Stiftung:Bill Gates steckt Millionen in Kampf gegen todbringende Viren

Lesezeit: 3 min

Als Kind hatte er Angst vor einem Atomkrieg. Heute hält Bill Gates Viren für die größte globale Bedrohung. (Foto: Bloomberg)
  • Die Bill & Melinda Gates Foundation plant den Aufbau eines Projekts zur Krankheitsüberwachung und -prävention (Child Health and Mortality Prevention Surveillance Network, kurz CHAMPS), in das sie 75 Millionen Dollar investieren will.
  • Mit dem Projekt sollen hochinfektiöse Viren erforscht werden. Bisher sei nach den Worten von Bill Gates nur wenig investiert worden, um die nächste Epidemie zu stoppen.
  • Die Ebola-Epidemie sei zu spät bekämpft worden. Sie biete womöglich aber auch Chancen, da die Weltbevölkerung nun alarmiert sei.
  • Laut Gates seien nicht mehr Kernwaffen oder Kriege, sondern Mikroben der Feind der Menschheit.

Von Christina Berndt

Immer stärker mutiert Bill Gates vom Computerfachmann zum Medizinexperten, seit er sich mit seiner Stiftung für globale Entwicklung und globale Gesundheit engagiert. Beide Welten, die der Computer und die der Medizin, eint eines: die Bedrohung durch Viren. Und den medizinisch bedeutenden, oftmals todbringenden Viren sagt Gates nun den Kampf an. Mit einem neuen Projekt will er ihre Ausbreitung beobachten, vielleicht sogar vorhersagen und vor allem bekämpfen. In der Nacht zum Donnerstag kündigte die Bill & Melinda Gates Foundation den Aufbau eines Projekts zur Krankheitsüberwachung und -prävention (Child Health and Mortality Prevention Surveillance Network, kurz CHAMPS) an, in das sie 75 Millionen Dollar investieren will.

Viren seien in der Computerwelt wie in der Natur gleichermaßen gefährlich und faszinierend, sagte Gates der SZ, "aber die medizinischen Viren sind deshalb umso reizvoller, weil man mit einer Initiative, die sie unter Beobachtung stellt, Millionen Kindern in armen Ländern das Leben retten kann." Als er selbst Kind war, habe er in erster Linie Angst vor Atomwaffen gehabt, der Kalte Krieg habe die Welt beherrscht.

ExklusivBill Gates im Interview
:"Den täglichen Tod nehmen wir nicht wahr"

Bill Gates ist unzufrieden: Die Welt wird nicht effizient genug gemanagt. "Für den Krieg sind wir bereit" - "aber was ist mit Seuchen?", fragt der Ex-Microsoft-Chef im Gespräch mit der SZ. Gemeinsam mit seiner Frau versucht er das zu ändern. Und: Er hat noch weitere Ideen.

Von Michael Bauchmüller und Stefan Braun

Inzwischen aber seien die größten Risiken für eine globale Katastrophe ganz andere, so Gates: "Wenn irgendetwas in den kommenden Jahrzehnten mehr als zehn Millionen Menschen töten wird, dann ist das viel eher ein hochinfektiöses Virus als ein Krieg." Nicht Kernwaffen, sondern Mikroben seien der Feind der Menschheit. Und während die Menschheit viel Geld in nukleare Abwehrwaffen investiert habe, sei bisher nur wenig investiert worden, um die nächste Epidemie zu stoppen: "Wir sollten besser vorbereitet sein."

Die Ebola-Katastrophe biete womöglich auch eine Chance

Ebola habe in Afrika jüngst entsetzliches Elend verursacht, so Gates weiter. Aber womöglich biete die menschliche, medizinische und logistische Katastrophe, die dort geschehen sei, nun auch eine Chance: "Ebola hat dazu beigetragen, dass die Weltöffentlichkeit alarmiert ist. Der Ausbruch hat gezeigt, welch schreckliche Folgen es haben kann, wenn man eine Epidemie zu spät bekämpft", sagt er.

Gates' neues Projekt zielt nicht nur auf Viren ab. CHAMPS soll mindestens 20 Jahre lang sämtliche Ereignisse erfassen, die Kinder in armen Ländern Afrikas und Asiens sterben lassen. Dazu gehören auch Verkehrsunfälle und Unterernährung. Einer der Hauptkiller sind und bleiben aber Viren und andere Infektionskrankheiten. Zunächst sechs, später 20 Überwachungszentren in Entwicklungsländern sollten Daten "besser und schneller sammeln" als bisher und auf diese Art erfassen, "wie, wo und warum Kinder krank werden und sterben", wie Scott Dowell erläutert, der bei der Gates-Stiftung für Fragen der Krankheitsüberwachung und der Epidemiologie zuständig ist. So soll es möglich werden, die richtigen Maßnahmen am richtigen Ort zu ergreifen, um am Ende ein Ziel zu erreichen: Leben zu retten.

Epidemie in Westafrika
:Ebola-Virus ist träger als gedacht

Der Ebola-Erreger ist weit weniger wandlungsfähig als noch vor wenigen Monaten befürchtet. Zudem haben Forscher in Japan einen neuen Impfstoff an Affen getestet. Mit Erfolg.

Von Kathrin Zinkant

Dabei gehe es nicht nur darum, der nächsten, womöglich fernen Epidemie vorzubeugen, betont Bill Gates: "Wir müssen auch jetzt schon damit anfangen, das Leben von Kindern zu retten." In den vergangenen 15 Jahren sei die Sterblichkeit von Kindern in Entwicklungsländern erheblich reduziert worden: "Aber um diesen Trend auch in den kommenden 15 Jahren fortzusetzen, brauchen wir mehr verlässliche Daten darüber, wo und warum Kinder sterben."

In die Dörfer gehen und mit den Familien sprechen

Um solche Daten zu erheben, seien neben Ärzten, die Kranken und Verstorbenen Blut und mitunter auch Gewebeproben entnehmen, auch Helfer nötig, die in Dörfer gehen und mit den betroffenen Familien sprechen. "Es ist uns wichtig, Daten nicht nur in Krankenhäusern zu erfassen, sondern gerade auch die Toten zu untersuchen, die zu Hause gestorben sind", sagt Scott Dowell. "Wir gehen davon aus, dass sich dort ganz andere Muster ergeben als bei den Todesfällen in städtischen Krankenhäusern."

Am Ende, meint auch Bill Gates, wird die Arbeit der Stiftung womöglich manche Überraschung zutage bringen. Und vielleicht kann sie auch die Entwicklung neuer Krankheiten im Blick haben, wie sie immer wieder aus dem Tierreich auf den Menschen übergreifen. Auch Aids und Ebola waren auf Tiere spezialisiert und haben Menschen nur vereinzelt befallen, bevor sie sich auf ihn fokussiert haben.

Um ein umfassendes Netzwerk zu errichten, seien in jedem Fall weitere finanzielle Mittel und damit auch weitere Partner nötig, betont Bill Gates. Die Weltgesundheitsorganisation und die amerikanischen Centers of Disease Control and Prevention (CDC) habe er bereits für das Projekt gewonnen. CDC-Direktor Tom R. Frieden hat sich auch schon in amerikanischer Begeisterung zu dem Projekt geäußert: "Eine Gesundheitsbedrohung irgendwo auf der Welt ist eine Bedrohung überall", sagte er. "Starke Netzwerke wie CHAMPS werden nicht nur Kinder in Afrika und Asien retten, sondern helfen, die Welt insgesamt zu einem sichereren, gesünderen Platz für jeden zu machen."

© Süddeutsche.de - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: