Alltagsgeschichte:Auf dem Weg ins zivile Leben

Die wenigen Habseligkeiten der Kriegsgefangenen passen in einen Rucksack, in Österreich werden Straßenschilder in kyrillischer Schrift aufgestellt und Hitler wird zum Hampelmann. Was nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges übrig blieb.

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Deutschland: Neue Grenzen

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht teilen die Siegermächte Deutschland laut den Beschlüssen der Londoner Konferenz vom 14. September 1944 in vier Besatzungszonen auf. Solche Karten hängten die Alliierten öffentlich aus, um die Bevölkerung über die neuen Machtverhältnisse zu informieren. In den Zonen übernahmen die USA, Großbritannien, Frankreich und die Sowjetunion jeweils die oberste Regierungsgewalt. Die deutschen Gebiete östlich von Oder und Neiße unterstanden polnischer und sowjetischer Verwaltung. Die in vier Sektoren geteilte Stadt Berlin erhielt einen Sonderstatus.

Fotos: Deutsches Historisches Museum

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Deutschland: Minensuchgerät

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Die hinterhältigsten Waffen sind jene, die man nicht sieht. Im Zweiten Weltkrieg wurden von allen Seiten Millionen von Panzer-, Schützen- und Drahtminen im Boden vergraben, um den Feind beim Vorrücken in den Tod zu reißen. Besonders hinterhältig wurde der Minenkrieg in Nordafrika geführt. Eine fast sadistische Einrichtung waren etwa Erwin Rommels "Teufelsgärten" vor El-Alamein: ein Wirrwarr nach vorn geöffneter, U-förmig angelegter Minenfelder. Dort hinein sollten die Engländer fahren und sich rettungslos "verfangen". Auch zahllose Zivilisten starben - und viele Minenräumkommandos waren oft Todeskommandos. Hier ein Minendetektor SCR-625-C der US-Armee mit Transportkoffer.

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Österreich: Ortsschild

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Dass die Soldaten der Roten Armee als Sieger kamen, nicht als Genossen, enttäuschte viele Menschen in der sowjetisch besetzten Zone. Auch im Alltag hatte die Errichtung der verschiedenen alliierten Einflusssphären große Bedeutung. Der Verkehr zwischen den Zonen war nur mit Passierscheinen und mehrsprachigen Identitätsausweisen möglich. Die sowjetische Militärverwaltung ließ Straßenschilder in kyrillischer Schrift aufstellen (wie hier in Linz/Österreich), um den Soldaten in ihrer Zone die Orientierung zu erleichtern.

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Deutschland: Entlassung

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Mit den Befreiern kam auch die Bürokratie. In den letzten Wochen vor dem Kriegsende ergaben sich allein den Amerikanern vier Millionen deutsche Soldaten. Diese hatten schwerwiegende logistische Probleme, diese riesige Zahl an Kriegsgefangenen ausreichend mit Lebensmitteln, Medikamenten und Unterkünften zu versorgen. Zehntausende vegetierten auf mit Stacheldraht umzäunten Wiesen oder Feldern. Doch sehr viele in Deutschland in Gefangenschaft geratene Soldaten kamen relativ schnell wieder auf freien Fuß, nach Registrierung zwecks eventuell später nötiger Entnazifizierung.

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Dänemark: Armbinde

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Wer kämpft für wen? Wer gehört zu welcher Gruppe? Armbinden spielen in jedem Krieg eine wichtige Rolle. Man erkennt Sanitäter oder Militärpolizisten. Die Nazis zeigten gern das Hakenkreuz am Arm und zwangen die Juden, den gelben Stern zu tragen. Diese Binde hatte die dänische Armee in Auftrag gegeben. Im Falle einer alliierten Invasion sollten Wehrpflichtige sie tragen, um als Kombattanten erkennbar zu sein. Als solche unterlagen sie dem Schutz der Genfer Konvention.

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Deutschland: Hampelmann

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Hitler und seine Parteifreunde als "Hampelmann" oder einfallslose Marionette in der Hand düsterer Mächte, so sah man den NSDAP-"Führer" gern in der Weimarer Republik, als er noch nicht regierte. Wenig später verging den meisten Deutschen, die nicht mit der NS-Diktatur sympathisierten, das Lachen ganz schnell. Gleichwohl blieb das Mittel der Karikatur und der Satire auch in der Besatzungszeit in ganz Europa lebendig, wenn auch nicht in der Öffentlichkeit. Der hier gezeigte Ausschneidebogen mit Karikaturen von Hitler, Göring, Goebbels und Ribbentrop könnte aus dem Widerstand in Nordeuropa stammen, durch die Wahl des Ausdrucksmittels "Hampelmann" werden die Nazigrößen einerseits lächerlich gemacht und gleichzeitig durch das symbolische Erhängen gerichtet. Nach der Weltkriegs-Katastrophe löste sich freilich die Identifikation der Deutschen mit Hitler nur allmählich auf.

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Großbritannien: Rucksack

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Für zahllose Soldaten war der Krieg am 8. Mai 1945 nicht zu Ende. Mehr als elf Millionen Deutsche befanden sich in alliierter Gefangenschaft. Viele starben an Krankheiten, Hunger und Erschöpfung durch schwere Arbeit. Die Entlassung zog sich über Jahre hin, erst 1955 kamen die letzten Kriegsgefangenen frei, oft mit kaum mehr Habseligkeiten als sie mit sich tragen konnten. Der Rucksack gehörte Franz Josef Dalquen, der im Offizierslager Camp 18 Featherstone Park bei Haltwhistle/Großbritannien inhaftiert war. Bevor er 1947 entlassen wurde, legte er hier noch eine Prüfung zum Volksschullehrer ab. Der Rucksack wurde in der Schneiderei des Lagers gefertigt.

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Deutschland: Suchzettel

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Die Häuserwände der Städte waren voll von selbstgemalten Plakaten, Zetteln oder bloßen Kritzeleien direkt auf die Mauer. Nach der Kapitulation suchten Millionen Menschen ihre Angehörigen: Frauen ihre Männer, die von der Front zurückerwartet wurden, aber oft nicht kamen; Kinder ihre Eltern, die bei der überhasteten Flucht vor der Roten Armee verschwunden waren; Familien ihre Nachbarn aus der früheren Heimat. Das Rote Kreuz und die Kirchen übernahmen bald diese Aufgabe - und waren oft erfolgreich. Aber noch heute gelten 1,4 Millionen Menschen als Vermisste des Zweiten Weltkriegs.

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Deutschland: Souvenir

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Eine Wehrmachtspistole war neben dem Eisernen Kreuz bei US-Soldaten ein außerordentlich beliebtes Andenken, das sie "befreiten" ("I liberated this gun") und mit nach Hause schmuggelten. Meist nahmen sie die Waffen sofort den Deutschen ab, die sich ergaben. Auch die Wälder lagen in den letzten Tagen des Krieges voller deutscher Waffen, Orden und Uniformen. Ihre Träger hatten alles fortgeworfen und waren in Zivilkleidung geflohen. Den Besitz von Kriegswaffen jeder Art verboten die Besatzungsmächte der Bevölkerung streng; es gab dafür harte Strafen.

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Deutschland: Geldwagen

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Quelle: Deutsches Historisches Museum

Die Währungsreform vom 20. Juni 1948 gilt vielen Deutschen noch heute als Ursache des Wirtschaftswunders der Fünfzigerjahre. Die Westalliierten schufen nach der Entfremdung von der Sowjetunion einen eigenen Wirtschaftsraum und führten drei Jahre nach Kriegsende die D-Mark ein. Die amerikanische Armee brachte an jenem Tag Banknoten im Gewicht von 500 Tonnen und im Nennwert von 5,7 Milliarden Deutsche Mark in den Verkehr. Der Leiter der Operation "Bird Dog", Leutnant Edward A. Tenenbaum, sah in der Währungsreform in erster Linie "die größte logistische Leistung der amerikanischen Armee seit der Landung in der Normandie". Mit solchen Wagen wurden die neuen Geldscheine innerhalb der Bankhäuser transportiert. Die sowjetische Militärverwaltung reagierte vier Tage später mit einer eigenen Währungsreform.

© SZ vom 08.05.2015/gal
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