Prozess um Mietstreit:Beleidigung als "promovierter Arsch" rechtfertigt Kündigung

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  • "Sie promovierter Arsch": Ein Mann beleidigt seinen Vermieter - daraufhin wird ihm fristlos gekündigt.
  • Im Prozess vor dem Münchner Amtsgericht gibt die Richterin dem Vermieter Recht, die Beleidigung sei ein Angriff auf seine Ehre gewesen.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Wer seinem Vermieter eine handfeste Beleidigung ins Gesicht sagt, muss sich über eine fristlose Kündigung nicht wundern. So jedenfalls sieht es eine Münchner Amtsrichterin. "Die Vertragsverletzung durch die Beleidigung wiegt so schwer", heißt es in ihrem Urteil, "dass dem Vermieter nicht zugemutet werden kann, das Mietverhältnis fortzusetzen."

Warum es zur Eskalation kam

Das Zusammenleben zwischen dem Eigentümer eines Hauses in einem Münchner Vorort und einem Ehepaar, das dort für 1490 Euro eine Souterrainwohnung gemietet hatte, stand offenbar schon seit geraumer Zeit unter keinem guten Stern. Wie das Gericht feststellte, wurden zwischen den Parteien schon vor dem finalen Streit zahlreiche Zivilverfahren geführt, und es wurden auch gegenseitig Strafanzeigen erstattet. Im Mai 2014 kam es dann zur Eskalation. Die Mieter sollen um sechs Uhr morgens beim Hausherrn angerufen haben, um mitzuteilen, dass die Wassertemperatur im Bad nur 35 Grad Celsius erreiche und nicht die erforderlichen 40 Grad.

Gegen 9.15 Uhr sind dann, wie weiter in dem Verfahren vorgetragen wurde, beide Seiten im Hof des Anwesens zusammengetroffen. Dabei habe der Vermieter die Eheleute aufgefordert, ihm Zutritt zur Wohnung zu gewähren, damit er die Wassertemperatur überprüfen könne. Das hätten die Mieter mit dem Hinweis abgelehnt, dass dies nicht notwendig sei, da im gesamten Haus das Wasser nicht warm genug sei.

Im Rahmen des Wortwechsels, so die Richterin, beleidigte der Mieter den Vermieter mit den Worten "Sie promovierter Arsch". Der Eigentümer kündigte am Monatsende das Mietverhältnis fristlos wegen dieser Bemerkung. Die Mieter wollten den Rauswurf nicht akzeptieren. Die Beleidigung sei nicht grundlos erfolgt, hieß es: Der Vermieter habe den Mieter zuerst geduzt und körperlich angegriffen. Daher sei die fristlose Kündigung nicht gerechtfertigt.

"Angriff auf die Ehre" des Vermieters

Als der Hauseigentümer Klage erhob, gab die Amtsrichterin ihm Recht: "Die fristlose Kündigung wegen der Beleidigung ist wirksam." Eine Beleidigung sei ein Angriff auf die Ehre eines anderen durch Kundgabe der Nichtachtung oder Missachtung, legte die Richterin den Unterschied zur bloßen Unhöflichkeit dar - denn wenn eine solche nicht ehrverletzend sei, scheide sie als Kündigungsgrund aus. Die Titulierung mit "Sie promovierter Arsch" verletze jedoch die Ehre, erklärte die Richterin, "und geht weit über eine gegebenenfalls noch hinzunehmende Pöbelei oder Unhöflichkeit hinaus".

Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, es habe bei dem Urteil berücksichtigt, dass die Kontrahenten im selben Haus wohnen: Regelmäßige Zusammentreffen wären damit in der Zukunft unausweichlich - außerdem habe sich der Mieter nicht entschuldigt. Die beklagten Mieter hätten im Übrigen nicht bewiesen, dass der Hauseigentümer zuvor provoziert habe, wird in der Urteilsbegründung festgestellt.

Das Gericht stellt weiter fest, dass vor der Kündigung in diesem Fall auch keine Abmahnung erfolgen musste: "Die massive Beleidigung hat die Vertrauensgrundlage zwischen den Parteien so schwerwiegend erschüttert, dass sie auch durch eine Abmahnung nicht hätte wiederhergestellt werden können." Das Urteil (Az: 474 C 18543/14) ist rechtskräftig.

Was der Mietverein zu der Entscheidung sagt

Der Mieterverein hält diese Entscheidung für überzogen: Natürlich sollten Mieter und Vermieter respektvoll miteinander umgehen, sagt Sprecherin Anja Franz. "Eine derartige Beschimpfung fällt sicher nicht unter die respektvollsten Äußerungen." Man müsse hier aber berücksichtigen, dass ein besserer Umgang wohl von beiden Seiten wünschenswert gewesen wäre, sagt sie. "Eine fristlose Kündigung ist in einer solchen Situation in jedem Fall unverhältnismäßig, immerhin wird dem Mieter der Wohnraum genommen und das ist in einer Stadt wie München, wo bezahlbare Wohnungen bekanntermaßen Mangelware sind, ein schwerer Schlag."

"Eine fristlose Kündigung sollte immer die ultima ratio sein - durch dieses Urteil werden die Rechte der Mieter erneut eingeschränkt", sagt Franz. "Vermieter können sich immer mehr erlauben", meint sie, "Mieter hingegen können sich nicht wehren, da sie immer eine fristlose Kündigung befürchten müssen".

© SZ vom 09.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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