FC Bayern vor dem Halbfinale:Eine rote Karte, zwei Elfmeter, drei Glücksschüsse

Bayer 04 Leverkusen v FC Bayern Muenchen - Bundesliga

Vier Spiele in Serie verloren: Rafinha und Kollegen

(Foto: Bongarts/Getty Images)
  • Nachdem der Verbleib von Pep Guardiola in München geklärt ist, redet der Trainer des FC Bayern über die Taktik gegen Barcelona.
  • Im Gegensatz zum 0:4 im Halbfinal-Rückspiel gegen Real Madrid im vergangenen Jahr will er nicht ziellos nach vorne stürmen.
  • Gegen Barcelona müsse man das Spiel kontrollieren - und dann auf eine Eigendynamik hoffen.

Von Claudio Catuogno

Das Halbfinal-Rückspiel gegen den FC Barcelona an diesem Dienstagabend ist aller Voraussicht nach Pep Guardiolas letztes Champions-League-Spiel mit dem FC Bayern. Für diese Prognose muss man keine Münchner Seherin engagieren oder sich auf den Ramblas die Karten legen lassen, das weiß man seit knapp einer Woche - seit ein brasilianisches Frisurenmodell namens Neymar in der 94. Minute des Hinspiels im Camp Nou den Ball an Manuel Neuer vorbei zum 3:0 eingeschoben hat.

Einen Drei-Tore-Rückstand gegen eine Mannschaft aufzuholen, die Guardiola als "die beste der letzten 15, 20 Jahre in Europa" bezeichnet, gegen Messi, Neymar, Iniesta und die anderen - dafür bräuchte es wohl tatsächlich eines dieser inflationär bemühten "Fußballwunder". Und an Wunder zu glauben, das entspricht so gar nicht Guardiolas Verständnis von der Planbarkeit des Fußballs.

Schwuppdiwupp war die Story auf Titelseiten

Noch nie haben die Bayern in der Champions League einen Drei-Tore-Rückstand gedreht, und noch nie hat Barça einen solchen Vorsprung aus der Hand gegeben, so viel zur Statistik. Aber damit jetzt kein Missverständnis entsteht: Es handelt sich bei diesem Halbfinal-Rückspiel trotzdem nur um Peps vermutlich letztes Champions-League-Spiel mit dem FC Bayern in dieser Saison. In der nächsten Saison kommen dann wieder neue Champions-League-Spiele, und der Trainer des FC Bayern München wird dann weiterhin Pep Guardiola heißen.

Das zumindest ist die feste Absicht aller Beteiligter, Guardiola inklusive - und diese Nachricht hätte jetzt nur einen begrenzten Neuigkeitswert, hätte sich nicht am Wochenende in einer Art multiplem Gerüchte-Doppelpass weltweit der gegenteilige Eindruck verfestigt. Der katarische TV-Sender BeIn Sports und der deutsche Sky-Experte (und England-Kenner!) Dietmar Hamann hatten angeblich Informationen, wonach sich Guardiola mit Manchester City auf eine Zusammenarbeit von diesem Sommer an verständigt habe - und schwuppdiwupp hatte es die Story bis auf diverse Titelseiten geschafft.

Guardiola bleibt - zumindest das ist sicher

Häufig werden solche Gerüchte im Fußball von den Betroffenen dann noch durch den Hinweis am Leben gehalten, dass man Gerüchte grundsätzlich nicht kommentiere. Dass man keine Fragen beantworte, die sich nicht stellen. Aber als Pep Guardiola am Montagvormittag im Pressesaal der Münchner Arena Platz nimmt zur internationalen Pressekonferenz, stellt sich die Frage - und Guardiola nimmt ihr ziemlich endgültig jede Substanz. "Oh Jungs", so beginnt Pep Guardiola bei Themen, deren Existenz ihn per se irritieren, inzwischen oft seine Antworten (auch wenn Frauen im Raum sind) - "oh Jungs, ich habe das doch schon 200 Millionen Mal an der Säbener Straße gesagt: Ich habe ein Jahr mehr Vertrag hier. Nächste Saison werde ich hier bleiben. Ja, und das ist alles."

Manchmal kann es so einfach sein. Bis 2016 läuft der Vertrag zwischen den Parteien, was danach kommt, ist noch völlig offen - nur, dass Guardiola erneut Trainer in Barcelona wird, gilt als ausgeschlossen. Sein Vater hat das am Montag in Spanien noch einmal betont. Und selbst wenn Guardiola sich bei der Anzahl seiner öffentlichen Gelöbnisse, noch ein Jahr in München zu bleiben, ungefähr um 199 999 995 verzählt hat: Manchmal braucht es nur einen schnellen Satz, um die medialen Zuckungen eines ganzen Wochenendes auf einen Schlag zu entkrampfen.

"Ich würde auch gern in fünf Minuten drei Tore schießen"

Gegen Barcelona aber, da ist es leider genau andersrum. Da hilft reden gar nichts. Guardiola hat sich auch für diese Ausgangslage einen programmatischen Satz zurechtgelegt, er lautet: "Das Spiel muss für sich selbst sprechen."

Wie spricht ein Spiel für sich selbst?

Der Satz ist wohl vor allem das Eingeständnis, dass es vom Trainer kaum abhängen dürfte. Dass es schlicht keine Taktik gibt, um ein 0:3 gegen Barça aufzuholen. Sicher, es gibt gute und schlechte Aufstellungen, kluge und nicht so kluge Konzepte, das weiß auch Guardiola spätestens seit dem 0:4 vor einem Jahr gegen Real Madrid, als er gegen seine Überzeugung eine zu offensive Ausrichtung wählte. Aber am Ende wird es keine Frage der Taktik sein - und man kann wenig anderes tun, als sich dem Spiel auszuliefern und zu hoffen, dass es irgendeine Eigendynamik entfaltet - eine frühe rote Karte, zwei Elfmeter, drei Glücksschüsse aus 40 Metern in den Winkel, irgendeine unplanbare Schrägheit.

"Langer Ball, Konter, Gegentor!"

Deshalb wird Guardiola seinen Spielern vor allem mit aufs Feld geben, welchen Fehler sie nicht machen dürfen: Sie dürfen sich "nicht auf das Ergebnis, sondern auf die Spielweise fokussieren". Also: Bloß nicht angreifen um jeden Preis, auch wenn Guardiola das als "deutsche Mentalität" erkannt hat, "immer nach vorne gehen", den Gegner überrennen. "Ich würde auch gerne in fünf Minuten drei Tore schießen - langer Ball, Tor, langer Ball, Tor", sagt Guardiola, gegen Barça ende das aber im Zweifel so: "Langer Ball, Konter, Gegentor!" Kontrolle sei demnach die erste Pflicht: "Herz ja, aber auch mit Kopf."

Ob er wohl selbst daran glaubt? Er habe "noch nie ein Spiel vorbereitet und dabei gedacht, wir haben keine Chance", hat der Trainer am Montag versichert, aber er hat schon auch noch mal darauf verwiesen, wer ihm alles nicht zur Verfügung steht: Badstuber, Alaba, natürlich Robben und Ribéry, die beiden "Wettkampf-Tiere".

Nur ein Fußballspiel?

Dass beim Abschlusstraining am Abend auch noch Thiago und Neuer fehlten, sei hingegen kein Anlass zu Sorge, hieß es.

Und dann kam da noch diese Frage um die Ecke: Ob er sich im Fall eines weiteren Halbfinal-Scheiterns nicht langsam um seinen Trainer-Nimbus sorgen müsse.

Oh, Jungs! "Ich bin nicht hier, um der beste Trainer der Welt zu sein", sagte Pep Guardiola, und im Nachsatz, tatsächlich: "Das ist Scheiße!" Er sei hier, um sein Bestes zu geben, aber Erfolg hänge nicht nur von Siegen oder Niederlagen ab. "Ich bin ein glücklicher Typ", und "es ist nur ein Fußballspiel".

Gerüchteweise hat Pep Guardiola da allerdings ein bisschen untertrieben.

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