Millionenhöhe wegen Preisabsprachen verhängt. SZ

Alfons Hörmann, der der Dachorganisation der deutschen Sportverbände vorsteht, entgeht einem Prozess. Den Weg dafür hätte er längst begehen können.

Von René Hofmann

Der Biberschwanz ist eine wirklich alte Dachziegel-Form. Erste Spuren von ihm lassen sich angeblich schon im 14. Jahrhundert finden. Obwohl er zuletzt ein wenig aus der Mode gekommen ist, weil sehr viele von ihm auf ein Dach getürmt werden müssen, damit es dicht wird, ist er für die Hersteller ein gutes Geschäft. Sechs Produzenten verbesserten dieses noch, indem sie die Preise absprachen. 2008 verhängte das Bundeskartellamt unter anderem deshalb ein Bußgeld in Höhe von 165 Millionen Euro. An acht Personen richteten sich die Vorwürfe konkret. Eine davon: Alfons Hörmann, einst Vorstandsvorsitzender der Creaton AG. Der 54-Jährige hat inzwischen die Branche gewechselt. Seit 2013 steht er dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) vor, der Dachorganisation der deutschen Sportverbände.

Die Vorwürfe gegen Hörmann waren bekannt gewesen, als er ins Amt kam. Er hatte juristische Schritte gegen sie eingelegt. Am Montag sollte der Einspruch vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf verhandelt werden. Der oberste deutsche Sportführer - der qua Amt ein Vorbild für Fairness und Regeltreue sein soll - als Beschuldigter vor einem zivilen Richter: Das wäre eine pikante Szenerie gewesen. Dazu aber kommt es nicht. Am Dienstagabend ließ Hörmann wissen, er ziehe seinen Einspruch zurück und akzeptiere die Strafe von circa 150 000 Euro. Das Eingeständnis einer Straftat stellt dies nicht dar. Aber es handelt sich um eine Ordnungswidrigkeit.

Hörmann wünscht sich, dass der Fall damit abgeschlossen ist. Dass er sich nun ganz auf die Aufgaben konzentrieren kann, die er in seiner neuen Rolle zu bewältigen hat. Auf seinem Schreibtisch in der DOSB-Zentrale in Frankfurt liegen zwei große Themen: die Hamburger Bewerbung um die Olympischen Sommerspiele 2024 und die Neuordnung des gesamten Leistungssports, der am besten mit weniger staatlichen Zuschüssen künftig noch mehr Medaillen gewinnen soll. Beide Herausforderungen sind knifflig. Sie fordern Engagement und Augenmaß. Den anstrengenden Moderationsprozess kann der DOSB-Chef nicht delegieren, er muss ihn selbst führen. Und deshalb ist es tatsächlich gut, wenn Hörmann dies nun mit ganzer Kraft tun kann. Es ist sogar überfällig. Der Biberschwanz wird als vielsagender Eintrag in seiner Vita bleiben. Dass er über diesen nicht stürzen würde, war klar. Den Weg, den Hörmann nun einschlug - er hätte ihn längst schon begehen können.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: