Bad Tölz-Wolfratshausen:Es muss nicht immer billig sein

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Im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gibt es noch 630 Milchbauern. Die meist kleineren Betriebe sind auf einen fairen Preis angewiesen

Von Ingrid Hügenell, Bad Tölz-Wolfratshausen

In vielen Supermärkten kann man Bio-Milch von Unser Land kaufen. Seit kurzem wird die Milch, die von Bauern der Solidargemeinschaft Oberland erzeugt wird, in einer eigenen Anlage in Augsburg abgefüllt. Pro Liter erhalten die Landwirte 49 Cent. Bauern aus dem Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen liefern allerdings keine Milch an die Solidargemeinschaft, sie sind bei anderen Molkereien unter Vertrag. Die Solidargemeinschaft sieht sich nicht als Konkurrenz zu anderen regionalen Milchverarbeitern, denn es gebe ein gemeinsames Ziel, sagt Adriane Schua: die Stärkung der bäuerlichen Landwirtschaft. "Alles, was regional ist, ist gut und in unserem Sinne."

Dieses Ziel verfolgen auch die Milchwerke Berchtesgadener Land, an die fast die Hälfte der Bauern aus dem Landkreis ihre Milch liefern, sowohl konventionell erzeugte als auch Biomilch. 302 Landwirte sind es insgesamt, davon 14 Naturlandbetriebe. 630 Milchbauern gibt es noch im Landkreis. Da es sich eher um die kleineren Betriebe handele, die nach Berchtesgaden liefern, sei es mengenmäßig weniger als die Hälfte, sagt Peter Fichtner, Kreisobmann des Bauernverbands. Die Initiative der Solidargemeinschaft nennt er eine Nische, begrüßenswert, "für den, wo's passt".

Ein guter Preis ist wichtig für die Bauern. Den Preis der Berchtesgadener Molkerei nennt Pressesprecherin Barbara Steiner-Hainz fair: Er liegt bei 38 Cent pro Liter konventioneller Milch, das seien etwa fünf Cent mehr als bei den Nachbarmolkereien. Deutschlandweit werden oft unter 30 Cent bezahlt. Im Biobereich sind die Unterschiede nicht ganz so groß, hier zahlt Berchtesgadener Land 45,50 Cent für Naturland-Milch, einen Cent mehr für Demeter-Milch. Diesen Preis zu halten sei eine große Herausforderung, vor allem nach dem Ende der Milchkontingentierung Anfang April. Dies werde den Strukturwandel in der Landwirtschaft hin zu immer größeren Betrieben beschleunigen. "Das wollen wir nicht", sagt Steiner-Hainz. "Wir brauchen die bäuerlichen Milchviehbetriebe, auch zum Erhalt der Kulturlandschaft und für den Tourismus." Nicht zuletzt gehört die Molkerei den Landwirten selbst. Jeder, der Milch liefert, ist ein Genosse, er verpflichtet sich zur Abgabe seiner Milch an die Genossenschaft, die ihrerseits die Annahme garantiert. Es gibt eine Warteliste von Bauern, die Milchgenossen werden wollen.

Doch der Milchpreis müsse erwirtschaftet werden, sagt Steiger-Hainz, was für die in Piding ansässige Molkerei auch deshalb nicht ganz einfach ist, weil sie die Milch häufig noch täglich bei den Betrieben abholt, die zum Teil auf 1200 Metern Höhe liegen. Das kostet mehr, als wenn die Molkerei nur alle zwei Tage beim Landwirt vorfahren muss. Für die Bauern würde eine zweitägige Abholung bedeuten, dass sie Geld in ihre Milchkammern und die Kühlsysteme stecken müssten. Gerade viele kleine Betriebe hätten dafür nicht die Mittel und müssten dann aufgeben, weiß Steiner-Hainz.

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(Foto: Manfred Neubauer)

Peter Fichtner, Kreisobmann der Bauern, nennt die Initiative der Solidargemeinschaft er eine Nische, begrüßenswert, "für den, wo's passt". Andererseits könnten eben nicht alle Landwirte für die Nische produzieren.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Adriane Schua ist Sprecherin von "Unser Land".

Letztlich habe es wieder die Gesellschaft in der Hand, sagt Bauer Fichtner. Seine Argumentation: "Beim Auto wird auch nicht über den Preis geredet, da werden keine Abstriche gemacht." Da müsse man bei der Milch auch nicht die billigste kaufen. Schon mehrmals hat Fichtner erlebt, dass seine Gesprächspartner anfangen nachzudenken. Ob sie dann auch die teurere Milch kaufen - wer weiß das schon.

© SZ vom 16.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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